Meine geheime Autobiographie - Textedition
zweihundertfünfundzwanzig von ihnen abgeschlachtet wurden,
und das versah sie mit Schmerz und Trauer für die Nacht – zweifellos fanden sie nicht einmal Trost
und Erleichterung in dem Wissen, dass sie unterdessen vier ihrer Feinde getötet und einige mehr an
Ellbogen und Nase verwundet hatten.
Die letzte Überschrift lautet:
»Leutnant Johnson durch explodierende Granate vom Kraterrand
geschleudert.
Leitet beherzt den Angriff.«
Leutnant Johnson beherrschte die Überseetelegramme von Anfang an.
Er und seine Verwundung haben Funken darin gesprüht wie der schlangenförmige Feuerfaden, der sich
durch das steife schwarze Fasergewebe eines verkohlten Papierfetzens brennt. Man fühlt sich an
Gillettes Farce von vor einigen Jahren erinnert,
Zu viel Johnson
. Offenkundig war Johnson
der einzige Verwundete auf unserer Seite, dessen Verletzung als Werbung dienen konnte. Sie hat in
der Welt für mehr Aufsehen gesorgt als irgendein ähnlich gewaltiges Vorkommnis, seit Humpty Dumpty
von der Mauer fiel und sich weh tat. Die offiziellen Kriegsberichte wissen nicht, was sie mehr
bewundern sollen, Johnsons anbetungswürdige Wunde oder die neunhundert Morde. Die Verzückungen, die
für anderthalb Dollar das Wort vom Hauptquartier der Armee auf der anderen Seite des Erdballs zum
Weißen Haus herüberdringen, haben eine ähnliche Verzückung in der Brust des Präsidenten entfacht.
Anscheinend war der untödlich Verletzte ein Rough Rider unter Oberstleutnant Roosevelt bei San Juan
Hill – jener Vergeltung für Waterloo –, als der Colonel des Regiments, der jetzige Generalmajor Dr.
Leonard Wood, zur Nachhut ritt, um blaue Bohnen heranzuschaffen, und den Kampf verpasste. Für jeden,
der bei jenem blutigen Zusammenstoß militärischer Sonnensysteme dabei war, hat der Präsident ein
warmes Plätzchen in seinem Herzen, und so verlor er keine Zeit, dem verwundeten Helden zu kabeln:
»Wie geht es Ihnen?«, und erhielt die gekabelte Antwort: »Danke, gut.« Das ist historisch. Das wird
der Nachwelt überliefert werden.
Johnson wurde von einer Kugel in die Schulter getroffen. Die Kugel befand sich
in einer Granate – denn der Bericht besagt, dass der Schaden von einer explodierenden Granate, die
Johnson vom Kraterrand schleuderte, verursacht wurde. Die Menschen im Loch hatten keine Artillerie;
folglich war es unsere eigene Artillerie, durch die Johnson vom Kraterrand geschleudert wurde. Und
somit ist historisch verbürgt, dass der einzige unserer Offiziere, der eine für Werbezwecke
taugliche Wunde davontrug, sie von unserer Hand, nicht von der des Feindes empfing. Es ist mehr als
wahrscheinlich, dass wir, hätten wir unsere Soldaten nicht in die Schussbahn der eigenen Waffen
gestellt, aus der außergewöhnlichsten Schlacht der Geschichte ohne auch nur einen Kratzer
hervorgegangen wären.
Mittwoch, 14. März
1906
Das Gemetzel an den Moros wird fortgesetzt –
Mittagessen für George Harvey –
Meinungen der Gäste zum Kampf mit den Moros – Telegramm von General
Wood, der erklärt und entschuldigt – Was geschah mit den Verwundeten? –
Präsident Roosevelts Freude über die hervorragende Leistung – Die Art,
wie er Wood zum Generalmajor ernannte – McKinleys Freude über die
Gefangennahme Aguinaldos
Die unheilvolle Lähmung
geht weiter. In den Leserbriefspalten hat es einen leichten Sprühregen – einen extrem leichten
Sprühregen – erboster Rüffel für den Präsidenten gegeben, weil er das feige Massaker eine
»großartige Heldentat« nannte und unsere Schlächter dafür rühmte, auf einzigartige Weise »die Ehre
der Flagge hochgehalten zu haben«; doch in den Leitartikeln der Zeitungen ist nicht einmal ein
Anflug von Geraune über die Heldentat zu finden.
Ich hoffe, dieses Schweigen wird anhalten. Es ist nicht weniger
beredt, beschädigend und wirksam als die empörteste Stellungnahme, glaube ich. Wenn man bei Lärm
einschläft, schlummert man friedlich weiter; sobald der Lärm jedoch aussetzt, wird man von der
Stille geweckt. Dieses Schweigen hält nun schon seit fünf Tagen an. Gewiss wird es die schläfrige
Nation bald wecken. Gewiss wird die Nation sich fragen, was es zu bedeuten hat. Einfünftägiges Schweigen, das auf ein weltbewegendes Ereignis folgt, hat es auf diesem Planeten
seit Erfindung der Tageszeitung noch nicht gegeben.
In einer Herrenrunde, die gestern Mittag zur Verabschiedung von
George Harvey einberufen wurde, der heute eine Urlaubsreise nach Europa antritt, drehte sich das
Gespräch einzig und
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