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Mein Wille geschehe

Mein Wille geschehe

Titel: Mein Wille geschehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Sloan
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Kirkland zurückzukehren.
    Im Gerichtsgebäude wirkte er so raumgreifend
    wie auf dem See und regierte mit eiserner Hand
    und stählernem Blick. Er sorgte für ordnungsge-
    mäße Abläufe und anständiges Benehmen und
    ließ keine Ausnahmen zu. Es hieß, er habe einmal
    einen schlecht vorbereiteten Anwalt zum Weinen
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    gebracht, indem er ihn ganze fünf Minuten lang
    anstarrte. Seinen dunkelbraunen Augen, die
    durch eine dicke Brille mit Goldgestell noch grö-
    ßer wirkten, entging nur wenig, was sich im Ge-
    richtssaal abspielte. Seine buschigen Augenbrau-
    en setzte er nicht selten als stummes Aus-
    drucksmittel ein. Von seinem einstmals vollen
    Haupthaar war nur grauer Flaum geblieben, den
    er abrasierte, sobald die Haare lang genug dafür
    waren. Er galt als persönlich und beruflich absolut integer, und auch sein Aussehen hatte dazu bei-getragen, dass man ihm den Spitznamen »Sau-
    bermann« verpasst hatte.
    Bendali hatte nicht um den Latham-Prozess gebe-
    ten, ihn jedoch auch nicht abgelehnt. Ihm war
    bewusst, warum man ihm den Vorsitz gegeben
    hatte – damit auf beiden Seiten niemand behaup-
    ten könne, es sei bei diesem Prozess nicht mit
    rechten Dingen zugegangen.
    »Wir müssen das eisenhart durchziehen«, sagte
    ihm sein Vorgesetzter. »Der Prozess muss zügig
    vorankommen. Sie kriegen alle Sicherheitsvor-
    kehrungen, die Sie brauchen, und Sie haben un-
    sere bedingungslose Rückendeckung.« Bendali
    nickte. Er hatte als Richter und früher auch als
    Staatsanwalt nicht selten an Aufsehen erregen-
    den Prozessen teilgenommen, wenn sie auch
    nicht ganz so spektakulär waren wie der Latham-
    Prozess, und hatte eine genaue Vorstellung da-
    von, womit man seitens der Medien zu rechnen
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    hatte. Deshalb bestand sein erster Schritt darin, Kameras im Gerichtssaal zu verbieten.
    Was einen Proteststurm seitens der Fernsehan-
    stalten auslöste, die mit jedem erdenklichen ju-
    ristischen Trick versuchten, seine Entscheidung
    rückgängig zu machen, jedoch vergeblich.
    »Aber die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Infor-
    mation«, tobten sie.
    »Sie werden sie bekommen«, erwiderte der Rich-
    ter, der im Laufe seines Lebens zahlreiche Versu-
    che, ihn in die Politik zu locken oder auf der Kar-riereleiter nach oben zu befördern, abgelehnt
    hatte. »Auf die althergebrachte Weise.«
    »Aber dieser Prozess ist historisch von größter
    Wichtigkeit«, hielten sie ihm vor. »Er könnte ein Präzedenzfall werden. So etwas muss genauestens dokumentiert werden, da darf man sich
    nicht auf Informationen aus zweiter Hand verlas-
    sen.«
    »Soweit ich weiß, werden alle Prozesse genau-
    estens protokolliert und die Unterlagen aufbe-
    wahrt.«
    Sie versuchten es mit Schmeichelei. »Sie werden
    berühmt«, sagten sie.
    »Für wen halten Sie mich?«, gab er zurück. »Se-
    he ich wie ein Schauspieler aus?«
    »Andere werden vorgezogen«, schmollten sie
    schließlich. »Unsinn«, erklärte er. »Ich mag euch alle nicht.«
    »Er hat etwas gegen das Fernsehen«, behaupte-
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    ten sie schließlich, um ihn zu diskreditieren.
    »Er benimmt sich wie Hitler!«, wagte schließlich
    einer der Dreisteren zu verkünden.
    Abraham Bendali, der den Holocaust überlebt
    hatte, befand es nicht für nötig, darauf zu ant-
    worten. Er stellte an der hinteren Wand des Ge-
    richtssaals zwei Reihen mit Sitzplätzen für vierzig ordentlich akkreditierte Journalisten zur Verfü-
    gung und wandte sich dann anderen Dingen zu.
    Brian Ayres war auch nicht erfreut über diese
    Entscheidung. Er kannte Bendali gut, hatte schon
    häufig in Prozessen mit ihm zu tun gehabt und
    diesen Schritt vorausgeahnt.
    »Es wäre nützlich für uns gewesen, die Gefühle
    hochzupeitschen«, sagte er zu seinem Assisten-
    ten. »Aber es ist auch nicht verheerend für uns.«
    Dana McAuliffe dagegen war begeistert. Da die
    Geschworenen nicht von der Öffentlichkeit abge-
    schottet wurden, war es von Vorteil für ihren
    Mandanten, wenn nicht allabendlich mit einer
    dramatischen Berichterstattung im Fernsehen
    gerechnet werden musste.
    »Worte in der Zeitung sind emotional weitaus
    weniger wirksam als farbige, bewegte Bilder des
    Ereignisses«, sagte sie zu Joan Wills. »So haben
    wir eine wesentlich bessere Chance, dass zwölf
    ausgeglichene Menschen über Lathams Schicksal
    entscheiden und nicht zweihundertsechzig Millio-
    nen Hysteriker.«
    »Tja, aber wer sind diese zwölf?«, fragte Joan.
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    »Nun ja, im besten Fall hätten wir gerne zwölf
    gänzlich

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