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Meine geordnete Welt oder Der Tag an dem alles auf den Kopf gestellt wurde

Titel: Meine geordnete Welt oder Der Tag an dem alles auf den Kopf gestellt wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Crowley Knut Krueger
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einem Keks, ohne die beiden aus den Augen zu lassen.
    Plötzlich erwachte Miss Fleeta Bell zum Leben. »Ich bin hier in Jumbo geboren worden. An einem klaren, sonnigen Tag im April. Meine Mutter hatte nicht genug Milch für mich, also hat sie mir Milch von unserer alten Stute Anabelle gegeben.«
    Allgemeines Schweigen.
    »Ja, wo bist du eigentlich geboren, Grandma?«, fragte Bug. »Das hast du uns wirklich nie erzählt.«
    Grandma winkte ab und brummte irgendwas vor sich hin.
Bug lächelte. Mit einem eigentümlichen Gesichtsausdruck nahm Veraleen den Teller, der bestimmt für Biswick war, und ging auf die Hintertür zu. Als sie auf der Schwelle stand, sagte Grandma: »Man sollte im Leben nicht zurückblicken, das rührt nur alles wieder auf.« Veraleen verließ die Küche in aufrechter Haltung und knallte die Tür hinter sich zu. Die Erschütterung hallte so lange nach wie das Brennen der Wange nach einer Ohrfeige.
    Ich schaute auf die Uhr. Es war Zeit für meine sonntägliche Müllrunde. Danach liege ich immer auf meinem Bett und lese Romane. Ich schnappte mir zwei Würstchenpasteten und schlich auf Zehenspitzen zum Hinterausgang, bevor Grandma es bemerkte. Sie starrte aus dem Fenster, als ich die Küche verließ.
     
    An diesem Abend aßen wir dasselbe wie am Morgen, weil vom Kochduell zwischen Grandma und Veraleen noch so viel übrig geblieben war, dass man ganz Texas hätte satt bekommen können. Veraleen war rechtzeitig wiedergekommen, um gemeinsam mit Grandma die verschiedenen Gerichte aufzuwärmen und wieder herzurichten. Einträchtig standen sie nebeneinander am Herd, als wäre nie etwas vorgefallen, doch unterschwellig brodelte es zwischen ihnen.
    Jemand folgte mir. Ich dachte, ich hätte das Haus unbemerkt verlassen, aber das war wohl ein Irrtum. Ich wollte allein sein. Allein und doch nicht allein. Das ist schwer zu erklären. Ich hatte keine Lust, mit jemandem zu reden. Und die einzige Person, mit der ich gemeinsam schweigen konnte, war Onkel Dal. Also schlich ich jetzt durch die dunklen Straßen, passierte Leroy und Louis Smeather, ließ Sheriff Bupp hinter mir und ging schließlich an Lorelei vorbei, die gerade im Badezimmer stand und eine neue Frisur ausprobierte, mit der sie uns morgen überraschen würde.

    Da hörte ich Schritte hinter mir. Ich ging ein Stück zur Seite und versteckte mich hinter einem Baum. Jemand blieb kurz stehen und ging dann weiter.
    Ich sprang hinter dem Baum hervor. »Biswick?«, rief ich der schmalen Gestalt im Dunkeln zu.
    Stille.
    »Bug?« Ich roch ihr Love’s-Baby-Soft-Parfüm, bevor sie antwortete.
    »Ja, ich bin’s.«
    »Was machst du so spät noch hier?«
    »Was machst du so spät noch hier?«
    »Mach, dass du nach Hause kommst, oder ich sag’s Daddy.«
    »Dann sag ich’s Grandma«, konterte Bug.
    »Die sitzt in Mamas Sessel und lockt Schmeißfliegen an«, erwiderte ich.
    »Dann weck ich sie eben auf«, entgegnete Bug.
    Die ultimative Drohung.
    »Du bist hier überflüssig!«
    »Oh Merilee, warum bist du nur immer so?«
    Ich ging weiter. Bug heftete sich an meine Fersen.
    »Kein Wort!«, warnte ich sie.
    »Hab sowieso keine Lust zu reden.« Schweigend setzten wir unseren Weg fort, lauschten dem Zirpen der Zikaden und dem entfernten Brummen der Autos. Der Himmel war hell erleuchtet, die Sterne schienen zum Greifen nahe.
    Schließlich erreichten wir das Grundstück von Onkel Dal. Ein schwacher Lichtkeil drang unter dem Scheunentor hindurch.
    Ich stieß es auf, woraufhin Bug und ich hineinspazierten. Eine nackte Glühbirne hing von einem Dachsparren und warf ein gespenstisches Licht auf die Statue.
    »Onkel Dal?«, rief Bug. Er saß vollkommen regungslos in seinem Ohrensessel. Flynn schlief neben ihm auf dem Boden
und öffnete jetzt ein Auge. Onkel Dal lächelte. Bug sprang auf seinen Schoß.
    »Was macht ihr Mädchen so spät noch hier?«, fragte er. Seine Stimme war sehr leise, selbst für seine Verhältnisse.
    »Daddy ist noch nicht vom Krankenhaus zurückgekommen«, antwortete Bug. Sie entzog sich ein wenig seiner Umarmung. »Wann wirst du mit deiner Statue fertig, Onkel Dal?«
    Ich glaube, niemand hat ihn das je direkt gefragt. Niemand hätte das gewagt. Doch Bug ist immer für eine Überraschung gut.
    Im fahlen Licht der Scheune sahen Onkel Dals Augen trauriger aus als sonst.
    »Irgendwann...«, antwortete er.
    Etwas veranlasste mich, abrupt meinen Kopf zu drehen, doch die Statue sah immer noch unverändert aus. Ich kannte diesen Fuß in- und auswendig, jede

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