Meine allererste Scheidung
Wie konnte sie das geschehen lassen? »Idiotin«, sagte sie laut und schlug sich gegen die Stirn. Das Wort schmerzte. Und irgendwie fühlte es sich gut an.
»Es spricht nichts gegen eine Schlichtung, Caitlin«, sagte Myra. »Es spielt technisch gesehen keine Rolle, was irgendjemand getan hat. Der Besitz wird angeblich gerecht und gleichmäßig geteilt.«
»Aber wir haben den Besitz nicht gleichmäßig erworben «, protestierte Caitlin und hasste es, dass ihre Stimme schriller wurde. Einige Leute sahen sich nach ihr um. Sie funkelte sie an. Nur zu, gafft ruhig, dachte sie. Ihr wisst wahrscheinlich sowieso alles.
»Ich weiß, ich weiß«, besänftigte Myra sie. »Ich versuche dir nur zu sagen, wie ein Gericht die ganze Angelegenheit sieht. Deine Mum sagt …«
»Meine Mum!«, explodierte Caitlin.
Myra ignorierte sie. »Sag nichts. Deine Mum hat kurz mit mir geredet, bevor sie runtergekommen ist. Sie befürchtete, dass du glaubst, er würde sich anständig benehmen. Und nichts von dir annehmen. Aber das wird nicht der Fall sein. Ich würde mein Geld darauf verwetten, wenn mein Mann mir welches übrig gelassen hätte.«
Caitlin zwang sich zur Ruhe. Das konnte nicht sein. Er geht, nimmt seine Sachen, besucht die Kinder und lebt sein wunderbares neues Leben. Sie fühlte sich sofort besser. Er weiß, dass er etwas Unrechtes getan hat. Auf keinen Fall wird er versuchen, mir etwas wegzunehmen. Bestimmt nicht.
»Hör mal, Myra, ich weiß, dass er ein Mistkerl ist«, sagte Caitlin hitzig und winkte der Kellnerin. »Aber er ist nicht so ein Mistkerl. Nur weil ich eine Idiotin bin, macht ihn das nicht zu einem Supermistkerl. Und nur weil meine Mutter das behauptet, muss er deswegen noch lange keiner sein!«
Myra sah sie nur mitfühlend an.
»Oh. Ich bin ja so dumm«, sagte Caitlin.
»Ach, mach dir keine Vorwürfe«, tröstete Myra sie. »Du warst ziemlich beschäftigt, hast gearbeitet und dich um die Familie gekümmert.«
»Vor allem gearbeitet«, warf Caitlin trübselig ein.
»Und du warst Mutter.«
»Ich habe gearbeitet«, korrigierte Caitlin sie, diesmal mit mehr Nachdruck. »Die Arbeit hat mir alles abverlangt. Den größten Teil meines Lebens habe ich im Sender verbracht.«
»Habe ich verbracht?«
»Ich weiß, es ist erst fünf Minuten her.«
Einen Moment lang saßen sie schweigend da.
»Also, auch wenn so etwas vorkommt, weiß ich, dass er anders ist. Er ist anständig«, erklärte Caitlin. »Jedenfalls, was das betrifft.«
»Ich wette, deine Mutter ist anderer Meinung.«
»Lassen wir meine Mutter aus dem Spiel.«
»Wann stellst du sie mir vor? Ich schätze, sie ist besser als Fernsehen.«
»Du kennst sie bereits.«
»Oh, ich bitte dich, ich habe nur mit ihr telefoniert. Halt mich nicht hin.«
Caitlin verdrehte die Augen. »Nächstes Wochenende …. Sarah plant einen Ausflug. Ich kann Material für mein neues Projekt bekommen … Und ihr müsst mitkommen und euch alles ansehen.«
»Super, das habe ich vorgemerkt. Deine Mutter kommt also auch? Klasse«, sagte Myra mit einem breiten Grinsen.
»Es wird interessant werden. Und du hast übrigens recht. Mum denkt, Max sei der Teufel in Menschengestalt.«
»Wirklich? Ich dachte, sie wäre wie Sarah – total New-Age-mäßig?«
»Ist sie auch. Sie war es zumindest. Aber sie hat mir tierisch zugesetzt. Sie würde an eine Hölle glauben, nur um Max dort hinzuschicken.«
Myra kicherte. »Okay, ich hoffe, du behältst recht, was ihn betrifft. Es wäre schön, wenn es so laufen würde.« Und ich kann dir keine Vorwürfe machen, dachte sie bei sich. Myra wusste, wann es genug war – aber sie hielt noch einen Trumpf in der Hand.
»Hm, ich habe mir was dabei gedacht, als ich dich herbat. Abgesehen von den Pasteten … und dich mit der Frage zu piesacken, wann ich deine Mutter kennenlerne, und einem Vortrag darüber, was du mit deinem Leben anfangen sollst. Du weißt schon«, fügte sie hinzu und deutete auf die Ladenfront jenseits des Gangs, »hier gibt es auch Anwälte … Ihre Büros sind genau dort drüben.« Caitlin spürte Wut in sich aufsteigen, fand sich dann aber einfach damit ab. »Ich weiß. Aber hör mal. Lass uns einfach reingehen und hören, ob sie einen Termin frei haben. Du solltest herausfinden, woran du bist.«
»Warum jetzt?«
»Wenn nicht jetzt, wann dann?«, blaffte Myra zurück. Und kurz darauf befanden sie sich in der eleganten Kanzlei eines auf Familienrecht spezialisierten Anwalts. Caitlin war überzeugt, dass sie dort nichts zu
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