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Mein wunderbarer Brautsalon

Mein wunderbarer Brautsalon

Titel: Mein wunderbarer Brautsalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Sonntag
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fasst hinein. »Man kann es sich im Internet ansehen.« Sie holt ihr Notebook heraus, das sie, seit sie die Hochzeit plant, immer und überall mit hin begleitet. Schließlich hat sie die Gästeliste, die vorläufige Sitzordnung und all die Dinge, die sie für ihre generalstabsmäßige Planung braucht, so immer bei sich. »Irgendwer hier im Haus hat doch bestimmt ›Wireless Lan‹, oder?« Sie klappt das Notebook auf und schaltet es ein.
    »Kann sein.« Ich selbst habe bisher noch nie versucht, die Internetzugänge meiner Nachbarn anzuzapfen. Aber Kiki als Programmiererin – Gott weiß, von wem sie das Interesse für Technik geerbt hat, aus unserer Familie kann es jedenfalls nicht sein – hat damit keine Probleme. Sie meint immer, die Leute seien schließlich selbst schuld, wenn sie ihre Netze nicht ausreichend schützen würden.
    »Komm mal rüber und hör dir das an«, meint Kiki und bedeutet mir mit einer Handbewegung, dass ich neben ihr auf dem Sofa Platz nehmen soll. Ich setze mich also neben sie und werfe einen Blick auf den Bildschirm. »High Emotions«, steht da. Und: »Wir bringen Ihre Gefühle zum Kochen.«
    »Dann lass mal hören«, fordere ich meine Schwester auf, »ob die uns zum Kochen bringen.« Wenige Sekunden später dröhnt ein Sound aus den Notebook-Lautsprechern, der nicht wirklich schlecht ist. Aber auch nicht wirklich gut. Klingt irgendwie … etwas plärrend. »Also, ich weiß nicht«, meine ich skeptisch. »Haut mich nicht vom Hocker.«
    »Na ja«, gibt Kiki zu bedenken, »hier steht ja, dass das nur Demo-Aufnahmen aus dem Probenraum sind. Kann man so wahrscheinlich gar nicht beurteilen. Vielleicht kann man sich die Band ja mal live anhören.«
    »Findest du nicht, dass das alles ein bisschen viel Aufwand ist?«
    »Ein bisschen viel Aufwand?« Kiki starrt mich entgeistert an. »Es geht um meine Hochzeit! Um den schönsten Tag meines Lebens!«
    »Sicher, das versteh ich ja«, lenke ich ein. »Dann frag halt mal, ob sie irgendwann live spielen, dann komme ich auch mit.« Ich greife nach der kabellosen Maus, die ans Notebook angeschlossen ist, und klicke den Link »Fotos« an. »Lass mal gucken, ob die wenigstens gut aussehen.«
    »Das ist mir eigentlich relativ egal«, wirft Kiki ein.
    Ich gebe ihr mit dem Ellbogen einen Stoß in die Seite. »Aber deiner großen, bedürftigen Schwester vielleicht nicht.«
    »Hast du nicht neulich zu mir gesagt, du hättest die Nase voll von den Männern und würdest überlegen, ins Kloster zu gehen?«, zieht sie mich auf.
    »Nein«, korrigiere ich sie. »Ich sagte, ich habe die Nase voll von verkorksten Beziehungen und habe beschlossen, ab sofort nur noch meinen Spaß zu haben. Das sagte ich.«
    »Verstehe, da wäre ein knackiger Musiker natürlich genau das Richtige. Dann wollen wir mal sehen, ob da etwas Nettes dabei ist.« Das Notebook gibt ein paar ratternde Geräusche von sich, dann wird ein Foto der Band gezeigt. Eine Frau am Keyboard, im Hintergrund ein Mann am Schlagzeug, direkt vor ihm ein Bassspieler, und am Mikrofon mit Gitarre steht – Christoph Hübner!
    »Das ist ja Christoph Hübner«, rufe ich überrascht aus. Im nächsten Moment beiße ich mir auch schon auf die Zunge.
    »Woher weißt du, wer das ist und wie er heißt?«, wundert Kiki sich prompt.
    »Ich … äh, ich war doch heute vor Feierabend in dem Geschäft, um mir das Brautkleid anzusehen. Da habe ihn kennengelernt, ihm gehört der Laden.« Puh, die Kurve habe ich gerade noch gekriegt.
    »Aha«, sagt Kiki, »der war nicht da, als ich heute früh geguckt habe.«
    »Das erklärt auch den Aushang«, meine ich, »ist die Band das Besitzers.«
    »Wie lange warst du denn in dem Laden?«, will Kiki wissen. Sie scheint zu ahnen, dass da was faul ist.
    »Öhm, nur ein paar Minuten, da haben wir uns kurz unterhalten.« Kiki lässt den Mauszeiger auf die Einzelporträts wandern, die unter dem Gruppenfoto zu sehen sind, und klickt das Bild von Christoph an, das daraufhin im Großformat auf dem Bildschirm erscheint. Dann stellt sie, nicht ohne einen verschmitzen Unterton, fest: »Der gefällt dir wohl, oder?«
    »Quatsch«, erwidere ich. »Ich hab ihm nur ein paar Fragen gestellt. Welche Modelle am besten laufen, ob der Trend zu anderen Farben als Weiß geht und so weiter und so fort. Berufliche Neugierde, da kann ich eben nicht aus meiner Haut.«
    »Er gefällt dir«, insistiert Kiki unbeirrt.
    »Ist kein hässlicher Kerl«, gebe ich zu. Und tatsächlich: Auf dem Foto sieht er fast noch besser aus

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