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Meine geheime Autobiographie - Textedition

Meine geheime Autobiographie - Textedition

Titel: Meine geheime Autobiographie - Textedition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Twain
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Anzeigen in einem unveränderten Setzschiff unterbrachten und sie dort schlafen, ruhen und ihr Einkommen vermehren ließen. Wenn jemand protestierte, nachdem er in der Hoffnung, seine Anzeige zu sehen, die Zeitung durchgeblättert hatte, sagten sie: »Wir tun unser Bestes.« Hin und wieder erschienen die Anzeigen sogar, doch die ganze Zeit führte das unveränderte Setzschiff sein Geschäft der Münzprägung fort. Nach einer Weile wurde das Territorium von Nevada zu einem Staat erklärt, um einigen Leuten, die ein Amt benötigten, ein solches zu verschaffen, und irgendwann warf die Zeitung, die jährlich zwanzig- bis vierzigtausend Dollar für die Jungs abgeworfen hatte, gar nichts mehr ab. Vermutlich waren sie froh, die Zeitung loszuwerden – wahrscheinlich zu den alten Bedingungen – an irgendeinen Gesellen, der bereit war, die Schulden in Höhe von vierzehn Dollar zu übernehmen und sie, sobald er konnte, zu begleichen.
    Die Jungs gingen wieder als Schriftsetzer nach San Francisco. Es waren reizende Kerle, immer auf Spaß aus, und das bedeutete, dass alle ihr Geldbekamen, nur sie selber nicht. Und kurz bevor die Bonanza entdeckt wurde, traf Joe Goodman von wo auch immer er sich aufgehalten hatte ein – ich nehme an, um Geschäfte zu machen, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen oder dergleichen –, und kam zu mir, um sich dreihundert Dollar zu leihen und damit nach San Francisco zu reisen. Und wenn ich mich recht erinnere, hatte er keinerlei Aussichten, glaubte jedoch, sie eher dort unter den alten Freunden zu finden als anderswo, und so ging er nach San Francisco. Dort kam er eben noch rechtzeitig an, um Jones (dem späteren US-Senator) zu begegnen, der ein reizender Mann war. Jones traf sich mit ihm und beteuerte unter vier Augen: »In Nevada ist eine große Entdeckung gemacht worden, und ich bin Insider.« Denis war Schriftsetzer in einem der Büros dort. Er war verheiratet und baute gerade ein Holzhaus, das $ 1800 kosten sollte, einen Teil hatte er bereits bezahlt, den Rest baute er auf Raten von seinem Lohn. Jones sagte: »Ich werde Sie und Denis auf Vertrauensbasis an der großen Bonanza beteiligen. Ich bin Insider, ich werde die Sache beobachten, und wir werden das Geld mit Gewinnmarge investieren. Wenn ich dann sage, es ist Zeit zu verkaufen, wird es notwendig sein zu verkaufen.« Und so stellte er den beiden Jungs Gewinnmargen von 20 Prozent in Aussicht – und das ist die Zeit, als sich der große Boom ereignet haben muss, der die Aktien mit Schwung bis zu den Sternen sandte –, denn als das geschah, sagte Jones, so wie mir die Geschichte von Joe Goodman erzählt wurde, zu Goodman und Denis: »Jetzt verkaufen Sie. Sie können $ 600   000 herausholen, jeder von Ihnen, und das reicht. Verkaufen Sie.«
    »Nein«, wandte Joe ein. »Sie werden steigen.«
    Jones erwiderte: »Ich bin Insider, Sie nicht. Verkaufen Sie.«
    Joes Frau flehte ihn an zu verkaufen, aber er wollte nicht. Denis’ Familie flehte ihn an zu verkaufen. Denis wollte nicht verkaufen. So ging es zwei Wochen. Jedes Mal, wenn die Aktien in die Höhe schossen, versuchte Jones die Jungs zum Verkauf zu bewegen. Sie wollten nicht. Sie sagten: »Sie werden steigen.« Als er sagte: »Verkaufen Sie für $ 900   000«, entgegneten sie: »Nein, sie werden auf eine Million steigen.«
    Dann begann der Aktienkurs rapide zu fallen. Nach einer Weile verkaufte Joe und kam mit $ 600   000 in bar davon. Denis wartete auf die Million, bekamjedoch keinen Cent. Sein Anteil wurde für »Schlamm« verkauft – so dass er mit leeren Händen dastand und wieder als Schriftsetzer arbeiten musste.
    Das ist die Geschichte, wie sie mir vor vielen Jahren erzählt wurde – ich glaube, von Joe Goodman, ich weiß es nicht mehr. Denis starb bald verarmt – er bekam keinen Boden mehr unter die Füße.
    Joe Goodman ging sofort ins Maklergeschäft. $ 600   000 waren zwar ein hübsches Kapital, doch er war noch nicht so weit, sich zur Ruhe setzen zu können. Er schickte mir die dreihundert Dollar und sagte, er habe mit dem Maklergeschäft begonnen und mache Geld wie Heu. Lange Zeit hörte ich nichts mehr von ihm; dann erfuhr ich, dass er mit der bloßen Maklerei nicht zufrieden war, sondern auf eigene Faust spekuliert und alles, was er besaß, verloren hatte. Als das geschah, lieh ihm John Mackay, schon immer ein guter Freund von Unglücksraben, $ 4000, um eine Traubenplantage in Fresno County zu kaufen, und Joe zog dorthin. Er verstand nichts vom Traubenanbau, aber

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