Meine Rechte als Nachbar
ein Lichtentzug; dieser muss jedoch durch den Überhang eintreten (LG Coburg, Beschl. v. 28.7.2008, Az. 33 S 26/08).
Schadensersatz
Der Rückschnitt der Äste ist lediglich bis zur Grundstücksgrenze zulässig. Erfolgt die Inanspruchnahme des Selbsthilferechts, ohne dass eine konkrete Beeinträchtigung vorliegt oder nachgewiesen wird, kann der geschädigte Nachbar Schadensersatzansprüche geltend machen (vgl. OLG Düsseldorf, NVwZ-RR 1992, 216).
Die Rechtsprechung billigt dem Grundstückseigentümer, dessen Anpflanzungen durch rechtswidriges Nachbarverhalten zerstört oder beschädigt wurden, Schadensersatzansprüche nach den Grundsätzen der §§ 249 ff. BGB zu. Da insbesondere eine Naturrestitution bzw. der entsprechende Geldersatz bei älteren Baum- oder Heckenbeständen nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand erreicht werden könnte, erhält die Ersatzpflicht eine Einschränkung, die sich an der Zumutbarkeitsgrenze (§ 251 Abs. 2 BGB) orientiert. Bei der Ermittlung des Schadensersatzes wird häufig auf die Methode Koch zurückgegriffen, wobei der Berechnungsmodus sicherlich nicht auf alle Fälle übertragbar ist. Zum Themenkreis vgl. Stollenwerk, NZM 2000, 958; aber auch BGH, NZM 2000,106; OLG Köln, NZM 2000, 108 und Kammergericht Berlin, NZM 2000, 109).
Hat man den Grundstücksnachbarn erfolglos aufgefordert, den Rückschnitt vorzunehmen, und wurde danach zur Selbsthilfe geschritten, stellt sich natürlich die Frage, ob der eigene Aufwand vom Nachbarn erstattungsfähig ist. Das Selbsthilferecht könnte sich auch so vollzogen haben, dass man dritte Personen (z.B. einen Gärtner) mit der Tätigkeit beauftragt hat. Kann man dann dem Nachbarn einfach die Rechnung des Gärtners mit der Bitte um Erstattung vorlegen? Grundsätzlich ja. Der Bundesgerichtshof (NJW 1986, 2641) hat in mehreren Entscheidungen eine Erstattung der Aufwendungen bejaht, weil dem Baumeigentümer durch die Selbsthilfe seines Nachbarn eigene Aufwendungen erspart bleiben. Die Geltendmachung eines Aufwendungsersatzes ist dennoch mit Vorsicht zu genießen.
Tipp
Haben Sie Ihren Nachbarn zum Rückschnitt aufgefordert, so steht ihm hierzu grundsätzlich ein Betretungsrecht an Ihrem Grundstück nicht zu. Kulanzhalber sollte ihm allerdings zu diesem Zweck das Betreten des Grundstücks gestattet werden.
Beseitigungsklage gegen den Nachbarn
Klug hat, nachdem er seinen Nachbarn zum Rückschnitt aufgefordert hat, nichts mehr gehört. Die Fristsetzung ist längst verstrichen. Er denkt aber überhaupt nicht daran, sein Selbsthilferecht auszuüben, und will vielmehr seinen Nachbarn zur Vornahme des Rückschnitts verklagen. Geht das?
Ja. Der Bundesgerichtshof hat praktisch dem Nachbarn die Möglichkeit gegeben, zwischen der Vornahme des Selbsthilferechts und der Erhebung einer Beseitigungsklage gegen den Nachbarn zu wählen. Dieser Weg ist natürlich etwas umständlicher, da er direkt zum Gericht führt, und zwar im Wege einer Beseitigungsklage nach § 1004 BGB. Voraussetzung ist auch, dass durch den Überhang eine Grundstücksbeeinträchtigung eingetreten ist. Sinnvoll ist aber auf jeden Fall, vor der Erhebung der Beseitigungsklage eine Frist für die Durchführung des Rückschnitts zu setzen und deren erfolglosen Ablauf abzuwarten. In diesem Zusammenhang ist nochmals der Aufwendungsersatz zu erwähnen.
Nach den Landesstraßengesetzen sind in aller Regel Pflanzungen im Straßenbereich (z.B. Straßenbäume) grundsätzlich hinzunehmen. Hier müssen auch zu den Nachbargrundstücken keine besonderen Grenzabstände eingehalten werden. Wenn jedoch Äste eines Straßenbaums in ein privates Nachbargrundstück hineinragen und dort eine Grundstücksbeeinträchtigung im Sinne von § 910 BGB verursacht, hat der Nachbar gegenüber den Hoheitsträger einen Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB (Rückschnitt des Astüberhangs) bzw. alternativ das Selbsthilferecht unter den in § 910 BGB genannten Voraussetzungen (OLG Celle, Urt. v. 21.10.2004, Az. 4 U 78/04).
Tipp
Bevor Sie Ihr Selbsthilferecht in Anspruch nehmen und später versuchen, Ihre Aufwendungen vom Nachbarn erstattet zu bekommen, sollten Sie direkt die Durchsetzung des Beseitigungsanspruches nach § 1004 BGB wählen. Denn die tägliche Praxis zeigt, dass ein Grundstücksnachbar in aller Regel freiwillig keine Aufwendungen erstattet. Sie müssten ihn also ohnehin zur Zahlung der Aufwendungen verklagen. In diesem Falle ist die Beseitigungsklage effektiver, weil diese direkt gegen den Nachbarn,
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