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Mein wunderbarer Brautsalon

Mein wunderbarer Brautsalon

Titel: Mein wunderbarer Brautsalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Sonntag
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bitte nicht in etwas!«
    »Ich verrenne mich nicht, ich war nur essen«, erwidere ich trotzig.
    »Drei Stunden lang? Ich bin fast gestorben vor Angst!« Sicher, sie übertreibt da etwas. Doch ich kann es ihr auch nicht verübeln, dass sie seit dem Ereignis vor zwölf Jahren immer schnell in Panik gerät.
    »Du hättest mich einfach auf dem Handy anrufen können, dafür hab ich dir Weihnachten eins geschenkt.«
    »Ich kann mit dem Ding noch immer nicht umgehen, so ein neumodischer Kram ist nichts für deine alte Großmutter.«
    »Hätte Britta dir ja zeigen können«, meine ich.
    »Die ist auch schon seit längerem verschwunden.«
    »Wie, verschwunden?«
    »Das arme Kind tat mir leid, wie sie da so unglücklich in ihrem Brautkleid ihre Runden drehen musste. Und so viel war ohnehin nicht los, da habe ich ihr frei gegeben.«
    »Frei gegeben?« Oma seufzt. »Sie ist ein junges Ding und hat am Wochenende sicher Besseres vor, als mit einer alten Dame ihre Zeit zu vertrödeln.«
    »Ha«, lache ich, »Besseres vor! Mit Rufus schäkern, das hat sie vor!«
    »Was das betrifft, bist du ja mit gutem Beispiel vorangegangen, als du mit unserer Kundin …«
    »Annika«, verbessere ich sie, »sie heißt Annika.«
    »Na gut, als du mit Annika stundenlang verschwunden bist.« Da muss ich meiner Großmutter leider Recht geben, das ist allerdings wahr.
    »Trotzdem hätte Britta dir helfen sollen«, beharre ich weiter.
    »Die vier, fünf Kundinnen habe ich schon selbst in den Griff bekommen.« Ich ahnte es, die Messe hat sich wieder nicht gelohnt.
    »Entschuldigung?«, werden wir von einer weiblichen Stimme unterbrochen. Ich drehe mich um, vor mir steht eine Frau, ich schätze, zwei Meter im Quadrat, und deutet auf die Kleiderstange. »Haben Sie das Modell mit der Spitzenschärpe auch noch in Größe 38?« Geht das schon wieder los!
    Zwei Stunden später sitzen Oma und ich in meinem Mercedes, und ich fahre sie nach Hause zu ihrer Wohnung in Winterhude. Ich hänge meinen Gedanken nach, bis ich bemerke, dass sie mich schon seit geraumer Zeit von der Seite betrachtet. Irritiert werfe ich ihr einen Blick zu.
    »Ist was?«
    »Ich denke nach.«
    »Worüber denn?«
    »Darüber, dass es bestimmt nicht immer leicht für dich gewesen ist, alles aufzugeben. Und dass ich das manchmal vergesse.«
    »Ach, Oma«, ich streichele über ihre Hand, »so schlimm ist es nun auch wieder nicht. Es geht mir doch gut, der Laden läuft bestens, ich habe dich und Rufus, meine Band …«
    »Aber dein Leben ist vollkommen anders verlaufen, als du es dir vorgestellt hast.«
    »Na ja, das stimmt schon. Läuft eben nicht immer alles so, wie man es sich vorstellt, sonst wäre es ja auch langweilig. Und wer weiß«, ich unterbreche mich, weil ich mich kurz darauf konzentrieren muss, die Spur zu wechseln, »ich habe mir in letzter Zeit schon öfter überlegt, ob ich nicht doch versuchen sollte, mich noch einmal für Modedesign zu bewerben. Neben dem Geschäft könnte ich bestimmt hin und wieder ein paar Seminare besuchen.«
    »Keine schlechte Idee«, sagt Oma, »es ist schließlich nie zu spät, etwas Neues anzufangen.« Ich muss grinsen. »Ich wäre zwar der Studenten-Opa, aber was soll’s? Einfach nur so aus Spaß könnte ich es ja mal probieren.« Dann schweigen wir wieder eine Weile.
    »Was ist denn mit diesem Mädchen?«, will meine Oma irgendwann wissen.
    »Meinst du Annika?« Sie nickt. »Ich habe dich ja schon öfter für die hübschen Dinger, die in unser Geschäft kommen, schwärmen sehen. Aber mit dieser Annika scheint es etwas anderes zu sein.«
    »Ist es irgendwie auch«, erwidere ich und lächele meine Oma an. Sie hat ein ziemlich sicheres Gespür dafür, was in mir vorgeht. »Und was?«
    »Schwer zu erklären. Es fühlt sich an, als wäre da eine komische Verbindung zwischen uns … Ich, ach, ich weiß auch nicht, wie ich das beschreiben soll. Etwas in mir glaubt, dass sie, wenn sie nicht schon vergeben wäre, genau die richtige Frau für mich wäre. Und dass ich sie leider zu spät kennengelernt habe. Klingt bescheuert, ich weiß.« Meine Großmutter lacht. »Das verstehe ich schon«, antwortet sie. »Ich frage mich nur, ob deine Schwärmerei nicht auch etwas damit zu tun hat, dass die junge Frau bereits vergeben ist. Oft reizt uns das, was nicht zu haben ist, noch viel mehr.« Ich schüttele den Kopf. »Ich glaube nicht. Das heißt, ich bin mir sogar ganz sicher.«
    Oma nickt nachdenklich. »Dann versuch es halt«, stellt sie auf einmal ganz sachlich

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