Mein wirst du sein
Stille in meiner Wohnung erdrückten mich fast. Ich vergewisserte mich, dass alle Fenster und auch die Wohnungstür geschlossen waren, und zog mich mit einem Bier wieder vor den Fernseher zurück. Wenn Mark nicht kam, würde ich mir eben die tausendste Wiederholung von Dirty Dancing ansehen.
Kurz vor 21 Uhr klingelte es an der Tür, und mein Herz tat einen Sprung. Ich war einfach nur erleichtert, dass ich den Rest des Abends in Gesellschaft verbringen durfte. Zumindest versuchte ich, mir das einzureden.
Trotzdem ließ ich die Kette an der Eingangstür vorgelegt, bis Mark davor stand.
»Ah, Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste«, witzelte er, als ich öffnete. »Sehr löblich. Wenn es dir auch nichts bringen wird. Wer in diese Wohnung will, gelangt hinein.«
Er sah müde aus und hatte Schatten unter den Augen. Dunkle Bartstoppeln zierten sein Kinn und ließen es grau und erschöpft erscheinen. Doch das machte keinen ungepflegten Eindruck, und ich ertappte mich bei der Frage, ob sich die Stoppeln so stachelig weich anfühlten wie sein Haar.
»Komm rein. Magst du ein Bier?«
Mark nahm dankbar an und ließ sich auf einen der Stühle am Küchentisch fallen. Kaum zu glauben, dass wir erst letzte Nacht hier gesessen und über den Einbruch gesprochen hatten.
»Tut mir leid, es hat länger gedauert.«
»Macht nichts, jetzt ist das Essen zwar nicht mehr so frisch, aber sicher noch genießbar.«
»Es duftet auf jeden Fall verführerisch. Ich hatte kaum Zeit, heute etwas zu essen. Entsprechend groß ist mein Kohldampf. Ich hoffe, es wird reichen.«
Ich hatte den Tisch nicht besonders liebevoll gedeckt. Weingläser oder Kerzen fehlten, ich wollte keinen falschen Eindruck entstehen lassen.
Dagegen hatte ich mir beim Kochen die größte Mühe gegeben. Es duftete nach Knoblauch und frischen Kräutern, mit denen ich die Garnelen mariniert hatte, ehe ich sie angebraten und eine Soße aus Weißwein und Sahne gezaubert hatte. Der Clou waren die gerösteten Cherrytomaten, die ich hinzugefügt hatte. Dazu gab es warmes Baguette mit Oliven, für das ich extra noch einmal nach Blaustein gefahren war. Nur bei diesem Bäcker entfaltete sich das volle Aroma der öligen Früchte im Brot.
Im Nu waren die Nudeln warm und dampften verlockend in der Schüssel. Ich musste Mark nicht auffordern, sich zu bedienen. Er hatte den ersten Teller verputzt, bevor ich ein paar Gabeln gegessen hatte. Zu meiner Befriedigung stellte ich fest, dass es ihm schmeckte.
»Herrlich.« Langsam bekam er wieder ein bisschen Farbe ins Gesicht. »Ich darf doch?«, fragte er und griff erneut zu. Ich freute mich. Auch wenn er noch kein Wort über meine Kochkunst verloren hatte. Plötzlich war es mir wichtig, dass es ihm schmeckte.
Erst jetzt begann er zu erzählen. Spaziergänger, die eine frühe Runde mit ihrem Hund gedreht hatten, hatten die Leiche gefunden. Eine junge Frau, die nach ersten Ermittlungen ebenfalls Kontaktanzeigen in der Zeitung aufgegeben hatte.
Ich fröstelte. Hatte ich den Mörder bereits getroffen? Oder war es möglich, dass Susanne Dauber noch mehr Männer getroffen hatte, von denen niemand etwas wusste? Auf jeden Fall führte die Spur zu den Zeitungsannoncen.
Als ich die leeren Teller ins Spülbecken stellte, sprach Mark weiter.
»Die Sache läuft langsam aus dem Ruder. Wir haben einen Abgleich der Daten durchgeführt. In den letzten Jahren sind in Deutschland immer wieder Frauen erwürgt aufgefunden worden, und alle trugen diese seltsame Kette mit der Rose um den Hals.« Er schwieg einen Moment und starrte vor sich hin. »Acht Morde in 14 Jahren. Eine unvorstellbare Zahl.«
»Dann suchen wir also tatsächlich einen Serienmörder.« Es war unglaublich!
» Wir? «
Ich biss die Zähne zusammen.
»Ja, wir . Ich suche auch. Schon vergessen? Ich übe einen Beruf aus. Für mich ist das kein Zeitvertreib aus Langeweile.«
Musste er jetzt alles verderben?
»Ich möchte nicht, dass du auch irgendwann mit einer Kette um den Hals im See gefunden wirst«, sagte er leise und eine Spur versöhnlich.
»Angst?« Welcher Teufel hatte mich jetzt schon wieder geritten? Zuerst denken und dann sprechen.
Marks Kopf ruckte nach oben.
»Ja, du dumme Gans! Ich habe es nicht gern, wenn Bekannte von mir um die Ecke gebracht werden.«
Ich schwieg. Die dumme Gans hatte mich nicht gekränkt. Bei den Bekannten sah es schon anders aus.
»Wird schon nichts passieren«, antwortete ich und strich mir eine Locke aus der Stirn.
»Wenn du deine Haare
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