Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meine Oma, Marx und Jesus Christus: Aus dem Leben eines Ostalgikers (German Edition)

Meine Oma, Marx und Jesus Christus: Aus dem Leben eines Ostalgikers (German Edition)

Titel: Meine Oma, Marx und Jesus Christus: Aus dem Leben eines Ostalgikers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Steimle
Vom Netzwerk:
herrschte, wurde die Große Brustschleife verpfändet. Das brachte erstens flüssiges Geld, zweitens war sie nicht da und konnte demzufolge von keinem Feind geklaut werden.
Oft war nach dem Krieg vor dem Krieg und die Große Brustschleife ständig auf Reisen.
    Diese Geld sparende und somit Geld bringende Sonderform der Schatzrettung geht auch in Friedenszeiten. Das Haus Baden versuchte dieses mit symbolischen Verkäufen aus seinem Privatbesitz.
    Der Staat greift seinem verarmten Adel mit Hilfe der Sparkasse kräftig unter die Arme. Nach dem Verkauf gehört trotzdem alles dem Hause Baden. Und nicht nur symbolisch.
    Bitte kaufen Sie meine Schulden. Ich schenke sie Ihnen auch. Natürlich nur gegen Bares.
    Das könnte vom Hofnarr Fröhlich sein.
    Der Begriff »starke Frau« geht vermutlich auf Königin Carola von Sachsen zurück, denn sie schleppte die Große Brustschleife, dieses Ungetüm von einem Pfund Brillanten, noch 1880 durch die Gegend.
    Die Diamantengarnitur erhielt ihren Namen, weil die Steine auf eine ganz bestimmte Art geschliffen wurden. Wie der Name verrät im Rosenschliff. Er war seit dem 14. Jahrhundert bekannt und galt Ende des 17. Jahrhunderts am französischen Hof als letzter Schrei.
    Das kuppelförmige Oberteil wird in dreieckige Facetten geschliffen, die sich im Mittelpunkt treffen. Dadurch wirkt der Diamant besonders groß. Quasi mehr Schein als Sein. Brillant bezeichnet den besonderen Schliff, bei dem die größtmögliche Lichtbrechung erreicht wird und das Funkeln, Blitzen und Strahlen entsteht, eben die Brillanz. Besitzen Sie also mindestens einen Brillanten, ist der Schliff gemeint. Diamanten sind es alle, wenn Sie welche haben.
    Wenn ich bedenke, dass es innerhalb des Juwelenzimmers eine Saphirgarnitur, eine Smaragdgarnitur, eine Karneol-, dazu eine Rubingarnitur, Achat- sowie die Brillantgarnitur gab, nein gibt, dann komme ich aus dem Staunen nicht
heraus. Welch unermesslicher Reichtum liegt hier versammelt! Und der gehört nicht dem Hause Wettin. Hört! Hört! Er gehört dem Freistaat. Wir verkaufen nichts. Wir versetzen nichts. Nicht einmal symbolisch. Keinen einzigen Knopf. Eine große Anzahl von Jacken- und Westenknöpfen, mindestens 36 Stück von jeder Sorte, waren für jede Garnitur unabdingbar. Mit »Knöpfen« meinen wir in Sachsen Brillanten.
    Weiter mit unseren »Knöpfen«: Manschetten- und Hemdknöpfe, ebenso Hutschnallen, Schuhschnallen, Schnallen für die Kniehose, dazu Paradedegen und das mehrteilige Wehrgehänge. Das war die Grundausstattung aller Garnituren. Das muss man mal sich überlegen!
    Von Brillanten auf Reitpeitschen, Spazierstock, Achselschleife, Orden, Dosen, Notizbuch und einer Taschenuhr ganz zu schweigen. Wohlgemerkt: Grundausstattung einer Garnitur. Für August den Starken war das Tragen des Ordens vom Goldenen Vlies seit 1722 selbstverständlich. Den Orden gab es selbstverständlich für elf Garnituren. Und der Kurfürst trug sie auch alle. Nacheinander, natürlich über die Woche. Montags Achat, dienstags Rubin, nein mittwochs Rubin, dienstags Karneol …
    Neid ist im Abendland eine Todsünde.
    Ich will an dieser Stelle daran erinnern, welche Sehenswürdigkeiten Touristen aus aller Welt bei uns in Dresden sehen wollen.
    Es sind der Reihe nach: die Postplatzhaltestelle, die Neue Synagoge und die mittlerweile weltbekannte Luftschlösschenbrücke. Zum Dauerbrenner Volksentscheid sei gesagt: Volksentscheide werden nur dann für zulässig und gültig erklärt, wenn sie in ihrer Fragestellung und dem zu erwartenden Ergebnis der gerade herrschenden Partei den Machterhalt sichern. Das ist gefühlte Freiheit. Ganz simpel.
    Davon erholen wir uns jetzt im Elfenbeinzimmer.
    Balthasar Permoser schuf nicht nur den Zwinger, sondern auch die »Vier Jahreszeiten«.
    Der handfeste Bayer kam 1690 im Alter von 39 Jahren als Bildhauer und Elfenbeinschnitzer aus Florenz. Er war einfach genial. Manche Sandsteinfiguren im Zwinger tragen seine Gesichtszüge. Im Grünen Gewölbe ist alles eine Nummer kleiner, denn die »Vier Jahreszeiten«, hier geschnitzt aus Elfenbein, brachte er vermutlich fertig geschnitzt aus Florenz mit. Bei den Jahreszeiten fällt der Herbst sofort aus dem Rahmen. Er ist der Lebendigste aus der Gruppe. Lustvoll sich am Weine labend und völlig selbstvergessen hält er sich grad noch auf den Beinen und strahlt beseelt in die Runde. Eingepackt, abweisend und stumm hält sich Bruder Winter am Schluss des Reigens platziert.
    Nichts kann ihn erwärmen. Selbst die

Weitere Kostenlose Bücher