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Meine geheime Autobiographie - Textedition

Meine geheime Autobiographie - Textedition

Titel: Meine geheime Autobiographie - Textedition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Twain
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die man uns im Empfangszimmer warten ließ, musste Susy in ihren
feuchten Kleidern dasitzen; dann wurde sie zu einem Zimmer ohne Kamin geführt, wo sie, wie sie
berichtet hat, abermals warten musste. Der Name des Präsidenten ist mir entfallen, und das tut mir
leid. Er ließ sich erst blicken, als es für mich an der Zeit war, vor diesem großen Garten
lieblicher junger Blüten das Podium zu betreten. Da stieß er zu mir, stieg mit mir aufs Podium und
wollte mich vorstellen. Ich sagte in etwa:
    »Sie haben mir bis jetzt erlaubt, ohne Ihre Hilfe zurechtzukommen,
und wenn Sie sich vom Podium zurückziehen wollen, werde ich versuchen, auch das Übrige auf die
gleiche Weise zu erledigen.«
    Ich
habe ihn nie wieder gesehen, aber die Erinnerung an ihn ist mir verhasst. Natürlich übertrug sich
mein Groll nicht auf die Studentinnen, und so verbrachte ich eine unvergessliche Zeit damit, für sie
zu lesen. Und ich glaube, sie unterhielten sich ebenso gut, denn sie reagierten »wie ein Mann«, um
Susys unübertreffliche Wendung zu benutzen.
    Mädchen sind reizende Geschöpfe. Ich werde zweimal siebzig Jahre
werden müssen, bevor ich meine Meinung dazu ändere. Heute Nachmittag soll ich vor einigen von ihnen
einen Vortrag halten, einer Gruppe Studentinnen am Barnard College (dem Annex der Columbia
University für das weibliche Geschlecht), und ich denke, mit diesen Schätzchen werde ich eine ebenso
angenehme Zeit verbringen wie mit den Mädchen von Vassar vor einundzwanzig Jahren.
    Donnerstag, 8. März 1906
    Vortrag am Barnard College – Thema Moralgesetze – Brief von
Captain Toncrays
Bruder – Mr. Clemens’ Antwort, Vorbild für Huckleberry Finn sei Tom Blankenship
gewesen – Toms Vater, der Stadtsäufer – Schildert Toms Charakter –
Indianer Joes Tod – Der Sturm, der in jener Nacht hereinbrach – Der Vorfall
mit den episkopalischen Kirchendienern und ihren Besserungsvorhaben –
Mr. Dawsons Schule in Hannibal – Arch Fuquas große Begabung
    Genau so war es auch. Es ging sehr herzlich und ausgelassen zu.
Miss Taylor und zwei andere reizende Mädchen begleiteten mich von diesem Haus – 9. Straße, Ecke
Fifth Avenue – über den Central Park und den Riverside Drive zum College und hätschelten und
tätschelten mich die ganze Strecke gemäß den Bedingungen, die ich Miss Taylor und Mrs. (Professorin)
Lord abverlangt hatte – nämlich dass man mich gut hegen und pflegen möge. Miss Russell, Präsidentin
von Barnard, ist jung und schön. Ich fand heraus, dass die Dekanin, Miss Hill, vor vielen Jahren,
als sie im dritten Jahr am Smith College war, zu meinem Bekanntenkreis gehört hatte. Wir betraten zu
dritt die Bühne. Im Parkett und auf der Empore drängte sich dicht an dicht die Jugend, Schönheit und
Gelehrsamkeit von Barnard – ein hübscher Anblick.
    Ich legte meine Uhr vor mich hin, hatte selbst die Zeit im Blick
und gestattete mir eine Stunde. Ich hielt einen Vortrag über Moralgesetze, und so schärfte ich sie
diesen Mädchen ein, legte sie ihnen feierlich, eindringlich, ja flehentlich ans Herz – mit
Beispielen versehen – mehr Beispiele als Moralgesetze –, und noch nie zuvor war es mir
untergekommen, dass ein derart ernstes Thema so viel Lärm hervorgerufen hätte.
    Es folgte ein Empfang. Ich hatte das
Privileg, jeder Einzelnen die Hand zu schütteln, fühlte mich ganz zu meiner Zufriedenheit
geschmeichelt, und das sagte ich ihnen auch. Alle beteuerten, meine Lektionen seien ihnen
nahegegangen und fortan würden sie ein besseres Leben führen.
    Seit dreißig Jahren erhalte ich im Jahr durchschnittlich ein
Dutzend Briefe von Fremden, die sich an mich erinnern oder deren Väter sich an mich als Knaben oder
jungen Mann erinnern. Aber diese Briefe sind fast immer eine Enttäuschung. Ich kenne weder diese
Fremden noch ihre Väter. Die Namen,die sie nennen, habe ich noch nie gehört;
die Erinnerungen, auf die sie mich aufmerksam machen, sind nicht Teil meiner Erfahrung; all das
bedeutet, dass diese Fremden mich mit jemandem verwechseln. Heute Morgen jedoch habe ich endlich
einmal einen herzerquickenden Brief von einem Mann erhalten, der mit Namen hantiert, die mir in
meiner Kindheit vertraut waren. Der Briefschreiber hat eine Meldung beigefügt, die seit vier, fünf
Wochen durch die Presse geht, und möchte wissen, ob sein Bruder Captain Toncray wirklich das Vorbild
für Huckleberry Finn war.
     
    »HUCKLEBERRY FINN« TOT

    Vorbild für
Mark Twains berühmte Romanfigur führte ruhiges Leben in

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