Mein zärtlicher Ritter: Roman (German Edition)
wir. Er wird es nicht übelnehmen, dass Ihr keine Zofe hattet, um Euch die Haare machen zu lassen«, sagte Maredudd lächelnd. »Es ist eine Sünde, dass der Brauch vorschreibt, so schönes Haar zu verstecken.«
Er ging in die Hocke und rüttelte Stephen an der Schulter. »Komm, Junge. Prinz Glyndwr hat viel zu tun; ich will ihn nicht warten lassen.«
Catherine nahm den erlesenen Kopfputz in die Hand, den sie gestern getragen hatte. Stephen hatte ihr gestern Nacht dabei geholfen, ihn abzulegen, aber es war nicht daran zu denken, dass sie ihn heute wieder aufsetzen konnte.
Sie seufzte tief. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als das Beste aus ihrer Situation zu machen. Nachdem sie mit größter Sorgfalt das Haarnetz und den golden Reif abgelöst hatte, kämmte sie ihr Haar mit den Fingern durch und flocht es im Nacken zu einem dicken Zopf. Dann legte sie das Haarnetz an und befestigte es, indem sie den Goldreif aufsetzte. Die provisorische Kopfbedeckung ließ noch viel zu viel Haar frei, aber es ging eben nicht anders.
Sie betrachtete den jämmerlichen Zustand ihres Kleides. Systematisch klopfte sie sich von oben nach unten den Dreck ab. Sie war so in ihre Arbeit vertieft, dass sie erschrak, als sie aufsah und bemerkte, dass Stephen und alle drei Tudor-Brüder sie mit offenen Mündern anstarrten.
Sie kniff die Augen zusammen. »Wie lange beobachtet Ihr mich schon?«
Alle zuckten sich keiner Schuld bewusst mit den Schultern.
»Habt Ihr Männer denn nichts Besseres zu tun?«, fragte sie und konnte nicht verhindern, dass ihr ihre Verärgerung deutlich anzuhören war.
Stephen besaß den Anstand, den Blick abzuwenden. Die drei Tudors jedoch schüttelten bloß die Köpfe und lächelten.
Die anderen Männer bauten das Lager ab, als die Tudor-Brüder mit Catherine und Stephen aufbrachen. Gott sei gepriesen, dass ihre Entführer sie hierher brachten und nicht ins walisische Hinterland verschleppten. William war in Worcester. Sie konnte noch heute von ihm ausgelöst werden.
»Könnt Ihr das alte keltische Fort dort auf der Kuppe des Hügels sehen?«, fragte Maredudd und deutete in die Ferne. »Dort haben wir mit den Franzosen unser Lager errichtet.«
Catherine riss ihre Gedanken von ihrem Wiedersehen mit William los, um sich auf ihr Treffen mit dem Rebellenführer vorzubereiten. Rasch rief sie sich ins Gedächtnis, was sie über Owain Glyndwr wusste. Er war ein walisischer Edelmann, ein naher Verwandter der Tudors. Vor dem Aufstand war seine Burg als Mittelpunkt der walisischen Kultur bekannt gewesen, wo Troubadoure und Spielleute jederzeit willkommen waren.
Ein Mann, der Musik liebte, sagte sie sich, konnte nicht vollkommen herzlos sein. Das gemeine Volk erzählte sich, dass er Magie einsetzte, um schreckliche Stürme heraufzubeschwören. Es gab aber auch andere Geschichten, die sie nicht so leicht abtun konnte. Sie selbst war nach Überfällen der Rebellen gelegentlich ausgeritten und hatte dabei qualmende Dörfer gesehen und Frauen weinen gehört.
Bevor sie sichs versah, ritten sie durch das Tor des alten Forts. Der Burghof wimmelte von Soldaten. Sie ritten durch das Durcheinander aus Männern, Pferden und Karren zum Hauptturm. Nachdem er ihr vom Pferd geholfen hatte, führte Maredudd sie die Stufen hinauf. Stephen und die beiden jüngeren Brüder folgten ihnen auf dem Fuß.
Die Wächter auf der Innenseite des Eingangstors nickten den Walisern zu und öffneten die zweite schwere Flügeltür. Als sich ihre Augen an das Zwielicht gewöhnt hatten, erkannte Catherine, dass sie in einer großen, höhlenartigen Halle war. An einer der beiden Längsseiten befand sich eine riesige Feuerstelle und an der anderen lange Tischreihen. Eine nicht geringe Anzahl von Männern hielt sich in der Halle auf, sie unterhielten sich in kleinen Gruppen oder pflegten ihre Waffen.
Doch nur ein Mann fesselte ihre Aufmerksamkeit. Er blickte ihr vom entfernten Ende der Halle entgegen.
Mit der Hand fest an ihrem Arm führte Maredudd Catherine längs durch die Halle zu ihm. Catherine sank in einen tiefen Hofknicks, der Monarchen vorbehalten war, und hielt den Kopf gesenkt, bis eine tiefe Stimme sie aufforderte, sich zu erheben.
Als sie es tat, warf sie ihren ersten ausführlichen Blick auf den berühmten Rebellen, dessen Name seit fünf Jahren in aller Munde war. Owain Glyndwr sah aus, als wäre er hoch in den Vierzigern. Sein auf ernste Art attraktives Gesicht zeigte Falten, und das dunkle Haar, das ihm bis auf die Schultern fiel, war
Weitere Kostenlose Bücher