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Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Titel: Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fröhlich
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gedankenverloren auf, um dann ungläubig auf das Geld zu starren, das gen Boden flatterte.
    Ich rutschte auf allen vieren übers Parkett, sammelte die Scheine ein und begann zu zählen. Es waren exakt vierhundert Fünfeuronoten. Wo kam das her? Wer steckte zweitausend Euro in einen unbeschrifteten DIN -A 4 -Umschlag und warf ihn in meine Kanzlei? Mir fielen nur drei Menschen ein, denen ich das zutraute.
    Was sollte das? Wollten die Polyakows ihr schlechtes Gewissen reinwaschen, falls sie so etwas besaßen? Sollte das meine Bezahlung sein? Schweigegeld wegen der gefälschten Übersetzung? Wie sollte ich das um Himmels willen anständig verbuchen?
    Mir fiel die ausstehende Büromiete ein. Nicht nachdenken, Paula, ermahnte ich mich, einstecken! Ich raffte die Banknoten zusammen, stopfte sie in den Umschlag zurück und marschierte zur Bank. Der nette Mitarbeiter guckte nicht mehr nett, als ich den Haufen auf seinen Tresen kippte.
    »Das möchte ich auf mein Konto einzahlen.«
    »Gern. Ich muss Sie nur um einen Augenblick Geduld bitten. Bei der Menge sind wir gehalten, die Geldscheine auf ihre Echtheit zu überprüfen.« Sprach’s, nahm die Kohle und verschwand.
    Mir wurde kalt. Mir wurde heiß. Wenn das nun Blüten waren? Schweiß sammelte sich unter meinen Achseln. Ob ich einfach abhauen sollte? Sinnlos, die Bank war videoüberwacht und außerdem meine kontoführende Filiale. Paula, dachte ich, du kannst einpacken, das war’s.
    Ich begann, die herumliegenden Überweisungsvordrucke akribisch zu sortieren. Das half. Die Polyakows waren zwar verrückt, aber sie würden mir sicher kein Falschgeld unterjubeln. Oder?
    Als der Bankangestellte zurückkam, war meine Bluse völlig durchgeschwitzt.
    Ich setzte ein möglichst souveränes Lächeln auf und fragte mit leichter Herablassung: »Und, alles in Ordnung? Oder haben Sie schon die Polizei gerufen?«
    »Alles in bester Ordnung. Entschuldigen Sie bitte die Unannehmlichkeiten. Aber das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme – auch zu Ihrer Sicherheit. Wenn Sie mir die Einzahlung bitte quittieren mögen.«
    Ich mochte und überwies schnell noch meine Miete. Dann verließ Paula Matthes, die Geldwäscherin, den Tatort.
    Zurück im Büro druckte ich mir die Telefonliste aus und überflog die gut fünfzehn Namen, die zum überwiegenden Teil osteuropäisch klangen. Merkwürdig, dachte ich, was sind das für Leute? Auch den Namen Polyakow entdeckte ich und strich ihn durch. Nie wieder. Kein einziges Wort.
    Ich seufzte. Was wohl die anderen von mir wollten? In Ermangelung weiterer Aufgaben beschloss ich, die Liste abzutelefonieren. Ich brauchte Ablenkung, ich brauchte Geld. Wenn nur ein vernünftiger Fall dabei herauskäme, wäre mir schon geholfen. Und diesmal würde ich auf der Hut sein. Keine aberwitzigen Geschichten mehr. Nicht mit mir.
    Zuerst rief ich einen Herrn Nazukin an. Der Name klang japanisch. Der unverkennbar russische Akzent meines Gesprächspartners belehrte mich eines Besseren. Herr Nazukin wollte unbedingt, jetzt gleich, sofort vorbeikommen. Die Sache dulde keinen Aufschub, er hätte Probleme mit seiner Frau, nein, mehr könne er am Telefon nicht sagen, eine äußerst delikate Angelegenheit, die sich nur in einem persönlichen Gespräch klären ließe. Er könne in zwanzig Minuten bei mir sein. Wir einigten uns auf sechzehn Uhr, das gab mir die Gelegenheit, zu Hause mein fleckiges Oberteil zu wechseln und das Büro auf Vordermann zu bringen.
    Als ich kurz vor vier über die Osterstraße zurück zur Kanzlei schlenderte – ich rechnete nicht ernsthaft damit, dass Herr Nazukin pünktlich sein könnte –, parkte quer auf dem Bürgersteig vor meiner Tür eine schwarze Mercedes-Limousine mit abgedunkelten Scheiben. Da ist aber einer scharf auf ein Knöllchen, dachte ich, während ich meinen Schlüssel zückte.
    Hinter mir klappten Türen. Eine riesige Pranke legte sich auf meine Schulter.
    »Paula Matthes?«
    Ich drehte mich erschrocken um. Vor mir stand ein Riese, von Körperhaltung und Statur einem Gorilla ähnlicher als einem Menschen, mit einem fast kahl rasierten Schädel, bekleidet mit einem schwarz glänzenden Trainingsanzug und Boxerturnschuhen, auf seiner wohl mehrfach gebrochenen Nase thronte eine verspiegelte Ray Ban.
    Neben dem Riesen tauchte eine zierliche Frau auf, die ihm trotz ihrer High Heels nur knapp bis zur Schulter reichte, auch sie sonnenbebrillt und ganz in Schwarz, allerdings in einer sehr teuren Schlangenleder-Leggins zu eng sitzender Bluse und

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