Meine Freundin Jennie
entdecken — und verfehlen, wobei sich dann etwas herausstellte, was ihre Pläne ernstlich hätte gefährden können. Es war ihm niemals aufgedämmert, und auch Jennie hatte es versäumt, darüber nachzudenken oder gar bei ihren Erwägungen zu berücksichtigen, daß Peter, obwohl er ja wie ein Kater aussah und allem Anschein nach auch einer war und jedenfalls lernte, sich wie ein solcher zu benehmen, nicht die geringste Ahnung hatte, wie man die schwierige und so wichtige Aufgabe anpackte, eine Maus zu fangen.
Tatsächlich sollte nur der glückliche Umstand, daß sozusagen in der letzten Minute noch eine weitere Stückgutladung eintraf und die Gräfin von Greenock in dieser und auch in der nächsten Nacht noch nicht auslief, es ihnen ermöglichen, diesem Mangel wenigstens bis zu einem gewissen Grade abzuhelfen, was wirklich ein Segen war, denn Aberglauben hin, Aberglauben her — mit einer Katze, die sich als unfähig erwies, jene schädlichen Nagetiere zu fangen, würde man auf einem Frachtdampfer gewiß nicht viel Federlesens machen.
Die peinliche Entdeckung erfolgte, als Jennie Peters Aufmerksamkeit auf ein leises Kratzen und Knabbern lenkte, das plötzlich an der anderen Seite des Proviantraums zu hören war. Erregt flüsterte sie ihm zu: «Seht! Eine Maus! Da drüben bei der Kekskiste! Schau zu, daß du sie erwischst!»
Peter starrte angestrengt durch die Dunkelheit, und bald erblickte er das graue Tierchen auch, wie es um die Ecke einer großen Blechkiste lugte, auf der HUNTLEY & PALMERS LTD., READING stand; zweifellos war es ein Mäuserich, ein ausgewachsener dreister Bursche mit einem gierigen Gesicht, unverschämt langen Schnauzhaaren und frechen kleinen Augen, so schwarz wie Jettperlen.
Peter war so darauf aus, Jennie zu beweisen, was für ein tüchtiger Kater er war, wenn man ihm nur Gelegenheit dazu gab, daß er gar nicht erst zum Sprung ansetzte oder sich die Zeit nahm, die Entfernung abzuschätzen, geschweige denn irgendwelche Hindernisse und die Ausweichmöglichkeiten der Maus in Betracht zu ziehen. Ohne jede Überlegung schleuderte er sich in einem einzigen Schwung mit voller Wucht durch die Luft — mit gespreizten Krallen und weit geöffnetem Maul, um seine Beute sogleich ergreifen zu können.
Als Peter landete, war natürlich keine Maus mehr da.
Und nicht nur das, sondern seine Zähne schnappten ins Leere und auch seine Pfoten bekamen nichts zu fassen, und da er überdies die Entfernung falsch oder vielmehr gar nicht abgeschätzt hatte, bumste er mit dem Kopf hart gegen die Kante der Blechkiste, was aber alles nichts daran änderte, daß er das Gefühl hatte, sich schrecklich blamiert zu haben.
Doch als die Maus sich vorübergehend in Sicherheit brachte, beging auch sie einen verhängnisvollen Fehler, indem sie es unterließ, hinter der Kekskiste Deckung zu suchen. Statt dessen piepste sie in panischem Entsetzen laut auf und rannte nach der anderen Seite hinüber, und im nächsten Augenblick schnellte Jennie wie ein in Pelz gehülltes Geschoß durch die Luft, die Vorderpfoten ausgestreckt und die Krallen entblößt, und teilte bereits im Sprung nach rechts und links rasch hintereinander kurze scharfe Hiebe aus. Als sie ihr Ziel erreicht hatte, prasselten ihre Schläge so heftig auf die Maus nieder, daß diese gar nicht wußte, wie ihr geschah: Jennie schleuderte ihr Opfer erst nach der einen und dann zurück nach der anderen Seite, warf die Maus dann hoch und schlug noch ein paarmal nach ihr, bevor sie sie dann mit dem Maul auffing, und ehe noch Peter aus seiner Verwirrung wieder zu sich gekommen war und sein Gleichgewicht wiedergefunden hatte, war schon alles vorüber.
«Ach je», sagte Jennie, als sie die Maus fallen ließ, «daran hatte ich nicht gedacht. Natürlich konntest du nicht wissen, wie man das macht. Woher solltest du auch? Aber wir werden in eine schöne Patsche geraten, wenn man uns hier entdeckt, bevor du wenigstens eine Ahnung davon hast. Und ich weiß nicht, wieviel Zeit uns noch bleibt. Immerhin...»
Peter fand endlich seine Sprache wieder und schrie zunächst vor lauter Ärger und Enttäuschung zornig auf. «Du meine Güte», sagte er dann gereizt, «gibt es denn überhaupt nichts, was ich tun kann? Muß ich denn alles erst lernen?»
«Im Grunde ist es nur eine Sache der Übung», beschwichtigte ihn Jennie. «Selbst wenn man schon als Katze auf die Welt gekommen ist, muß man ständig trainieren. Darauf kommt es vor allem an und natürlich — so ungern ich diesen
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