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Meine Oma, Marx und Jesus Christus: Aus dem Leben eines Ostalgikers (German Edition)

Meine Oma, Marx und Jesus Christus: Aus dem Leben eines Ostalgikers (German Edition)

Titel: Meine Oma, Marx und Jesus Christus: Aus dem Leben eines Ostalgikers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Steimle
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»Romantischen Weihnachtsmarkt«, gegenüber dor Frauenkirche.
    Überhaupt fracht mor sich ja langsam: Wir haben den ältesten Weihnachtsmarkt Deutschlands, unseren Striezelmarkt, einen Mittelalterlichen Weihnachtsmarkt, aber äh, das langt alles ne. Romantik pur muss es eben oh noch sein.
    Mir sind zwar Heiden, aber Weihnachten wird glei dreima gefeiert!
    So jedenfalls entdeck’ ich gegenüber der Frauenkirche auf besagtem »romantischen« Weihnachtsmarkt einen Stand und dort dran: »Original sächsische Crepes«. Ich mein Handy gezückt, weil . . . das dloobt dir ja sonst keener … und wollte es
grad’ fotografieren, da bläkt die Dusnelda in der Bude: »Nu sachen Se ma, was machen Sie hier?!« Oh, in em Ton, also, wenn mor ne von hier is, fällt mor tot um!
    Ich sagte: »Gute Frau, nichts ist spannender als die Wirklichkeit.« »Was mein’n Sie’n?«, unterbricht se mich im Satzbau. »Nu gucken Se nur ma – sächsisch und Crepes – das schließt sich aus . . . und dazu noch original . . .«
    Da bläkt die noch e mal, aber jetzt freundlich: »Herr Steimle, das is doch ne für uns.
    Aber wenn die Wessis ni wissen, was Blinsen sinn!«
    Nu frachen Sie sich bestimmt: »Welches Wort des Jahres ment dor denne?«

Das sächsische Wort des Jahres
Teil III
    Es gilt heut’ ein Wort zu ehren, über das sich Gedanken zu machen lohnt.
    Die geringste Andeutung langt aus, um Ihre Fantasie zu beflügeln, um welches ursächsische Geheimwort es sich handelt. Deshalb gestatten Sie mir, ein klein wenig auszuholen, ohne einzuholen . . .
    Der Papierverbrauch in Deutschland ist höher als der vom gesamten Kontinent Afrika und Brasilien zusammen.
    Würden wir die nächsten 40 Jahre so weiterleben auf unserem Planeten wie bisher, wir bräuchten im Jahre 2051 fünf Erden.
    Würde jeder Millionär in der Bundesrepublik nur 5% seines Guthabens abgeben, Deutschland wäre schuldenfrei.
    Und deswegen wird in der nächsten Woche unser demokratisch gewählter Landtag in Sachsen beschließen, dass jeder sächsische Millionär verpflichtet wird, vor Schulklassen zu erklären, wie er es geschafft hat, zu eben diesen Millionen zu gelangen.
    Am 1. September war Weltfriedenstag, und keiner Zeitung, keiner Fernsehstation in der Bundesrepublik Deutschland war das eine Mitteilung wert. Warum auch? Deutsche Waffen siegten gerade über Gaddafi.
    Ich frage mich schon seit geraumer Zeit: Wie überhaupt kommt unser Öl nach Libyen?
    Ja, liebe Landsleute, es wird langsam brenzlig, unangenehm und heiß auf unserem Planeten und auch in unserer Stadt, womit wir uns unserem gesuchten Wort nähern.
    Eine Brücke für 180 Millionen Euro in Dresden – das sind 360 Millionen DM oder knapp 1 Milliarde Ostmark.
    Liebe Dresdner, für 1 Milliarde Mark hätte die Arbeiter-und Bauerndiktatur über Jahre hinweg genügend Mathelehrer ausgebildet, die uns vorgerechnet hätten, wie viele Brücken man davon hätte erwerben können.
    Und trotz alledem: Es kommen immer mehr Menschen, auch aus der ehemaligen Bundesrepublik, und schauen, wie schön es doch geworden ist, hier in den besetzten Gebieten. Natürlich, »besetzte Gebiete«, was denn sonst?
    92% der Führungskräfte – so der Stand nach 23 Jahren Kehre – kommen aus den alten Bundesländern. Wir hier sind ein besetztes Land. Wir Dresdner werden gar nicht erst gefragt. Uns wird wiederholt ein potthässlicher Monstrumsbau lieblos vor die Frauenkirche hingedladscht. In München hätte man solch architektonisches Besatzergesocks aus der Stadt gejagt ...
    Wir Dresdner aber sollen sie erdulden. Keiner hat sie gewählt, trotzdem bilden sie die angebliche Mehrheit. Das ist Demagogie. Und da red’ ich noch gar nicht von den sinnlos zum Fenster herausgeworfenen Millionen für die Zerstörung des Armeemuseums.
    Anfangs dachte ich ja noch: Ganz schön clever, treibt einfach einen Keil in unsere Geschichte! Doch nein, so musste ich lesen, so war es nicht gemeint.
    Über 45 Millionen Euro kostete der Umbau des Armeemuseums!
    Als ich neulich einen befreundeten Journalisten daraufhin ansprach und ihm klarzumachen versuchte, wie es denn sein kann, dass Millionen für den Umbau eines Museums vorhanden sind, aber kein Geld für Schulgarten, Sport- und Jugendarbeit beziehungsweise für funktionierende Schulen überhaupt, von den Lehrern ganz zu schweigen, schaute mich
der Zeitungsmacher völlig entgeistert an und bemerkte nur trocken: »Herr Steimle, das Geld für das neue Armeemuseum zahlt doch der Bund!« Aha! – Sie

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