Mein zukünftiger Ex
Rücken durch. »Als Erstes ist es immer angeraten, sich in die Schlange einzureihen und sich Schlittschuhe auszuleihen.«
Lola war gewissermaßen eine Offenbarung auf dem Eis: auf spektakuläre Weise furchtbarer, als Sally das je vermutet hätte. Sie besaß keinerlei Gleichgewichtssinn, sondern klammerte sich nur an die Bande und jammerte: »Das ist echt spiegelglatt!« In der Geschwindigkeit einer fußlahmen Schildkröte hangelte sie sich rund um die Eisbahn.
Glücklicherweise bedeutete das, dass Sally Nick unterrichten konnte, der zwar kein geborener Eisläufer war, aber dennoch fünfzig Mal besser als Lola. Wenigstens konnte er aufrecht auf den Schlittschuhen stehen und – mehr oder weniger – auch laufen, solange ihn Sally an der Hand hielt. Das war himmlisch, vor allem in dem Moment, als er das Gleichgewicht verlor und mitten in der Eisbahn wild mit den Armen ruderte und sich dann auf sie warf und sich an ihr festhielt.
O ja, das war definitiv der Höhepunkt gewesen, ein Augenblick, den sie immer in kostbarer Erinnerung halten würde. Vielleicht konnte sie das nachher noch einmal geschehen lassen, aber dann würde
sie
stolpern und auf ihn fallen, und es würde unter Lachen ein wildes Durcheinander von Armen und Beinen geben. Natürlich nur, wenn Lola gerade nicht hinsah.
Nick beugte sich zu ihr und atmete ihr ins Ohr. »Das kann nicht besonders lustig für dich sein.«
Meinte er das ernst? So gut hatte sie sich seit Jahren nicht mehr unterhalten. »Ich fühle mich sehr wohl.« Sally durchlief ein Schauder der Erregung, als sein linker Oberschenkel den ihren streifte, und gleich darauf noch mal, als auch der rechte Oberschenkel sich an ihr rieb.
War das Zufall?
»Nein, es ist nicht fair.« Nick schüttelte den Kopf. »Ich sollte fünf Minuten Pause einlegen, damit du richtig Eislaufen kannst, ohne mich dabei festhalten zu müssen. Ich schaue von der Seite bewundernd zu.«
Ach je, niemand mochte Angeber. Aber seine Augen funkelten sie an, und da konnte sie einfach nicht widerstehen. Sie brachte ihn zur Absperrung und lief dann zu einem weniger bevölkerten Abschnitt der Eisbahn. Sally nahm die Ausgangshaltung ein, dann tanzte sie eine improvisierte Kür. Gott, Eislaufen war so herrlich. Eines der wenigen Dinge, in denen sie wirklich gut war. Und sie schwebte nur so über das Eis, schön und elegant wie ein Schwan. Über ihr funkelten die Sterne am tintenblauen Himmel und Hunderte bewundernde Blicke ruhten auf ihr … Wenn sie jetzt eine fabelhafte Drehung einlegte oder den dreifachen Salchow sprang, würden dann alle verzückt die Luft anhalten und spontan Beifall klatschen?
Na gut, ein dreifacher Salchow war etwas zu ambitioniert, aber wie wäre es mit einem doppelten Toeloop? Sah Nick auch zu? Würde er von ihrer Technik angemessen beeindruckt sein? Ja, dort drüben stand er. Lola hatte es geschafft, sich mehr humpelnd als eislaufend zu Nick zu kämpfen, und beide hielten sich jetzt an der Bande fest und sahen ihr zu. Also gut, los geht’s …
» AUA !«, schrie Sally und fiel wie ein gefällter Baum aufs Eis. » AU , AU , AU , wer war das?«
Irgendjemand musste sich ihr von hinten genähert und ihr einen bösartigen Tritt gegen den Unterschenkel versetzt haben. Sally stieß einen Schmerzensschrei aus und umklammerte ihr linkes Bein, während geschmolzenes Eis ihre Jeans durchfeuchtete. Was für eine Art von Psychopath schlich sich derart hinterhältig heran und trat dann eine völlig Fremde? Aua, o Gott, sie konnte kaum atmen, konnte kaum klar denken, so sehr tat es weh …
»Alles in Ordnung?« Nick und Lola schlitterten auf sie zu. Irgendwie hatten sie es fertiggebracht, sich durch die Menge an Eisläufern hindurchzulavieren. Um Himmels willen, sah sie etwa so aus, als sei sie in Ordnung?
»Habt ihr gesehen, wer mich getreten hat?« Sally spürte, wie ihr der Schweiß auf der Stirn ausbrach.
»Es hat dich niemand getreten.«
»Klar doch! Ich hab’s deutlich gespürt!«
»Es war niemand in deiner Nähe.« Lola schaute entschuldigend. »Wenn es sich anfühlte, als habe dich ein Esel getreten, dann hast du dir wahrscheinlich die Achillessehne gerissen.«
Verdammt, Lola hatte recht. »Nein!«, jammerte Sally, sank verzweifelt nieder und presste ihr Gesicht auf das Eis, denn das hier war ein Albtraum. »Ich will nicht, dass es meine Achillessehne ist!«
Tapfer versuchte Lola, ihr zu einer aufrecht sitzenden Position zu verhelfen. Prompt verlor sie dabei das Gleichgewicht, rief noch
Weitere Kostenlose Bücher