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Meine geheime Autobiographie - Textedition

Meine geheime Autobiographie - Textedition

Titel: Meine geheime Autobiographie - Textedition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Twain
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im Grunde den Anfang eines zwölf Meter langen und vier Meter breiten
     Korridors mit drei Dreifachglastüren zur Terrasse darstellt. Der Korridor mündet in
     ein Speisezimmer und das Speisezimmer in zwei große Räume dahinter, alle mit
     Glastüren zur Terrasse. Wenn die Türen, die diese sieben Räume und den Korridor
     verbinden, aufgestoßen werden, ergibt die sechzig Meter lange Flucht buntgemischter
     Teppichböden mit ihrem wettstreitenden und lästerlich grellen Farbtumult eine
     schöne, nahezu befriedigende fliehende Perspektive, und man erkennt, dass, wenn eine
     geistig gesunde Person das Privileg und die Gelegenheit gehabt hätte, die
     vorhandenen Teppichböden zu verbrennen und an ihrer Stelle farbliche Harmonie
     herzustellen, die dergestalt veränderte Perspektive sehr schön wäre. Über jeder der
     elf Glastüren befindet sich ein Duplikat im nächsten Stockwerk. Drei mal zwei Meter
     aus Glas. Und über jeder dieser Türen im obersten Stockwerk ein kleineres Fenster –
     dreiunddreißig brauchbare Öffnungen für Licht an der Ostfront des Hauses, dieselbe
     Anzahl an der Westfront und neun größere an jeder Seitenfront des Hauses.
     Sechsundfünfzig dieser vierundachtzig Fenster enthalten mehr als doppelt so viel
     Glas wie das Durchschnittsfenster eines amerikanischenWohnhauses, und doch ist das Haus keinesfalls entsprechend hell. Ich weiß
     nicht, warum, vielleicht wegen der miserablen Bespannung der Wände.
    Die Villa di Quarto ist
     ein Palast; Cosimo erbaute sie als solchen, seine Architekten planten sie als
     solchen; sie ist stets als Palast betrachtet worden, und neulich erzählte mir ein
     alter Bewohner aus Florenz, sie sei ein gutes Beispiel für einen italienischen
     Durchschnittspalast des Hochadels, und das Groteske wie das Barbarische, die
     Stilbrüche wie der Mangel an Komfort fänden sich auch bei den übrigen. Das will ich
     gern glauben, denn einige der anderen habe ich gesehen.
    Ich denke, es gibt in
     diesem ganzen Gewirr von Zimmern und Sälen und Korridoren und Kammern und leeren
     Räumen nicht
ein
Zimmer, das nicht das eine oder andere Andenken an jeden
     seiner illustren Bewohner enthielte, zumindest an zwei oder drei.
    Wir wollen den Salon am
     Kopf jener langen Perspektive, die ich beschrieben habe, untersuchen. Die gewölbte
     Decke ist wunderschön, sowohl der Form wie der Gestaltung nach. Sie ist mit
     gefälligen und kunstvollen Fresken verziert. Die Decke ist ein Andenken an Cosimo.
     Die Türen sind mit schwerer blassblauer und schwach gemusterter Seide drapiert, das
     ist ein Relikt des Königs von Württemberg. Die glänzend weiße, mit Messingbändern
     geschmückte Porzellanpagode, die einen offenen Holzkamin enthält, ist ein
     Überbleibsel der russischen Prinzessin und eine Erinnerung an ihre heimischen
     Erfahrungen mit kaltem Wetter. Die hellgraue, mit goldenen Blumen gemusterte Tapete
     könnte auf einen jeden zurückgehen – uns liegt nichts daran, ihre Abstammung zu
     erraten. Der Rest des Zimmers ist offenkundig die Folge seiner Inbesitznahme durch
     die Gräfin Massiglia. Seine grellen Disharmonien und Unordnungen haben offenkundig
     in diesem chaotischen Geist ihren Ursprung. Der Fußboden ist mit einem filzähnlichen
     Belag von so schreiendem Rot überzogen, dass man fast meint, das Heer des Pharaos
     darin ertrinken zu sehen. Vier Teppiche liegen verstreut wie Inseln, brutale
     Teppiche, deren Farben einander und das Rote Meer verfluchen. Es gibt ein mit grobem
     Stoff bezogenes Sofa, ein Rausch aus Grün und Blau und Blut, eine billige
     untrügliche Imitation florentinischerStickerei. Es gibt ein
     Sofa und zwei mit blassgrüner gemusterter Seide bezogene Stühle, das Holz von drei
     verschiedenen Arten amerikanischer Walnussbäume, billig, minderwertig, maschinell
     gefertigt. Es gibt ein Sofa aus französischem Walnussholz, bezogen mit gemusterter
     Seide von einer teuflischen Farbe wie zerdrückte Erdbeeren, nur reichlich
     verblichen, und es gibt einen Gefährten, einen Sessel. Es gibt einen schlichten und
     kahlen schwarzen Walnussholztisch ohne eine Decke, die seine Nacktheit verbirgt;
     darunter eine große runde Ottomane, die mit blassester blassgrüner Seide bedeckt
     ist, eine Art besserer Pilz, der mit aller Macht das Rote Meer, die erbosten
     Teppiche und die Relikte aus zerdrückten Erdbeeren verflucht. Vor der Wand steht ein
     hoher Bücherschrank mit Glastüren, maschinell gefertigt – das Material
     amerikanisches

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