Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meine Oma, Marx und Jesus Christus: Aus dem Leben eines Ostalgikers (German Edition)

Meine Oma, Marx und Jesus Christus: Aus dem Leben eines Ostalgikers (German Edition)

Titel: Meine Oma, Marx und Jesus Christus: Aus dem Leben eines Ostalgikers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Steimle
Vom Netzwerk:
daher auch der Name »Großvaterbirnen«, vor dem Krieg gepflanzt hatten, damit sie nach dem Krieg was zu essen hatten.
    Verstehen Sie, es gab Zeiten, da haben die Birnen die Fahrbahn gar nicht erst erreicht, weil sie nämlich jemand zuvor gepflückt hatte. Nicht selten wurden die Birnen sogar eingeweckt.
    Ja, aufgesammelt oder vom Baum gepflückt und dann eingeweckt  – gibt’s nicht auf Facebook – da muss man sich schon selber bücken und selber pflücken.
    Und heute sind die Leute zu faul zum Bücken und Pflücken.
    Aber Biobirnen aus Chile, dafür geben wir gern mal drei Euro mehr aus … kost’ ja nüschd … Dieser Biowahn! … Gelumpe, was Tausende Kilometer unterwegs war, kann niemals Bio sein. BIO TO GO. HIRN TO GO. Basta!!
    Entschuldschen Se meine Eschowiewazion, aber ich wär dlei hochatmig bei so was. Ja, ich platz dlei. Dabei warnte meine Mutti immer: »Uwe, Lommel, lass Luft ab, du platzt gleich.« Aber jetzt rede ich: Also, passen Se’ off, der Gipfel: Für die gefällten 18 Bäume auf der Kaitzer Straße hat der Stadtrat 6 neue Birnbäume pflanzen lassen … und, Achtung, jetzt
kommt’s: fruchtlose! Aber das hat schon meine Mutti gesagt: »Uwe, here off, über die Dresdner Stadtpolitik zu schimpfen, un here off, dich zu vermaulieren, das ist fruchtlos.«
    Ja, ne … über die Stadtpolitik reden wir nicht mehr, auch nicht über die neu entstandene »Steinerne Stadt«, reden wir überhaupt gar nicht mehr. Für mich ist das: »Besatzerarchitektur in Rheinkultur.«
    45 Millionen Euro kostete allein der Umbau des Postplatzes, auf dass dort niemals mehr die Post abgeht. Ich hab’ mir sagen lassen, Architektur sei immer auch der Spiegel des Zeitgefühls. (Aha: – Glas, Sand, Stein, Stahl – kalt.) Auch dies sei noch vermerkt: Wozu Herr Schürmann in der BRD nicht kam, nämlich ganze Städte zu verschandeln, das darf er nun in unserem geliebten Dresden.
    Ohne Einfühlungsvermögen in die Atmung der Stadt scheint es Auftrag kalter Westmenschen zu sein, Dresden den Garaus zu machen. Ich habe es nicht für möglich gehalten, aber es ist schon genau zu sehen: Man kann auch durch Bauen zerstören. Wuppertal, Essen und Hannover sind schon hässlich, nun ist Dresden dran.
    Darüber herrscht Konsens bei den neuen Machthabern. Natürlich alles unter dem wohlfeilen Mäntelchen der Demokratie, einer inszenierten Mediendemokratie. Tatsächlich spielen die Medien eine ganz entscheidende Rolle in dieser Scheindemokratie, wo der Schein das Bewusstsein bestimmt.
    Aber die Ökonomie, die funktioniert perfekt. Polemisch zugespitzt etwa so:
    In der DDR wurden die Betriebe erst verstaatlicht und dann heruntergewirtschaftet und heute – hier in der BRD – läuft’s umgekehrt! … An dieser Stelle lachen bei Veranstaltungen übrigens Zuhörer aus den alten Bundesländern genau so herzlich und genau so spontan wie die aus den besetzten Gebieten.
    Aber, um wieder auf die Birnbäume zurückzukommen:
    Was meinen Sie denn, warum man in Dresden die Gaslaternen abbaut und die Bäume fällt? (Es soll ja viele geben, die daran hängen.) In Frankreich werden Manager verhaftet, und hier fällt man vorsichtshalber gleich erst mal alle Bäume und Laternen in der Innenstadt. Man weiß ja nie!
    Gerade wurde durch US-Amerikaner im Freistaat Sachsen Kupfer aufgespürt. Ja, die USA haben das Kupfer entdeckt, welches die DDR bereits 1958 gefunden hatte. Und: Fördern darf es? . . . Ein amerikanischer Konzern!
    In der Deutschen Demokratischen Republik (so viel Zeit muss sein!) gab es wunderbare Märchenschallplatten, eingesprochen von den besten Schauspielern des Landes. Ja, es war eine Auszeichnung, für Kinder arbeiten zu dürfen. Und wer noch eine solche Märchenschallplatte hat, hüten Sie diese wie einen Schatz. Eine handelt vom gestiefelten Kater. Sie wissen doch noch, wo der Kater die Landsleute auf des Königs Fragen antworten lässt. »Wem gehören die Wiesen?« Wissen Sie’s noch? »Die Wiesen gehören dem Grafen.« »Wem gehören die Wälder?« »Die Wälder gehören dem Grafen.« »Aber sagt, wem gehören die Bodenschätze?« Die Bodenschätze gehören Amerika! Tja, erst wurde Amerika von Europäern entdeckt, und nun entdeckt Amerika Europa, speziell die BRD und noch spezieller Sachsen. Unser Kupfer! Die Eroberung durch die größte Weltmacht schreitet voran, aber wir sind doch keine Indianer … Oder?

Vom Kurbrötchen zur Wellnesssemmel
    Also, bei aller Liebe, man fragt sich ja überhaupt, warum die Bahn an die

Weitere Kostenlose Bücher