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Meine Freundin Jennie

Meine Freundin Jennie

Titel: Meine Freundin Jennie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Gallico
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gehört haben wir euch auch», ließ sich Mutzi wieder vernehmen, «wie du ihr Süßholz vorgeraspelt hast und sie dir ihr albernes Gedicht vorgetragen hat.»
    «Und dann so einfach mit ihr wegzulaufen!» fügte Putzi hinzu. «Wir sind sofort zu Jennie gegangen und haben es ihr erzählt.»
    «Oh!» rief Peter, dem jetzt ganz traurig und schwer ums Herz wurde. «Was hat sie denn gesagt?»
    Die Schwestern lächelten selbstgefällig, und Putzi antwortete: «Sie sagte, das glaube sie nicht, und daß wir uns geirrt haben müßten.»
    «Wir haben ihr aber geraten», bemerkte Mutzi, «sofort hier wegzugehen, weil du nicht gut genug für sie bist. Aber sie wollte ja nicht auf uns hören und erklärte, daß sie hierbleiben und auf dich warten wolle, weil sie überzeugt sei, du würdest bald zurückkommen.»
    «Aber wir wußten, daß du das nicht tun würdest», rief Putzi triumphierend aus, «und das haben wir ihr auch immer wieder gesagt. Diese Exotin — jeder kennt sie hier in der Nachbarschaft! Ach, so dumm kann auch nur ein Mannsbild sein, auf so eine dämliche Pute hereinzufallen! Na, jetzt kannst du die Suppe ausfressen, die du dir eingebrockt hast. Als es Nacht wurde, hatte Jennie ja wohl begriffen, daß wir uns nicht geirrt hatten, denn am nächsten Morgen war sie fort. Seitdem haben wir sie nicht mehr gesehen, und ich finde, es geschieht dir ganz recht!»
    «Jetzt möchtest du sie wohl gar zu gern wiederhaben, wie?» bemerkte Mutzi höhnisch.
    «O ja», sagte Peter, dem es nicht einmal etwas ausmachte, daß diese selbstgefälligen Klatschbasen von einem Schwesternpaar sehen konnten, wie nahe ihm die Geschichte ging.
    «Ja, ich möchte sie schrecklich gern wiederhaben», erklärte er. «Und ich würde alles dafür geben, wenn ich nur wüßte, wo ich sie finden kann.»
    «Du wirst sie aber nicht finden», sagten beide Schwestern wieder wie aus einem Mund. «Sie hat diese Gegend für immer verlassen.» Und dann wandten sie sich ab, ließen Peter einfach stehen und liefen über den Schutt und das Unkraut auf ihren Schlafplatz zu, mit hochgerecktem, zitterndem Schwanz, der ihre Empörung deutlich zum Ausdruck brachte.
    Noch nie hatte Peter sich so elend gefühlt, selbst damals nicht, als er in einen Kater verwandelt worden war und Nanny ihn aus dem Haus geworfen hatte — denn damals hatte er Jennie Baldrin noch nicht gekannt. Jetzt wußte er erst, daß es nichts Schlimmeres gab, als jemanden zu verlieren, den man liebgewonnen hat, daß man sich dann noch viel einsamer und unglücklicher fühlen kann als je zuvor. Und er wußte natürlich auch, daß er es verdiente.
    Doch am meisten bangte sich Peter um Jennie, die nur an ihn gedacht hatte, so sehr, daß sie um seinetwillen sogar ein Heim aufgab, in dem es ihr an nichts fehlte, und die sich ihm zuliebe von den einzigen Menschen getrennt hatte, denen sie von Herzen zugetan war. Denn Peter hatte sich durch die gleichmütige Art, mit der sie ihren Entschluß, bei ihm zu bleiben, als selbstverständlich abgetan hatte, nicht täuschen lassen. Er wußte sehr genau, daß es Jennie durchaus nicht leicht gefallen war, dieses Opfer zu bringen, aber sie hatte sich dazu überwinden können, weil sie ihn liebte. Und wie übel hatte er ihr das vergolten!
    Er verließ die Herberge, ohne eigentlich zu wissen, was er tat, oder zu sehen, wohin der Weg führte, denn Tränen der Reue über seine Gedankenlosigkeit und sein unverantwortliches Verhalten trübten ihm den Blick. Und als die Laternen am Cavendish Square angezündet wurden, trottete er langsam fürbaß und gelobte sich, nicht eher zu ruhen, bis er Jennie irgendwo aufgestöbert haben würde, und wenn er sie bis an sein Lebensende suchen müßte, denn das wollte er ihr wenigstens mit seinem letzten Atemzug noch sagen können, daß er sich nichts Böses dabei gedacht hatte, als er mit Lulu fortgelaufen war, und daß Jennie allein sein Herz besitze.
    Irgendwo mußte er sie doch schließlich finden, dachte er, aber er wurde wieder ganz mutlos bei dem Gedanken, wie ungeheuerlich groß London doch war mit seinen Millionen von Menschen und Häusern und all den unzähligen Winkeln und Ecken, wo eine kleine Tigerkatze mit einem weißen Fleck am Hals und auf dem Gesicht und so lieben freundlichen Augen sich verkriechen konnte, um mit ihrem Herzenskummer allein zu sein.
    Doch irgendwo mußte er nun anfangen, nach ihr zu suchen. Und vielleicht — ach, vielleicht war sie ja doch nur um die Ecke gelaufen und zu den Pennys zurückgekehrt. Warum

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