Meine allererste Scheidung
nach dem Aufbruch der Mädchen aus dem Haus zum Strand gescheucht, in der Hoffnung, sie abzulenken. Wenigstens sind wir draußen. Und sie bewegt sich. Niemand kann vollkommen niedergeschlagen sein, solange er sich bewegt. Sie erreichten den nächsten Strand und kehrten wortlos um. Caitlin verlangsamte ihren Schritt.
»Und sobald er sie da hatte, musste er auf Häusersuche gehen, weil dieses Service-Apartment zu klein ist und sie dort nicht glücklich sind. Er sagte ihnen, ihm sei es lieber, sie wären bei mir glücklich, obwohl er sie gerne bei sich hätte«, erklärte sie leicht außer Atem. »Wow. Ich habe seit einer Ewigkeit keinen Sport mehr getrieben.«
»Stell dir einfach vor, du würdest mit jedem Schritt Max ins Gesicht treten«, sagte Sarah aufmunternd.
Cait strich sich mit der Hand durchs Haar und verdrehte eine Strähne zu einer Korkenzieherlocke. »So sehr hasse ich ihn gar nicht«, meinte sie und verzog das Gesicht. »Und wenn ich mit imaginärer Gewalt anfange, wird es ein böses Ende nehmen. Das kann ich spüren.«
Das Telefon klingelte abermals. »Verflixt«, murmelte Cait und fischte den Apparat aus der Tasche.
»Hey, Sean.«
»Ich mache das nicht mit, Mum«, erklang Seans panikerfüllte Stimme, die selbst den Wind übertönte. »Ich lasse mich nicht hin- und herschicken wie … ein Paket oder so etwas.«
»Wir reden darüber, wenn ihr zu Hause seid«, versuchte Caitlin sie zu besänftigen.
»Gut«, blaffte Sean. »Denn das nervt. Und es ist nicht meine Schuld. Also sollte ich ein Wörtchen mitreden dürfen.«
»Ich spreche später mit dir«, schrie Caitlin und legte auf. »Wir sollten uns beeilen, sonst schaffen wir es nie rechtzeitig«, sagte sie zu Sarah.
»Wir werden nicht rennen, wir werden gehen. Und reden«, erwiderte Sarah.
Sarah behielt die Uhr im Auge. Sie registrierte Caitlins Stimmung und fragte sich, wie lange sie anhielt. Gleichzeitig hielt sie Ausschau nach möglichen Ablenkungen. Caitlin bemerkte die wahrhaft heroischen Anstrengungen ihrer Freundin nicht. Sie registrierte sogar kaum, dass ihre Stimmung sich hob, während sie weiterging, trotz des Anrufs von Max.
»Wenn deine Mum hier ist, können wir über all das reden«, sagte Sarah in der Hoffnung, Cait abzulenken.
Es funktionierte nicht. Caitlin verdrehte lediglich die Augen und beschleunigte wieder ihren Schritt.
»Warum tust du das?«, fragte Sarah und schloss zu ihr auf, als sie die Landzunge umrundeten, die sie von dem ersten Strand trennte.
»Was?«, fragte Cait unschuldig, obwohl sie ganz genau wusste, wie sehr es Sarah ärgerte, wenn sie sich weigerte einzuräumen, welch eine tolle Frau ihre Mutter war.
»Warum verdrehst du deine Augen?«, erwiderte sie. »Also, mit ihrer Unterstützung wird es dir viel besser gehen. Sie kann dir mit den Kindern helfen.«
Cait zögerte, beschloss dann jedoch, sich den Luxus zu gönnen, ein weiteres Mal die Augen zu verdrehen. »Sie ist nicht deine Mutter. Sie ist deine Freundin. Sie ist nicht meine Freundin. Sie ist meine Mutter. Und willst du wissen, warum es schrecklich werden wird?«
»Ja«, keuchte Sarah, bevor sie Cait zwecks weiterer körperlicher Anstrengung auf den Sand führte. »Ich kapier’s immer noch nicht.«
(Caitlin unterließ es Sarah gegenüber, ihre Furcht vor ihrer Mutter zu übertreiben. Weil ihre beste Freundin ihre Mutter so tapfer verteidigte, konnte sie der Versuchung einfach nicht widerstehen, Öl ins Feuer zu gießen, und genoss es ganz besonders, Sarah mit Übertreibungen zu ergötzen.)
»Ich meine es ernst«, sagte sie und wedelte dabei aufgeregt mit den Händen. »Meine Mutter kommt her, und ich kann sie bereits spüren. Es ist so, als hätte ich ein Frühwarnsystem.«
»Ich höre gar nicht zu«, bemerkte Sarah und schaute demonstrativ zu einem Surfer hinüber, der nur wenige Meter links von ihnen aus dem Wasser auftauchte. »Außerdem weißt du, dass ich deine Mutter liebe. Sie wird dir nächste Woche helfen. Genau wie ich. Und wir werden dich im Auge behalten.«
»Du gaffst ja gern«, bemerkte Caitlin. »Tut mir leid, das war übertrieben. Aber wie kommst du eigentlich immer mit dieser Angafferei durch? Bei Männern, meine ich, nicht bei meiner Mutter. Ich bin verwirrt.«
Sarah hatte noch nie Hemmungen gehabt, wenn es darum ging, jemanden anzustarren. Während der Schulzeit hatte sie die Leute unverhohlen angegafft und in der Folge jede Menge visuell atemberaubender Augenblicke genossen. Sie hatte diese Angewohnheit nie abgelegt. In
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