Meine Freundin Jennie
du immer bei mir bleibst, Jennie! Und ich werde mich in diesem Kampf auch behaupten, denn du hast mich ja gelehrt, wie man kämpft.»
Bei diesen Worten flössen Jennies Tränen nur noch reichlicher, bis Peter sie schließlich anflehte, sie möge sich doch beruhigen, und sie bestürzt fragte, warum sie so jämmerlich weine. «Weil ich solche Angst habe, Peter», erklärte sie, «bei dem Gedanken, daß du mit ihm kämpfen wirst. Denn bei einem solchen Kampf gibt es keinen Pardon. Dempsey hat um mich gefreit, und wenn du nicht willst, daß er dich tötet, mußt du ihn töten. Anders kann dieser Kampf nicht enden. Und, ach, Peter, Dempsey ist so groß und stark und so roh, und es ist noch keinem gelungen, ihn zu besiegen. Und sollte er dich töten, würde ich das nicht überleben. Und deshalb glaube ich, ist es besser, wenn ich zu ihm gehe. Ich könnte es nicht ertragen, daß dir etwas zustößt, Peter, begreifst du das nicht? Laß mich lieber gehen...»
«Nein», sagte Peter, «ich bin schließlich auch kein Schwächling und...»
«Natürlich bist du das nicht», sagte Jennie rasch, «aber du bist doch nunmal eigentlich ein Junge, und vielleicht liebe ich dich gerade deshalb nur um so mehr, aber wenn außer mir auch niemand weiß, daß du nicht immer ein Kater gewesen bist, bleibt das doch eine Tatsache, die wir beide nicht vergessen dürfen. Dempsey hingegen ist schon als Kater auf die Welt gekommen und ist nicht nur schrecklich brutal, sondern kennt auch jeden faulen Trick, mit dem er seinen Gegner zu überrumpeln vermag. Und dieser Gefahr will ich dich nicht aussetzen, Peter. Mit der Zeit wirst du mich schon vergessen...»
«Nein», sagte Peter wieder, «und ich will dich nicht gehen lassen. Ich werde um dich kämpfen, wie es das Gesetz will, und ich werde Dempsey töten!» Doch unwillkürlich fügte er hinzu: «Wenn er mich nicht tötet...», denn im Grunde seines Herzens war er sich doch nicht ganz sicher, ob er aus diesem Kampf als Sieger hervorgehen würde. Er wußte jetzt, daß es etwas ganz anderes war, sich Dempsey zu einem Kampf zu stellen, der darüber entscheiden sollte, bei wem Jennie Baldrin in Zukunft bleiben würde, als im Spiel oder auch halb im Ernst miteinander zu raufen, sei es bei irgendwelchen Streitigkeiten über die Vorrechte derjenigen, die sich zuerst irgendwo niedergelassen hatten, oder über das Betreten gewisser umstrittener Gebiete, weil alle diese Kämpfe genau nach den Spielregeln ausgefochten wurden oder sogar abgebrochen werden konnten.
Bei seinem Kampf gegen Dempsey aber gab es keine Spielregeln, keine Finten und keine Verstellung; da konnte man sich nicht einfach abwenden oder, wenn man es für nötig hielt, eine kleine Pause einzulegen, sich schnell ein bißchen putzen; da konnte keine Rede davon sein, daß man, nur aus Freude am Sport, einen Vorteil nicht wahrnahm oder nur so tat, als wolle man dem anderen ein Bein stellen; nein, da war jede großmütige Geste und jedes ritterliche Verhalten fehl am Platz, da mußte man sich mit Zähnen und Krallen seiner Haut wehren und dem Gegner rücksichtslos zu Leibe rücken, bis man ihn zur Strecke gebracht hatte — oder selber zur Strecke gebracht wurde.
Und jetzt verstand Peter auch, warum Jennie die ganze Zeit so bedrückt gewesen war, jetzt wurde ihm klar, wie sehr sie ihn lieben mußte und wie sehr sie sich bemüht hatte, ihr schreckliches Dilemma dadurch zu lösen, daß sie sich selber preisgab, um ihn zu schützen. Aber er war sich ebenfalls klar darüber, daß ihm gar nichts anderes übrigblieb, als den Kampf mit Dempsey zu wagen und sowohl um Jennies als auch um seiner selbst willen seine ganze Kraft aufzubieten, um den Sieg davonzutragen.
Gleichzeitig wurde er sich noch einer anderen Empfindung bewußt: Obwohl er sich durchaus nicht sicher war, ob es ihm gelingen würde, über einen so abgebrühten und allgemein gefürchteten starken Gegner zu triumphieren, zumal wenn er daran dachte, wie übel Dempsey ihn bei ihrem ersten Zusammenstoß zugerichtet hatte, stellte Peter fest, daß er vor dem Zweikampf, der ihm jetzt bevorstand, keineswegs zurückschreckte, wie immer er auch enden mochte, sondern ihn sogar herbeiwünschte. Es wäre schon immerhin etwas, wenn er es diesem Dempsey noch heimzahlen könnte, bevor er daran glauben mußte.
«Mach dir keine Sorgen, Jennie», sagte er zuversichtlich. «Du wirst nicht mit Dempsey fortgehen müssen. Ich habe gar keine Angst vor ihm.»
Als sie ihn das sagen hörte, verwandelte sich
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