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Meine Frau will einen Garten

Meine Frau will einen Garten

Titel: Meine Frau will einen Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Matzing
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mehr sein können, denn ich finde
es anregend, wenn man sich ein neues Viertel erobern muss, den neuen Bäcker, die neuen Kinos, die neuen Kneipen, die neuen Wege, das neue Stadtviertelgefühl. Umzüge sind toll. Den letzten Umzug ausgenommen. Aber das Auto hätte dort, wo es stand, nun mal nicht stehen dürfen.
    Es war so: Mein Patenonkel betreibt eine Spedition. Ehrensache, dass er meine Umzüge organisiert. Leider schickt er uns immer Möbelpacker, die meines Erachtens polizeilich gesucht werden. Meiner Erfahrung mit Möbelpackern zufolge gibt es in dieser Branche eine klare Hierarchie. Ganz oben stehen die, die noch Zähne haben. Dann kommen die Zahnlosen. Und darunter rangieren die polizeilich Gesuchten. Die kommen, seit ich mit Pia zusammen bin, zu uns. Sie kamen auch diesmal zum Umzug in die Ismaninger Straße, um sieben Uhr früh, mit einem Außenaufzug. Nur hatten sie vergessen, den Seitenstreifen rechtzeitig fürs Parken sperren zu lassen. Das machten sie erst jetzt.
    Acht Autos standen dort, der Außenaufzug konnte nicht aufgebaut werden. Im Laufe des Vormittags verschwanden sieben der acht Autos. »Das eine kann stehen bleiben«, sagte der Chef der polizeilich Gesuchten. Als Erstes bugsierten sie unser altes Klavier nach oben über den ratternden Aufzug. Aber irgendwie war es nicht richtig gesichert. Fast oben im dritten Stock angekommen, fiel das Klavier wie ein Meteorit nach unten. Unten stand das achte Auto. Ein Mercedes. Das Klavier schlug darin ein. Das Auto war platt.

    Die polizeilich Gesuchten sagten: »Das Auto steht im Parkverbot. Selbst schuld.«
    Und das war erst der Beginn eines katastrophalen Umzugs, der damit endete, dass ich einer weinenden Pia versprach: »Das war jetzt garantiert unser letzter Umzug.«
    »Es sei denn«, sagte Pia und schnäuzte sich anrührend, »wir ziehen in ein Haus, in dem wir für den Rest unseres Lebens bleiben können.« So am Boden zerstört kann Pia gar nicht sein, dass sie vergessen würde, ein Haus mit Garten und Ewigkeitsanspruch bei einer sich bietenden Gelegenheit in Position zu bringen.

    In diesem Winter, der besonders scheußlich war, kalt und nass, mit einem heulenden Wind, den man von meinem Heulen wegen der Heizkosten, die er mit sich brachte, gar nicht mehr unterscheiden konnte, habe ich jedoch eine Idee. Im Frühjahr wächst die Idee. Und im Mai überrasche ich Pia mit der ultimativen Lösung all unserer Probleme: Ich habe draußen vor dem Tor, weit, weit draußen vor der Stadt München und ihrer lebensgefährlichen Urbanität voller Treppenstufen und Parkplatzsuchern ein Wochenend- und Ferienhaus gemietet.
    Schon das Wort »Ferienhaus« begeistert mich. Es ist das Gegenteil von Traumhaus. Großartig ist aber auch, dass in Ferienhaus der Urlaub nicht vorkommt. Ich finde, Urlaub klingt nach Rucolasalat. Klingt nach Reiserücktrittsversicherung, nach Urlaubsantrag, den man ablehnen kann, Urlaub klingt nach komplizierten Brückentage-Berechnungen
und einem Gespräch mit dem Chef. Ferien: Das ist dagegen schon mal ein Plural. Der Urlaub, aber: die Ferien.
    Ferien klingen deshalb nicht nur nach Meer, sondern auch nach mehr. Ferien klingen nach »Ferien auf Saltkrokan« oder nach »Monsieur Hulot macht Ferien«. In dem Wort stecken immer noch andere Sehnsüchte als nur die nach freien Tagen mit drin. Vor allem aber haust darin das Fernweh. Deshalb ist ein Ferienhaus so schön. Es besteht aus den Ferien, also aus Fernweh - und zugleich aus Haus, also aus Heimweh. Im Ergebnis: sehnsuchtsvolles Heimweh oder heimwehkranke Sehnsucht.
    Ein solches Ferien- und Wochenendhaus sollte Pia und mich aussöhnen. Meine Sehnsucht und ihr Heimweh sollten endlich wieder glücklich miteinander sein. Genauso wie ihr Sinn für den Alltag und meine Neigung, aus allem ein Wochenende machen zu wollen.
    Außerdem habe ich schon immer davon geträumt: von einer mondänen Existenz zwischen Stadtwohnung und Landsitz. Ich miete also ein kleines, unsaniertes Bauernhaus im Bayerischen Wald. So weit entfernt von Kitzbühel wie möglich, daher so preiswert wie nötig.
    Das Aussöhnhaus funktioniert eigentlich ganz gut. Bis zum Winter. Der ist wieder so kalt, als wollte er die Klimakatastrophe als Erfindung der Medien verunglimpfen.
    Jetzt ist es offenkundig: Das Bauernhaus ist deshalb so erstaunlich billig, weil es außer einem Kamin keine
Heizquelle besitzt. Übrigens auch keine Wärmeisolierung und kein Bad. Ich finde das im Grunde romantisch.
    Pia sagt dazu: »Blödsinn.« Sie ist ein

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