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Meine Reise in die Welt der Gewuerze

Meine Reise in die Welt der Gewuerze

Titel: Meine Reise in die Welt der Gewuerze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfons Schuhbeck
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im 11. Jahrhundert bahnte sich in Süditalien eine Wende in der europäischen Medizin an. In Salerno hatte sich um das Jahr 1000 eine Art Medizinschule gebildet, in der die wichtigsten Werke der arabischen Heilkunst ins Lateinische übertragen wurden. Auf ihrer Basis entwickelte sich rasch eine medizinische Hochschule, die streng nach der antiken Lehre der vier Körpersäfte und der vier Primärqualitäten arbeitete. Salerno wurde so zur ersten akademischen Ausbildungsstätte Europas auf dem Gebiet der Medizin, an der auch Frauen unterrichteten. Eine ähnlich große Bedeutung sollte die Übersetzerschule in der spanischen Stadt Toledo erlangen, in der unter anderem der berühmte »Canon medicinae« des arabischen Arztes Avicenna ins Lateinische übertragen wurde.
     

    Die Klöster verloren spätestens Ende des 12. Jahrhunderts ihren Rang als alleinige medizinische Autoritäten, nachdem die Konzile von Clermont (1130) und Tours (1163) dem Klerus die Ausübung des Arztberufs verboten hatten. Nach dem Kirchenrecht darf nämlich kein Mensch durch einen Kleriker sterben, doch genau das geschah bei Operationen wegen des hohen Blutverlusts und der mangelnden Hygiene vergleichsweise oft. Jetzt übernahmen die Universitäten die Medizinerausbildung, neben Salerno vor allem Paris, Montpellier, Bologna und Padua. Parallel dazu entstanden die ersten Apotheken, die selbst Kräuter kultivierten und Gewürze mischten. Im Laufe der Jahrhunderte erweiterten sie konsequent ihr Sortiment. Als der Rat der Stadt Lüneburg die Apotheke des Mathias van der Most 1475 erwarb, um sie fortan als Ratsapotheke zu führen, standen auf der Inventarliste unter anderem drei Pfeffersorten, Ceylonzimt, Zimtkassie, Nelken, Muskatnuss, Kardamom, Kreuzkümmel, Sandelholz und Tamarinde.
    Vieles veränderte sich mit der Zeit, eines aber nicht: Gewürze und Heilkräuter blieben die Grundlage aller mittelalterlicher Medizin. Deswegen konnte das »Kräuterbuch« des Johannes Hartlieb zu einem Klassiker der Medizinliteratur werden. Hartlieb hatte 1439 an der hoch angesehenen Universität von Padua die Doktorwürde erworben und war danach Leibarzt der Wittelsbacher. Sein Werk ist das einzige durchgehend illustrierte deutsche Kräuterbuch vor der Erfindung des Buchdrucks. Es zeigt und beschreibt 170 Kräuter und Gewürze, darunter Basilikum, Ingwer, Kardamom, Muskat, Zimt und natürlich den unverzichtbaren Safran. Über ihn heißt es, er sei hilfreich bei Geburten, weil er die Gebärmutter öffne, gut für die Milz und für entzündete Augen, bekämpfe die Schwäche des Magens, und außerdem: »Wenn man den Safran in Wein trinkt, so macht er betrunken und bringt die Leute zum Lachen, ohne dass sie wissen, warum. Dies kommt daher, dass der Safran das Herz stärkt, sie fröhlich macht und sie in Freuden schweben lässt.« Johannes Hartlieb beschreibt also genau dieselbe Wirkung des Safrans wie das jahrtausendealte persische Sprichwort, das zu Beginn dieses Buchs zitiert wurde und besagt: »Trinke einen Safrantee, und du fühlst dich fröhlich.« So schließt sich der Kreis der Gewürze.

E s gibt Orte, die man gesehen haben muss – nicht unbedingt, weil sie so schön sind, sondern weil sie in unserem Leben eine Schlüsselrolle spielen, ob wir es wollen oder nicht. Ich bin christlich erzogen worden, ich war Ministrant und wuchs mit der Bibel auf. Der Glaube ist für mich immer wichtig gewesen, doch Pilgerfahrten haben mich nie gereizt. Dann kam dieses Buch, das mich plötzlich zu einer Art Pilger gemacht hat, wenn auch in ganz anderer Sache – in dem Versuch, die Weltreligionen auf dem Teller zu versöhnen. Und während meiner Reisen habe ich viele kluge Menschen getroffen, die die Welt viel besser kennen als ich und mir gesagt haben: Wir alle wissen, dass Glaube eine Idee ist, keine Tatsache. Doch einen einzigen Ort auf dieser Welt gibt es, an dem die Idee zur Tatsache, die Vorstellung zur Wirklichkeit wird, einen Ort, den man genau deswegen gesehen haben muss. Dieser Ort ist Jerusalem.
    Jerusalem hat keinen Flughafen. Man landet in Tel Aviv und fährt in einer dreiviertel Stunde hinauf in die Stadt von König Salomon und Jesus Christus, diesen großen Menschenversöhnern. Heute aber ist es eine Fahrt durch den Unfrieden. Links und rechts der Autobahn schneiden sich Schutzwälle und Stacheldrahtzäune wie Messerklingen ins Land. Sie trennen die israelischen von den arabischen Gebieten und geben mir das Gefühl, auf einer Zeitreise zu sein, so als führe ich auf

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