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Mein Wille geschehe

Mein Wille geschehe

Titel: Mein Wille geschehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Sloan
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zweiten Dienstag im
    August kurz vor neun Uhr morgens durchquerte
    sie die Säulenhalle, ging durch eine der Drehtü-
    ren, gab ihre Handtasche ab, um sie überprüfen
    zu lassen, und begab sich in den siebten Stock.
    Als sie aus dem Fahrstuhl in eine eindrucksvolle
    ovale Halle trat, ging sie nach links und steuerte Raum C701 an, in dem potenzielle Geschworene
    geprüft werden sollten. Am Freitag hatte man ihr
    gesagt, dass man für den Latham-Prozess hun-
    dertzwanzig Leute einbestellt hatte, was es noch
    nie gegeben hatte. Fast alle schienen sich nun in 258

    dem Raum zu drängen, in dem sich gewöhnlich
    fünfzig Menschen aufhielten. Allison meldete sich an, sagte ihren Namen und gab die Nummer an,
    die man ihr mitgeteilt hatte. Daraufhin bekam sie ein weißes Plastikschildchen, auf dem sie in gro-
    ßen roten Buchstaben als Geschworene gekenn-
    zeichnet wurde, und eine Nummer: 52. Sie steck-
    te das Schildchen an ihre Jacke und ließ sich
    dann auf einem leeren Stuhl an der Wand nieder.
    Sie hatte rasch erkannt, dass die Anwesenden
    aus unterschiedlichsten Einkommens-, Alters-
    und Berufsgruppen stammten. Man sah Anzüge,
    Kleider, Hauskleider und Jeans, Aktenkoffer, Ein-
    kaufstaschen und Lunchboxen. Sie fragte sich,
    wer wohl am Ende zu den zwölf Geschworenen
    gehören würde.
    Ein Mordprozess war spannend, fand sie, und
    auch ein Ereignis, bei dem man alles sehr sorgfältig prüfen musste. Als sie, zum vierten Mal in
    zehn Jahren, am Freitag im Gerichtsgebäude ein-
    traf, hatte man ihr ein Klemmbrett mit zwei un-
    terschiedlichen Fragebögen überreicht, die sie so präzise wie möglich beantworten sollte. Auf den
    ersten Blick sah sie, dass sie mit einem solchen
    Fragebogen noch nie zu tun gehabt hatte: Hier
    wurden Seite um Seite auf unterschiedliche Art
    nahezu intime Informationen verlangt. Es hätte
    sie nicht gewundert, wenn man sich auch noch
    nach ihrem Gewicht, ihren sexuellen Vorlieben
    und einer etwaigen kommunistischen Vergangen-
    259

    heit erkundigt hätte. Das machte sie neugierig,
    und sie gab sich besondere Mühe beim Ausfüllen
    der Bögen.
    Als sie nun auf die nächste Phase der Prozessvor-
    bereitung wartete, wurde ihr klar, dass sie im
    Stande sein musste, diese Antworten auch münd-
    lich vorzutragen, und so versuchte sie, sich daran zu erinnern, war jedoch nicht sicher, ob es ihr
    gelingen würde.
    Sie war auch nicht sicher, weshalb sie eigentlich hier saß. Sie hätte sich um diese Aufgabe, als
    Geschworene aufzutreten, drücken können.
    Dreimal bereits war es ihr gelungen, dieser Ver-
    pflichtung durch Angabe beruflicher Gründe zu
    entgehen. Doch diesmal hatte sie keine Entschul-
    digung an der Hand gehabt und sich aus irgend-
    einem Grund auch keine ausdenken wollen. Sie
    fragte sich, ob sie vielleicht einfach deshalb am Latham-Prozess teilnehmen wollte, weil sie ein
    besonderes Interesse an seinem Ausgang hatte.
    Man konnte von Abraham Bendali, seines Zei-
    chens Richter, wahrlich nicht behaupten, dass er
    besonders milde Urteile fällte, aber seit fünfundzwanzig Jahren hatte er den Ruf, stets gerecht zu sein.
    »Wir hätten es nicht besser treffen können«, sag-
    te Brian Ayres zu Mark Hoffman, als sie hörten,
    dass er den Vorsitz übernehmen würde. »Er war
    mal einer von uns.«
    »Es gibt Schlimmeres«, versicherte Dana Joan
    260

    Wills. »Er ist streng, aber er kennt die Gesetze
    besser als jeder andere, und er hält sich daran.«
    Bendali war etwa eins neunzig groß und wog an-
    geblich circa hundertvierzig Kilo, was mit seiner Kindheit zu tun hatte, in der er hungerte. Sein
    Verstand stellte diese Verbindung her, doch seine Bedürfnisse waren anders. Seine Ärzte hatten es
    schon lange aufgegeben, ihm zu raten, und seine
    Frau hatte schon vor langer Zeit ein eigenes Bett bezogen, weil sie fürchtete, nachts versehentlich von ihm zerquetscht zu werden, wie sie sagte.
    Der Richter war siebenundsechzig Jahre alt und
    bislang mit einer guten Gesundheit gesegnet ge-
    wesen. Er aß vorwiegend Obst, Gemüse und Ge-
    treideprodukte, das allerdings in rauen Mengen.
    Rotes Fleisch hatte er seit über fünfzehn Jahren
    nicht mehr angerührt, und sein Cholesterinwert
    war vorbildlich. Und jeden Morgen in der Dämme-
    rung, ungeachtet des Wetters – was in Seattle
    eine gewaltige Leistung war –, konnte man Ben-
    dali auf dem Lake Washington erblicken, wo er
    mit großen majestätischen Ruderschlägen seinen
    Kajak weit auf den See hinausbewegte, um dann
    wieder in sein Haus in

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