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Meine 500 besten Freunde

Meine 500 besten Freunde

Titel: Meine 500 besten Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Adorján
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Herr Bartholomé war gerade aus einem Taxi gestiegen. Er trug einen langen dunklen Mantel und Lederhandschuhe und sah aus, als wolle er in die Oper gehen.
    Was nun folgte, traf Angie unvorbereitet. Christine winkte und lief Bartholomé ein paar Schritte entgegen. Er schien sie zunächst nicht zu erkennen, plötzlich aber hellte sein Gesicht sich auf. »Frau Haag!«, sagte er, wie zum Beweis. »Schön, schön.« Er schüttelte ihre Hand. »Wollen Sie auch zu Liza Minnelli?«, fragte sie. »Na unbedingt«, sagte Bartholomé, »man weiß schließlich nicht, wie oft man dazu noch die Gelegenheit hat.« Diesmal lachte er selbst nur kurz über seinen eigenen Witz, was Christine Gelegenheit gab zu beweisen, wie lustig sie seine Bemerkung fand. »Das ist in der Tat wahr«, sagte sie, nachdem sie wieder zu Atem gekommen war. »Oh, und da ist ja auch Frau Ritter. Guten Abend.« Flüchtig nickte er ihr zu. »Ist das hier eine Art Praktikantinnentreffen oder was? Ach nein, Sie sind ja gar nicht mehr bei uns. Erzählen Sie doch mal, was macht die Konkurrenz?«
    »Ach«, sagte Christine einleitend, doch Bartholomé hatte sich schon abgewendet und klopfte einem Mann mit schwarzer Hornbrille, der gerade an ihnen vorbeikam, kräftig gegen den Oberarm. »Alle da, schön, schön«, sagte er. Dann wandte er sich wieder Christine und Angie zu, die stumm nebeneinanderstanden. »Gut, wer hat denn jetzt meine Karte?« »Ich«, sagte Angie. Sie fühlte Christines Blick auf sich, während sie in großer Eile versuchte, die Karten aus ihrem Portemonnaie zu holen, das sie erst noch aus der kleinen Tasche nehmen musste, die sie unter ihrem Schal über der Schulter trug. »Nur keine Hast«, hörte sie Bartholomé sagen. Schließlich hielt sie die Karten in der Hand. »Dann wollen wir mal«, sagte Bartholomé und ging in Richtung Eingang, vor dem sich inzwischen eine Schlange gebildet hatte, ohne daran zu denken, den Damen den Vortritt zu lassen.
    Angie hatte nun endlich Gelegenheit, Christine, die vor ihr lief, einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. Sie war immer in hohen Schuhen in die Redaktion gekommen, doch so hohe wie diese hatte Angie an ihr noch nie gesehen. Es waren eng anliegende schwarze Plateaustiefel, die ihr bis übers Knie reichten, dazu trug sie ein dunkles Strickkleid, unter dem sich ihr Po deutlich abzeichnete. Ihre langen blonden Haare trug sie offen, augenscheinlich hatte sie ein Glätteisen bemüht. Selbst wenn sie langsam lief, so wie jetzt, hatte sie die Angewohnheit, die Arme beim Gehen zackig zu schwenken, was ihrem Gang etwas modelhaftes Entrücktes verlieh. Das Tribal-Tattoo auf ihrem Steiß wollte so gar nicht zu ihrem Auftreten passen. Angie wusste davon, seit Christine sich im Redaktionsflur einmal nach einem Feuerzeug gebückt hatte, das einem der Redakteure heruntergefallen war. Als sie Christine darauf angesprochen hatte, hatte diese sie aber nur verständnislos angesehen.
    Ihr entging nicht, dass die Blicke der Männer sie nur streiften, während sie an Christine hängenblieben. Vor allem aber kam es ihr vor, als schenke Herr Bartholomé Christine mehr Aufmerksamkeit, er hatte sich schon zweimal nach ihr umgesehen. Aber das mochte daran liegen, dass er sie länger kannte, dachte sie, und das wiederum konnte ihr, Angies, Vorteil sein. Sie beschloss also, sich vorerst nichts daraus zu machen, schob sich aber trotzdem vorsichtshalber unter dem Paschminaschal die Brüste in ihrem BH zurecht. Dann beeilte sie sich, zu Herrn Bartholomé aufzuschließen, der vor dem Mann, der die Karten abriss, auf sie wartete. Sie zeigte die Karten vor, und gemeinsam betraten sie den Club.
    Während Herr Bartholomé und Angie an der Garderobe anstanden, verloren sie Christine, die ohne Jacke gekommen war. Angie wertete es als einen ersten Punktsieg. »Hübsch hier«, sagte Bartholomé, nachdem er sich umgeblickt und dabei ziemlich lange in den Spiegel gesehen hatte, der an der gegenüberliegenden Wand hing, »waren Sie schon mal hier?« »Ja«, sagte sie, »ist meistens ganz nett hier, vor allem donnerstags.« Er nickte. »Aber besonders geheim scheint das Konzert ja nun nicht zu sein. Ich meine, es ist ja Hinz und Kunz hier heute Abend.« Dann waren sie an der Reihe, und sie nahm den Schal von den Schultern. Einen Moment sah es so aus, als würde Herr Bartholomé seinen Mantel mit abgeben, doch er wartete, bis die Garderobenfrau ihren Schal aufgehängt und ihr eine Marke gereicht hatte, bevor er ihr seine Sachen gab.
    »Bitte.«

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