Mein zärtlicher Ritter: Roman (German Edition)
dass sie möglicherweise überhaupt nichts Anstößiges mit Prinz Harry getan hatte.
Er schaute an sich herab. Nun, wenigstens könnte er versuchen auszusehen wie ein Lord und nicht wie ein derangierter Säufer. Hellsichtig wie immer, erschien sein Kammerdiener in diesem Augenblick in seiner Tür. Thomas verweigerte jedoch Blickkontakt. Verdammt, er musste sich nicht auch noch von seinem Kammerdiener verachten lassen.
Stumm brachte Thomas ihm eine dunkelbraune Cotehardie und eine passende Hose. Dann half er William in eine rostfarbene Houppelande, die ihm bis an die Knie reichte. Ihre weiten Ärmel waren vom Ellenbogen bis zur Schulter aufgeschlitzt, sodass die Cotehardie darunter zu sehen war.
»Ist das nicht ein wenig düster, Thomas?« Edelmänner waren üblicherweise in buntere Farben gekleidet.
»Ich dachte, Düsternis könnte heute von Vorteil sein, Mylord.«
»Thomas«, fing er an zu schimpfen, zuckte jedoch zusammen, als das Geräusch ihm stechend in den Kopf fuhr.
»Ich wollte Euch den Anschein stiller Würde geben.« Thomas schürzte die Lippen und nickte. »Aye, das bußfertige Aussehen eines Pilgers ist da genau das Richtige.«
»Thomas, es reicht.«
Er glaubte nicht, dass Thomas eine solche Missbilligung allein wegen seiner Trunkenheit zeigen würde, doch er konnte sich nicht erklären, woher der Mann etwas über sein weiteres Verhalten am Vorabend erfahren haben konnte. Dann erinnerte er sich an die Zofe, die er aus Catherines Schlafzimmer gescheucht hatte.
Er hob die Arme, als Thomas ihm den reich verzierten Gürtel anlegte, den Northumberland ihm geschenkt hatte. Also wurde ihm doch ein Hauch Luxus erlaubt.
»Wo ist sie?« Es verletzte seinen Stolz, Thomas fragen zu müssen, doch je schneller er Catherine fand und versuchte, alles wieder ins Lot zu bringen, desto besser.
»Wer, Mylord?«
»Du weißt sehr genau, wen ich meine.« William knirschte mit den Zähnen, was seine pochenden Kopfschmerzen nur noch verstärkte. »Meine Gemahlin. Wo ist sie?«
»Das weiß ich nicht, Sir«, erwiderte Thomas geradezu aufreizend ruhig. »Sie hat mir gewiss nicht Bescheid gegeben.«
»Gib mir meine Stiefel, damit ich sie suchen gehen kann.« Am liebsten würde William den Mann erwürgen.
»Ihr werdet diese hier benötigen«, sagte Thomas und brachte ihm seine hohen ledernen Reitstiefel.
»Was? Sie ist nicht mehr in der Burg?«, fragte William. »Ich dachte, du wüsstest nicht, wo sie ist.«
»Das weiß ich auch nicht«, sagte Thomas, während er William in die engen Stiefel half. »Ich habe gehört, sie hätte die Burg spät in der Nacht zu Pferd verlassen.«
»Was?«, brüllte William. »Wann war das?«
»So viel ich weiß, nicht lange nachdem Ihr zu Bett gegangen seid, Mylord.« Thomas’ Stimme war voller Ironie.
William zog den Mann an seiner Tunika an sich, bis sie sich Aug in Aug gegenüberstanden. »Wo ist sie hin?«
Thomas ließ sich nicht erschüttern. »Ich schlage vor, Ihr fragt die Haushälterin.« Als falle es ihm nachträglich ein, fügte er hinzu: »Wie ich hörte, hat der alte Jacob Eure Dame begleitet.«
»Wen hat sie noch als Geleit mitgenommen?«, fragte William.
»Niemanden außer Jamie.«
Gott stehe ihm bei! Sie war nur mit einem alten Mann als Geleitschutz in die Nacht geritten. Das war Wahnsinn.
Er stürmte die Treppe hinunter, um Alys zu suchen. War es sein unflätiges Verhalten gewesen, was Catherine fortgetrieben hatte? Oder hatte sie von vornherein geplant gehabt, sich heimlich davonzustehlen, um ihren Liebhaber zu treffen?
Er würde sie finden und zurückbringen. Ob Prinz oder nicht.
Er fand Alys in der Küche, wo sie mit der Köchin Rat hielt. »Sofort hierher«, befahl er und deutete auf die offene Tür.
Nach einem kurzen Blickwechsel mit der Köchin folgte Alys ihm nach draußen.
»Alys, wenn dir dein Leben lieb ist, sagst du mir sofort, wo sie sich mit Prinz Harry treffen will.«
»Prinz Harry?« Alys zog die Augenbrauen zusammen. »Was fragt Ihr da, Mylord?«
»Ich weiß, dass sie fort ist, um sich mit ihm zu treffen.« Er war so wütend, dass er die Frau hätte schütteln können, wenn es irgendetwas gebracht hätte. »Wo sind sie?«
»Sie würde den Prinzen damit nicht belästigen, jetzt, da er mit dem Aufstand und allem beschäftigt ist.« Aus ihrem Mund klang es fast, als beschuldigte er Catherine der Unhöflichkeit statt der Untreue. »Nein, sie hat woanders Zuflucht gesucht.«
Zuflucht.
Er drohte und schmeichelte ihr. Doch erst als er ihr sein
Weitere Kostenlose Bücher