Meine Philosophie lebendiger Gaerten
befolgt und doch gleich gewusst, dass es nicht gut aussehen würde. Sie war mehr als nur ratlos, weil sie dieses starre Denken nicht durchbrechen konnte, denn »sobald man von den Richtlinien abweicht, die von jener langen Schnur bestimmt werden«, stieß sie auf Ablehnung und Unverständnis.
Eines Tages schlich sie sich verstohlen »mit Spaten und Harke« hinaus und »hob fieberhaft ein kleines Stück Boden aus, wühlte die Erde um, säte heimlich Prunkwinden und rannte völlig erhitzt und schuldbewusst wieder zurück ins Haus … setzte eine gleichgültige Miene auf, gerade noch rechtzeitig, um meinen guten Ruf zu retten. Und warum darf man das nicht?«, fragte sie sich ganz verzweifelt. Ihr Resümee: »Hätte Eva im Paradies einen Spaten gehabt und etwas damit anfangen können, hätten wir nicht diese ganze traurige Geschichte mit dem Apfel.« 2 Ich hatte ja, bevor ich Elizabeth von Arnims Roman las, keine Ahnung, dass bereits inspirierte Menschen vor mir ganz ähnliche Erfahrungen mit dem deutschen Gartengemüt hatten, doch dies war der Beweis für mich, dass ich nur auf eine alte Tradition gestoßen war.
Gegen Geradlinigkeit und viel freien Boden zwischen den Pflanzen, um das ganze Jahr über bequem um sie herumharken
zu können, hatte sie sich aufgelehnt. Ihr Wunsch und ihre Sehnsucht galten einem wilden, geheimnisvollen Garten, mit einer schön ineinander verschlungenen Bepflanzung. In ihrem Herzen trug sie die Idee vom bezaubernden und verzauberten Dornröschengarten, in dem alles verwachsen und verwunschen ist, was allerdings oft auch in der Natur an Grenzen stößt. Denn die Natur ist nicht immer dazu bereit - ob sich nun die Rose nicht mit dem Efeu versteht oder bestimmte Pflanzen nicht zusammenkommen, weil sie sich einfach nicht mögen. Nur in unserer Vorstellung blüht zusammen, was in der Natur möglicherweise nicht zusammenpasst oder funktioniert.
Es ist ein typisches Bedürfnis der Engländer, mit Pflanzungen im Garten eine Harmonie und eine auf Erden nicht wirklich existierende Theaterbühne zu erschaffen, ein Kunstwerk, das sich da draußen so nicht ereignen würde, ohne dass der Mensch Hand angelegt hat - für mich der Inbegriff des Gärtnerns, denn es ist nicht die Aufgabe des Gartens, die Natur zu kopieren. Es geht um Vorstellungen aus unserer Fantasie, durchaus im Einklang mit der Natur, wie sie vielleicht auch im Garten Eden, im Paradies vorstellbar sind, wo all diese Dinge auf einmal wachsen würden, wo die Trauben von den Reben und die Reben in den Mund wachsen, ein Bild, das den Engländern gern vorschwebt.
Wenn man hingegen so einen Gärtner hat wie die gute Elizabeth von Arnim, der ihr Bedürfnis nach Harmonie und Einklang immer wieder zu reglementieren versucht, muss
man ihm zugestehen, dass er bemüht ist, seine Sache einfach gut zu machen, dass er - ebenfalls von Menschenhand und gegen die Natur - etwas ordnen will, gegen den befürchteten oder erlebten Wildwuchs. Dass er nur bei diesem Ordnen womöglich über die Stränge schlägt, bis die Pflanzen einzeln dastehen wie die Soldaten, klar ausgerichtet in Reih und Glied, gemustert und im optimalen Erscheinungsbild »angetreten«. Ein bisschen preußisch eben.
In den traditionellen englischen Staudenrabatten werden Stauden in Gruppen verwendet - planting in groups , Pflanzen in Gruppen. Alles zielt auf die Gesamtwirkung der Pflanzen und nicht so sehr auf die Einzelwirkung von Individuen. Wie groß diese Gruppen sind, das hängt von den Proportionen des Beetes ab: Lange, tiefe Rabatten benötigen größere Pflanzgruppen als kurze, schmale Beete. Dabei werden die Pflanzen nach Größe geordnet: Hohe Stauden gehören in den Hintergrund, die niedrigen stehen im Vordergrund. Die Gruppen sind ganz klar definiert, eng zusammengepackt und lassen keinen Platz für Unkraut. Aber wehe, eines findet dann doch seinen Weg hinein, dann sieht man nur das!
Diese Pflanzweise kennt man in England seit dem späten neunzehnten Jahrhundert, und sie hat sich relativ wenig verändert. Es war Gertrude Jekyll, die damit angefangen hat und die auch als Erste ihre Staudenbeete nach Farben zu ordnen begann. Als Künstlerin, schließlich war sie ausgebildete Malerin, war es ihr wichtig, dass das Gesamtbild der Rabatte harmonisch stimmig war. In ihren Pflanzungen ging es ihr vor allem um Ästhetik. Entscheidende Beiträge dazu lieferten
die Formen der Pflanzen und ihre Blüten, die Farbkombinationen und auch die Reihenfolge, in der die Blumen ihre Show zeigten.
Weitere Kostenlose Bücher