Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meine Freundin, der Guru und ich

Meine Freundin, der Guru und ich

Titel: Meine Freundin, der Guru und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Sutcliffe
Vom Netzwerk:
Liz.
    Der Rikschafahrer ließ seinen Motor aufheulen. Liz blätterte fieberhaft ihr Bündel Banknoten durch, auf der Suche nach einem kleinen Schein.
    »Kannst du ihm was geben?«
    »Ich dachte …«
    »FANG JETZT NICHT DAMIT AN«, schnappte sie giftig. Nach dem Streit mit den Rikschamännern brannten ihr die Sicherungen jetzt offensichtlich um einiges schneller durch. Zumal sie immer noch keinen Hut besaß.
    Just in diesem Augenblick drehte sich der Fahrer um und beschimpfte den Bettler auf Hindi. Der Junge ignorierte ihn, im sicheren Gefühl, daß er kurz davor war, Geld zu bekommen.
    Der Fahrer fuhr fort das Kind anzuschreien, während ich in meiner Hosentasche nach einer Münze fahndete. Gerade als der Verkehr sich wieder in Bewegung zu setzen begann, hatte ich endlich eine gefunden und drückte sie dem Jungen in die Hand. Die anfahrende Rikscha fegte jedoch das Handgelenk des Jungen beiseite, und ich sah die Münze durch die Luft fliegen.
    Ich drehte mich rasch um und stellte fest, daß das Kind mitten auf der Straße kniete und dem ausweichenden und hupenden Verkehr keinerlei Beachtung schenkte, der nur zentimeterweise an ihm vorbeischrammte. Während wir uns entfernten, sah ich noch, wie ein anderer Junge sich an der Suche auf dem Asphalt beteiligte und wie es zu einem Gerangel kam, nachdem einer der beiden die Münze gefunden und aufgehoben hatte.
     
    Bei unserer Rückkehr ins Hotel fanden wir Jeremy mit einem Buch in der Hand auf der Veranda sitzend vor.
    »Und, habt ihr's geschafft?« fragte er.
    »Gerade so«, gab ich zurück.
    »Wieviel habt ihr für die Rikscha bezahlt?«
    »Fünfzehn«, platzte Liz los, bevor ich noch antworten konnte.
    »Und zwanzig auf dem Rückweg«, ergänzte ich.
    »Nicht schlecht«, sagte Jeremy. »Bißchen mehr Übung noch, und ihr seid dabei.«
    »Was liest du denn da?« fragte Liz.
    »Die Gita«, erwiderte er und hielt eine Ausgabe der Bhagavadgita in die Höhe.
    »Oh, wow«, sagte Liz.
    »Taugt es was?« fragte ich.
    Er sah mich von oben herab an. »Taugen? Mein Junge, wir reden hier von der Gita. Ich meine, genausogut kann man fragen, ob die Bibel was ›taugt‹.« Er unterstrich die Anführungszeichen mit einer Fingerbewegung.
    »Weiß nicht. Hab sie nie gelesen. Denke mir mal, sie hat ein paar gute Stellen.«
    Jeremy wandte sich demonstrativ von mir ab und richtete seine Bemerkungen fortan nur noch an Liz.
    »Es ist das Buch. Da steht alles drin, was man über Indien wissen muß. Man kann nicht hierherkommen und es nicht lesen.«
    »Ich dachte, der Lonely Planet wäre das Buch. Ist die Bhagavadgita jetzt besser als der Lonely Planet ? Hat das was mit den Preisen zu tun?«
    Sie ignorierten mich alle beide.
    »Kann ich's mir ausleihen, wenn du fertig bist?« fragte Liz.
    Jeremy lachte in sich hinein.
    »Mit der Bhagavadgita ist man nie fertig. Ich weiß gar nicht, wie oft ich sie schon gelesen habe. Hier.« Er schloß das Buch und warf es ihr zu. Es war kein besonders guter Wurf, aber es gelang ihr, das Buch zu fangen. Sie schaute ihn etwas verdutzt an. Er lächelte sie an. »Von mir«, sagte er. »Wenn du so willst: mein Einführungsgeschenk. Was Indien anbetrifft.« Er verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Vielleicht gibst du mir ja irgendwann mal eines von deinen Büchern, wenn du Lust hast.«
    Im Tausch für seine dünne Ausgabe der Bhagavadgita – sechzig Seiten stark und voller Eselsohren – bekam er eine neue, ungelesene Ausgabe von Oscar und Lucinda.
     
    »Wir haben entschieden, was wir machen wollen«, sagte Liz.
    »Ach ja?« sagte Jeremy.
    »Wir werden uns an unseren ursprünglichen Plan halten. Es ist einfach zu heiß hier unten, und der Monsun ist auf dem Vormarsch. Also machen wir uns auf in die Berge. Wir dachten, Simla sei ein guter Ort als erster Zwischenstopp.«
    »Simla?«
    »Hältst du das für eine gute Idee?«
    »Du mußt das tun, was sich für dich richtig anfühlt, Liz. Ich kann dir nicht sagen, wo du hingehen sollst.«
    »Wieso – stimmt irgendwas nicht mit Simla?«
    »Geh dahin, wohin dich dein Gefühl trägt, Liz. Dafür bist du hier. Es gibt kein richtig oder falsch.«
    »Das meinte ich nicht. Ich wollte nur …«
    »Fahrt einfach. Erholt euch.«
    »Willst du vielleicht… mitkommen?«
    NEIN! Nein – das konnte sie nicht machen. Nicht Jeremy.
    Das hielt ich nicht aus.
    »Würd ich wirklich gern.«
    Neiiiin!
    »Aber leider kann ich nicht.«
    »Warum nicht?« fragte Liz. »Ich dachte, du kannst

Weitere Kostenlose Bücher