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Meine Cousine Emilia: Roman (German Edition)

Meine Cousine Emilia: Roman (German Edition)

Titel: Meine Cousine Emilia: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vlada Urosevic
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kleinen Wörter hatten etwas von einem Klagegesang. Dann flammten weitere Blitze auf. Bildeten wir es uns nur ein oder sahen wir in ihrem Licht wirklich die alten Lehrer, wie sie taumelnd gegen den Sturm kämpften, kraftlose Flugkörper in beängstigender Höhe?
    Danach rannten Emilia und ich aus dem Gymnasium und versanken im Chaos aus dicken Regentropfen, abgerissenen Blättern, zerfetzten Vorhängen, hochwehenden Kleidern, umherwirbelnden Zeitungen. Im Schein der Blitze hatte das nasse Pflaster die Farbe tiefer Einschnitte in blau gewordenem Fleisch.
    »Herr Dunaevski«, schrie Emilia, während sie durch die Dunkelheit rannte, »Herr Argirovski, hierher, hierher, kommen Sie herunter …«
    Im Himmel über uns öffneten sich bedrohliche, violette Klüfte. Der Regen machte uns blind. Meine Cousine Emilia rief vergeblich nach den Lehrern: Ihre Stimme verlor sichim schaurigen Rauschen der Pappeln, im Scheppern zerbrechender Ziegel, im Krachen des Donners, das die Luft durchschnitt, und im alles überdeckenden Getöse des Regens.
    ***
    Im Herbst fing die Schule wieder an. Das große gelbe Gebäude am Stadtrand war voller Leben; nichts darin zeugte von der Gewitternacht.
    Man stellte uns die neuen Lehrer vor. Sie hatten alle gerade erst ihr Studium beendet, waren liebenswürdig und lächelten voller Selbstvertrauen, zuversichtlich, dass sie uns erobern und uns beherrschen würden.
    Über die alten Lehrer erzählte man uns, dass sie pensioniert worden und alle zusammen fortgezogen seien, um in einer bescheidenen Pension in einem Badeort im Landesinneren zu leben, dass sie wegen unverantwortlichen Umgangs mit Schulinventar verhaftet worden seien, dass sie an einer finsteren politischen Verschwörung beteiligt waren …
    Tatsächlich wussten nur wir wenigen – Opa Simon, der Schuldiener Memed, seine Frau Fatima, der geistesschwache Muto, meine Cousine Emilia und ich –, dass sie durch eine unverhoffte Drehung des Windes auf Nimmerwiedersehen verschwunden waren.
    Meine Cousine Emilia und ich hatten sogar einen konkreten Beweis: Auf unserem Hausdach fanden wir an der Spitze des Blitzableiters einen grünen Stofffetzen, den wir eindeutig als Teil des Lodenmantels unseres Lehrers Dunaevski identifizierten.
    Wir verloren darüber kein Wort. Muto lungerte lange Zeit vor dem Gymnasium herum und bemühte sich, jedem Passantenetwas zu erklären, indem er mit den Armen wedelte, als versuche er zu fliegen. Opa Simon war in seine Landkarten vertieft, auf denen er die Wege der Winde einzeichnete und Entfernungen ausrechnete. Memed begann zu trinken und Fatima zu schlagen – und was sie betraf, so glaubte ihr niemand, als sie eine unglaubliche Geschichte vom Fliegen erzählte, nachdem sie auf dem Bit-Basar bei dem Versuch erwischt worden war, das alte, zerbrochene Barometer aus der Schulaula zu verkaufen.
    Tante Eleonora hat niemals zugegeben, dass sie vor dem Verlassen der Wohnung die Fenster tatsächlich zugemacht hatte und ihr das später entfallen war. »Nein«, sagte sie, »das habt ihr euch doch alles auf eine ganz ungezogene Art und Weise ausgedacht.«

W AS DIE K ATZEN SEHEN
    Wenn wir abends nach Hause kamen und niemand daheim war, wartete vor der Tür der Kater Fjodor auf uns. Das Haus war finster und schweigend in seiner eigenen Rätselhaftigkeit versunken, sich selbst genug und scheinbar in Nachdenken vertieft. Es in diesen Augenblicken zu betreten war, als dringe man ungebeten in ein fremdes Geheimnis ein, als störe man die Ruhe, die den umfriedeten Raum bis in seinen letzten Winkel erfüllte. Während wir in den Taschen nach dem Schlüssel suchten, kratzte der Kater Fjodor ungeduldig an der Tür, und wenn wir sie schließlich öffneten, rannte er als Erster in die Dunkelheit.
    Doch dort erstarrte er plötzlich: Nach nur wenigen fröhlichen und leichtfüßigen Schritten blieb er wie angewurzelt stehen und verharrte so. Sein Rücken krümmte sich zu einem Bogen, sein Fell sträubte sich und seine Augen starrten etwas an, was er dort im Dunkeln sah. Ohne auch nur einen einzigen Laut von sich zu geben, blieb er unbeweglich stehen, als habe er irgendetwas ganz Unglaubliches und Furchtbares entdeckt. Sein Blick war in die dunkle Ecke des Flurs gerichtet, wo sich die Decke wegen der in das Obergeschoss führenden Treppe über das Kanapee senkte, auf dem meine Cousine Emiliain den Nachmittagsstunden ihr Nickerchen hielt. Er starrte genau auf das Kanapee, als säße oder läge darauf jemand.
    Obwohl wir diese Angewohnheit des

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