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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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Anführer der Bande mit dem widerlichen Grinsen und der tiefen Narbe im Gesicht, und wie der mit dem Schwarzhändler in Katzenfellen verhandelt hatte, einem ekelhaft schmierigen, gräßlich dicken Kerl mit einer Knollennase und aufgedunsenen Backen. Obwohl die Chancen zwanzig zu eins gegen ihn standen, sei es ihm, Peter, schließlich aber doch gelungen, den Verbrechern zu entkommen und sich unbemerkt davonzustehlen, um endlich wieder zu Jennie zurückzukehren.
    Doch Peter wußte, daß er das auch nicht tim konnte. Erstens wußte er sehr gut, daß es ihm überhaupt nicht möglich sein würde, Jennie anzulügen, selbst wenn er es für nötig halten sollte, was er im Grunde seines Herzens gar nicht tat. Und zweitens war es keine sehr gute Geschichte, die er sich da ausgedacht hatte.
    Das einzige, was ihm zu tun übrigblieb, war also, daß er zunächst mal zum Cavendish Square zurücklief — er hatte jedoch keine Ahnung, wie lange er dazu brauchen würde, denn er wußte nicht einmal, wo er sich gerade befand — und wenn er dort ankam, sofort in die Katzenherberge ging, sich Jennie stellte, mit der ganzen Angelegenheit reinen Tisch machte und sie bat, ihm zu verzeihen.
    Er stellte fest, daß er sich bereits wesentlich besser fühlte, seit er diesen Entschluß gefaßt hatte, und ohne sich auch nur damit aufzuhalten, sich etwas zu säubern oder etwas Eßbares aufzutreiben, setzte er sich in Trab und lief, mitunter auch in großen Sätzen oder kurzen Galopps, in südwestlicher Richtung weiter, in der, wie sein Instinkt ihm sagte, der Cavendish Square liegen mußte. Aber er hatte sich nicht klargemacht, wie weit man in drei Tagen laufen konnte, auch wenn man so oft eine Unterbrechung machte, wie Lulu und er das getan hatten, und es war schon fast Nacht, als Peter, müde, hungrig und mit heftigschmerzenden Pfoten — seine weichen Ballen hatten sich auf dem harten Steinpflaster so wundgerieben, daß sie beinahe bluteten — endlich sein Ziel erreichte. Da er ja aus dem Norden von London kam und den Platz also von der Harley Street aus betrat, waren es nur noch wenige Schritte bis zu dem ausgebrannten Haus von Nr. 38, und rasch schlüpfte er durch den schmalen Spalt unter der losen Planke wieder hinein. Das Herz klopfte ihm bis zum Hals herauf, und außerdem hatte er ein höchst unbehagliches Gefühl im Magen.
    Was er dann drinnen wahrnahm, trug nur dazu bei, dieses Gefühl noch zu verstärken, denn das Asyl kam ihm plötzlich so merkwürdig fremd vor; dabei hatte er sich bestimmt nicht in der Hausnummer geirrt, und außerdem gab es ja an dieser Seite vom Platz auch nur das eine ausgebombte Haus. Es sah jetzt am späten Abend auch genau so aus wie vor drei Tagen mit den in tiefem Schatten liegenden Außenwänden und Mauernischen und den von Gras und Moos bewachsenen Trümmern und Treppenstufen, und doch wirkte es irgendwie verändert.
    Und dann sah Peter, woran das lag. Das Asyl schien jetzt von lauter anderen Katzen bewohnt zu sein. Der zitronengelbe Hector war nicht mehr da und auch nicht Mickey Riley. Und Ebony, Pounce Andrews, die kleine grauhaarige Limpy und Tiggo und Smily konnte Peter auch nirgends entdecken. Einige der Katzen, die jetzt da herumwimmelten, sahen seinen Freunden zwar ähnlich, als er sie aber in der Nähe betrachtete, fiel ihm auf, daß sie sich in der Größe und in der Figur, in der Farbe und Zeichnung ihres Felles deutlich von ihnen unterschieden, vor allem aber durch ihr Verhalten ihm gegenüber. Er war für sie ein Fremder. Sie kannten ihn nicht. Ja, es war kein Zweifel mehr möglich, daß unter den Bewohnern der Herberge ein großer Wechsel stattgefunden hatte.
    Bedrückt ging Peter zu dem gemütlichen kleinen Quartier zurück, das Jennie und er am Abend ihrer Ankunft bezogen hatten. Es lag zwar jemand drin, doch die Augen, die ihn unter dem schützenden Mauersims hervor anfunkelten, waren nicht Jennies freundliche und klare hellschimmernde Augen, sondern zwei kühl und feindselig dreinschauende, ambrafarbene kugelrunde, und als er noch einen Schritt näherkam, wurde er mit einem dumpfen Knurren begrüßt und vernahm die wohlbekannte Warnung: «Achtung! Unbefugten ist das Betreten verboten!»
    Das Asyl stand zwar allen obdachlosen Katzen offen, aber Peter fühlte sich nicht dazu aufgelegt, mit dem neuen Bewohner dieses Schlafquartiers darüber zu streiten, zumal sich dieser als ein ungewöhnlich großer narbenübersäter Kater entpuppte, mit hartem Gesicht und einem kirschfarbenen, auf dem Rücken

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