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Meine gute alte Zeit - Teil I

Meine gute alte Zeit - Teil I

Titel: Meine gute alte Zeit - Teil I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Zeit waren solche Dinge Verstöße gegen die guten Sitten. Doch da Dr. Huxley der gesuchteste Arzt in Torquay war und man von Mrs Hu x ley wusste, dass sie »gute Verbindungen« hatte, galten die Mädchen als »gesel l schaftsfähig«.
    Aus heutiger Sicht gesehen, war die gesellschaftliche Struktur jener T a ge doch recht sonderbar. Eine gewisse snobistische Einstellung gegenüber seinen Mitmenschen war wohl vorha n den; andererseits wurde eine bestimmte Art von Snobismus verachtet: Leute, die allzu häufig den Adel im Munde führten, lehnte man ab und lachte sie aus. Ich habe in meinem Leben drei verschiedene, aufeina n derfolgende Phasen beobachten können. In der ersten lauteten die Fragen etwa so: »Aber me i ne Liebe, wer ist sie denn eigentlich? Wo kommt sie her? Ist sie eine von den Yorkshire Twiddledos? Natürlich geht es ihnen schlecht, sehr schlecht sogar, aber sie ist eine geborene Wi l mot.« Darauf folgte dann: »Ach ja, natürlich sind es schreckl i che Leute, aber reich.« – »Haben die Leute, die ›The Larches‹ gekauft haben, Geld?« – »Na ja, dann sol l ten wir sie eigentlich besuchen.« Die dritte Phase war wieder anders. »Aber sind es auch amüsante Menschen?« – »N a türlich geht es ihnen nicht sehr gut, und niemand weiß, wo sie herkommen, aber sie sind sehr, sehr am ü sant.« Nach dieser Abschweifung in soziale Wertvorste l lungen zurück zum Orchester.
    Ob wir wohl einen furchtbaren Radau machten? Ve r mutlich. Aber wir hatten eine Menge Spaß dabei und e r weiterten unser musikalisches Wi s sen. Und das Spielen im Orchester führte zu etwas noch Aufregenderem: die Aufführung einer komischen Oper von Gilbert und Sull i van.
    Die Huxleys und ihre Freunde hatten bereits Patience auf die Bühne gebracht – das war, bevor ich mich ihnen a n schloss. Als nächstes Stück war The Yeomen of the Guard geplant, ein recht ehrgeiziges Unterfangen. Ich wundere mich noch heute, dass ihre Eltern ihnen nicht davon a b rieten. Aber Mrs Huxley war ein Muster an Zurückha l tung, wofür ich sie bewunderte, denn Eltern waren d a mals nicht sonderlich zurückhaltend. Es wu r den also die Rollen ordnungsgemäß verteilt. Ich besaß eine kräftige Sopranstimme, die einzige Sopranstimme, die sie ha t ten, und war n a türlich im siebenten Himmel, als man mir die Rolle des Obersten Fairfax anbot.
    Es gab eine kleine Schwierigkeit mit Mutter, die in ihren Ansichten, womit ein Mädchen, wenn sie in der Öffen t lichkeit erschien, ihre Beine bedecken konnte und womit nicht, ziemlich altmodisch war. Beine w a ren Beine und eindeutig unfein. Ich – in so etwas wie kurzen Hosen auftreten? Äußerst u n schicklich, meinte Mutter. Ich war damals dreizehn oder vie r zehn Jahre alt und schon 1,67 Meter groß. Bedauerl i cherweise war von jenem vollen und üppigen Busen, den ich mir in Cauterets erhofft ha t te, noch nichts zu sehen. Die Uniform des Yeoman wu r de gebilligt, wenn auch mit sackartig herabhängenden Golfhosen, aber der elisabethanische Edelmann bot gr ö ßere Schwierigkeiten. Es klingt heute läppisch, aber d a mals war es ein richtiges Problem. Doch wie auch i m mer: Mutter löste es, indem sie ihr Einverständnis gab – unter der Vorau s setzung, dass ich, über eine Schulter geworfen, einen kaschierenden Umhang trüge. Also wurde aus e i nem Stück türkisfa r benem Samt ein Umhang gefertigt. Es ist nicht gerade leicht, mit einem Umhang aufz u treten, der von der einen Schulter fällt und über die andere g e worfen wird, sodass dem Publikum der unzüchtige A n blick der Beine mehr oder weniger verbo r gen bleibt.
    Soweit ich mich erinnern kann, hatte ich kein Lampe n fieber. Für e i ne entsetzlich schüchterne Person, die es sehr oft kaum über sich bringt, einen Laden zu betreten, und die Zähne zusammenbeißen muss, bevor sie auf e i ner großen Party ihren Einzug hält, ist es doch recht so n derbar, dass es eine Tätigkeit gab, bei der ich überhaupt nie nervös war: beim Singen. Als ich später in Paris Kl a vier und Gesang studierte, verlor ich völlig die Nerven, wenn ich bei einem Schulko n zert Klavier spielen musste; hatte ich zu singen, war ich die Ruhe selbst. Keine Frage, dass The Yeomen of the Guard einen Höhepunkt in me i nem Dasein darstellte. Aber es war vielleicht ganz gut, dass wir keine weiteren Opern aufführten – ein Erlebnis, das e i nem einen echten Hochgenuss beschert, soll man nicht wiederh o len.
     
     
    2
     
    Es muss irgendwann im März gewesen sein, als

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