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Meine geheime Autobiographie - Textedition

Meine geheime Autobiographie - Textedition

Titel: Meine geheime Autobiographie - Textedition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Twain
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nahm ich auch meinen Gefreiten wieder wahr. Er stampfte, klatschte, brüllte und gestikulierte wie ein Mann, der völlig verrückt geworden ist. Als endlich wieder Ruhe einkehrte, blickte er mit Tränen in den Augen zu mir auf und sagte:
    »Bei Gott! Er hat sicht
nicht
abhängen lassen!«

    Meiner eigenen Rede war die riskante Auszeichnung des Ehrenplatzes zuteil geworden. Sie war die letzte auf der Liste, eine Ehre, die vermutlich noch nie jemand angestrebt hat. Ich kam erst um zwei Uhr morgens an die Reihe. Doch als ich mich erhob, wusste ich, dass zumindest ein Punkt für mich sprach: Meine Rede würde auf jeden Fall die Zustimmung von neun Zehnteln der anwesenden Männer finden und die Zustimmung aller Frauen, ob verheiratet oder ledig, die sich in Grüppchen in den verschiedenen Türöffnungen zusammendrängten.
    Ich erwartete, dass die Rede gut ankommen würde – und das tat sie auch.
    Ich spielte auf General Sheridans vergleichsweise junge Zwillinge und auf verschiedenes andere an, was darauf abzielte, Schwung in meine Rede zu bringen. Die Rede enthielt nur eine Äußerung, die mir Sorgen machte, und zwar genau an der Stelle, wo sie im Fall einer Katastrophe nicht mehr entfernt werden konnte.
    Es war der letzte Satz meiner Rede.
    Ich hatte das Amerika fünfzig Jahre später heraufbeschworen, mit einer Bevölkerung von zweihundert Millionen Seelen, und mir gerade vorgestellt, dass der Präsident, die Admiräle und so weiter der kommenden großen Zeitenjetzt noch irgendwo in ihren über die ungeheure Weite dieses Landes verstreuten Wiegen lägen, und dann sagte ich: »Und in diesem Moment ist der illustre künftige Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitmacht in seiner Wiege unter der Flagge so unbeschwert von kommender Größe und Verantwortung, dass er die ganze Kraft seines strategischen Genius dazu benutzt, eine Möglichkeit zu finden, wie er seinen großen Zeh in den Mund stecken kann – etwas, worauf, ohne ihm zu nahe treten zu wollen, vor sechsundfünfzig Jahren auch der illustre Gast dieses Abends seine ganze Aufmerksamkeit verwandt hat –«
    Und hier verstummte, wie ich es erwartet hatte, das Gelächter, und an seine Stelle trat ein schauderndes Schweigen – offensichtlich war ich einen Schritt zu weit gegangen.
    Ich wartete ein, zwei Augenblicke, bis sich das Schweigen gesetzt hatte.
    Dann wandte ich mich an den General und fügte hinzu:
    »Und wenn das Kind nichts weiter ist als der Vater des Mannes, dann gibt es nur sehr, sehr wenige, die bezweifeln, dass es Erfolg hatte.«
    Die Zuhörer waren wie erlöst: Denn als sie sahen, dass der General vor Lachen platzte, taten sie es ihm voller Begeisterung nach.
    [Ein Besuch mit W. D. Howells bei General Grant]
    Howells
    1881
    Howells schrieb mir, sein alter Vater, der weit in den Siebzigern ist, sei sehr besorgt wegen seines armen kleinen Konsulats oben in Quebec. Jemand, der mit dem Grad an Armut, den eine rücksichtsvolle und wohltätige Vorsehung ihm bereits hatte angedeihen lassen, nicht zufrieden war, strebte danach, sie noch zu vergrößern, indem er das Konsulat in Quebec erwarb. Howells dachte, wenn wir General Grant dazu bewegen könnten, bei Präsident Arthur ein Wort für den alten Mr. Howells einzulegen, ließe sich das Vorhaben, ihn aus seiner Position zu verdrängen, womöglich vereiteln. Aus diesem Grund kam Howells auf meinen Vorschlag hin zu mir, und wir fuhren nachNew York, um dem General die Angelegenheit vorzutragen. Wir suchten ihn in der Wall Street Nummer 2 auf, dem Hauptsitz von Grant & Ward, Börsenmakler.
    Ich erläuterte ihm den Fall und fragte, ob er nicht ein paar Worte auf eine Karte schreiben würde, die Howells nach Washington mitnehmen und dem Präsidenten überreichen könnte.
    Wie gewöhnlich aber war General Grant ganz er selbst – will sagen bereit, ja entschlossen, sehr viel mehr zu tun, als worum man ihn zu bitten die Stirn hatte. Augenscheinlich kommt er niemandem auf halbem Wege entgegen: Neun Zehntel des Weges legt er freiwillig selbst zurück. »Nein«, sagte er, er werde mehr zustande bringen, und zwar mit Freuden: In wenigen Tagen fahre er nach Washington, um mit dem Präsidenten zu dinieren, er werde mit ihm reden und die Sache zu seiner persönlichen Angelegenheit machen. Da General Grant niemals ein Versprechen vergisst, ja nicht mal den Schatten eines solchen, tat er wie versprochen, und binnen einer Woche traf ein Schreiben von Außenminister Mr. Frelinghuysen ein, in dem es hieß, der alte Mr.

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