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Meine gute alte Zeit - Teil I

Meine gute alte Zeit - Teil I

Titel: Meine gute alte Zeit - Teil I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Mutter die Bemerkung fallen ließ, dass Madge ein Baby erwart e te. »Madge ein Baby?« Ich kann mir auch heute noch nicht erklären, warum mir nie der Gedanke g e kommen war, meine Schwester könnte ein Baby bekommen – in meiner Umgebung wurden ständig Babys geboren – aber es ist immer überraschend, wenn diese Dinge in der eig e nen Familie passi e ren. Ich hatte meinen Schwager James – oder Jimmy, wie ich ihn nannte – begeistert willko m men geheißen und konnte ihn gut leiden. Dies aber war ein E r eignis völlig anderer Art.
    Wie üblich brauchte ich eine Weile, um die Nachricht zu verdauen. Vermutlich saß ich zwei Minuten oder auch länger mit offenem Mund da. »Oh, das wird aufregend sein!«, sagte ich dann. »Wann kommt es denn? Nächste Woche?«
    »So bald nun auch wieder nicht«, antwortete Mutter. »Irgendwann im Oktober.«
    »Oktober?« Ich war tief bekümmert. Noch so lange warten zu mü s sen! Ich kann mich an meine damalige Einstellung zu Sex – ich war zwölf oder dreizehn – nicht mehr deutlich eri n nern, aber ich glaube nicht, dass ich immer noch die Theorie von Ärzten mit schwarzen T a schen oder himmlischen Besuchern mit Flügeln akze p tierte. Ich wusste mittlerweile schon, dass es ein phys i scher Vorgang war, der aber in mir weder Neugier noch Interesse wachrief. Ich hatte mir me i ne eigene kleine Theorie zurechtgelegt. Zuerst war das Baby im Körper drin, und nach einer g e wissen Zeit war es draußen. Ich dachte über den Mechanismus der En t wicklung nach und kam zu dem Schluss, dass der Nabel der Kernpunkt der Sache sein müsse. Wozu sonst sollte es gut sein, dieses runde Loch in meinem Bauch? Es schien keinen anderen Zweck zu haben, also musste es etwas mit der Produkt i on von Babys zu tun haben.
    Später erzählte mir meine Schwester, dass sie sehr pr ä zise Vorstellu n gen gehabt hatte. Sie hatte gedacht, dass der Nabel ein Schlüsselloch wäre, dass es einen passe n den Schlüssel dazu gäbe, der von der Mutter aufbewahrt und dann dem Ehemann übergeben wurde, der das Schloss in der Hochzeitsnacht öf f nete. Das klang sehr vernünftig, und ich wu n derte mich nicht, dass sie an ihrer Theorie eisern festhielt.
    Ich ging mit der Neuigkeit in den Garten hinaus und dachte lange da r über nach. Madge würde also ein Baby bekommen. Das war eine feine Sache, und je länger ich darüber nachdac h te, desto besser gefiel sie mir. Ich würde eine Tante werden – das klang herrlich erwachsen und bede u tend. Ich würde ihm Spielsachen kaufen, ich würde es mit meinem Pu p penhaus spielen lassen, und ich würde es davor bewahren müssen, von Christopher, meinem Kätzchen, gekratzt zu werden. Aber bis Oktober war noch eine lange Zeit.
    Irgendwann im August kam ein Telegramm, und Mu t ter musste verre i sen. Sie sagte, sie müsse eine Weile bei meiner Schwester in Che s hire bleiben. Omatante wohnte damals bei uns. Mutters plötzliche Abreise überraschte mich nicht sonde r lich, und ich dachte auch nicht darüber nach, denn was immer Mutter tat, tat sie unerwartet, a l lem Anschein nach unvorbere i tet und ohne Vorbedacht. Ich stand im Garten auf dem Te n nisplatz und suchte hoffnungsvoll die Birnbäume nach einer Frucht ab, die vielleicht schon reif wäre. Alice kam, um mich ins Haus zu holen. »Es ist gleich Essenszeit, Miss Agatha, und Sie sollen hereinkommen. Eine Neuigkeit erwartet Sie.«
    »Ach ja? Was denn für eine?«
    »Sie haben einen kleinen Neffen bekommen«, sagte Al i ce. Einen Ne f fen?
    »Aber ich sollte ihn doch erst im Oktober bekommen?«, hielt ich ihr entgegen.
    »Ja, es geht nicht immer alles so, wie man es sich denkt«, sagte Al i ce. »Kommen Sie jetzt rein.«
    Ich kam ins Haus und fand Oma mit einem Telegramm in der Hand in der Küche. Ich bombardierte sie mit Fr a gen. Wie sah das Baby aus? Wieso war es jetzt schon g e kommen, statt erst im Oktober? Oma parierte meine Fr a gen mit jener Kuns t fertigkeit, die den Viktorianern so vertraut war. Ich hatte sie offenbar bei einem obstetr i schen Gespräch mit Jane unterbr o chen, denn sie senkte sogleich die Stimme und mu r melte etwas wie »Der andere Arzt hat gesagt, man solle die Wehen ruhig kommen la s sen, aber der Spezialist blieb bei seiner Entsche i dung.« Es klang alles sehr mysteriös. Als Oma anfing, die Hamme l keule zu ze r legen, fragte ich:
    »Aber wie sieht es aus? Welche Haarfarbe hat es?«
    »Es ist wahrscheinlich kahl. Babys bekommen ihre Ha a re nicht gleich.«
    »Kahl?«, wiederholte ich

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