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Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen

Titel: Meine russische Schwiegermutter und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fröhlich
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sehr gut laufende Nachtclubs.«
    »Nun ja, da bleibt der geschäftliche Kontakt zu, äh, weiblichen Angestellten wohl nicht aus.«
    Ja, schon gut, sie wisse, dass sie zur Eifersucht neige. Aber ständig sei er nachts unterwegs. Und letzte Woche habe sein Jackett nach einem fremden Parfum gerochen, und sie sei eben durchgedreht, das könne wohl jeder verstehen. Habe sich den schweren, goldenen Kerzenständer gegriffen und sei damit auf ihn losgegangen. Im anschließenden Handgemenge sei das Veilchen entstanden.
    Weinend sank sie auf ihren Stuhl. »Ich liebe Mischa so sehr. Er ist mein Leben.«
    »Und Sie sind sicher, dass er Sie betrügt?«
    »Nein, bin ich nicht. Aber er könnte, wenn er wollte – jederzeit. Das macht mich wahnsinnig.«
    »Und deshalb wollen Sie sich scheiden lassen?«
    »Ja, sonst passiert noch ein Unglück.«
    »Aber eigentlich wollen Sie ihn nicht verlassen?«
    »Natürlich nicht!«
    Als wäre das sein Stichwort, steckte Mischa in diesem Moment seinen immensen Kopf zur Tür herein. Er sah seine weinende Frau, eilte zu ihr, sank auf die Knie und umschlang sie. Nun schluchzten sie im Duett.
    Dass diese Russen immer gleich heulen müssen, dachte ich ärgerlich, das hilft uns auch nicht weiter.
    »Herr Nazukin, Ihre Frau hat mir das Problem geschildert. Ich weiß jetzt nicht so ganz, was ich da …«
    »Bitte, Frau Matthes«, fiel der Koloss mir ins Wort, »helfen Sie uns. Lena ist mein Leben. Ohne sie bin ich nichts.« »Etwas Ähnliches hat Ihre Frau gerade über Sie gesagt. Das ist doch schon sehr erfreulich. Ich kann mich gern nach einem guten Paartherapeuten für Sie beide umhören.«
    Herr Nazukin lachte dröhnend. »Wir gehen doch nicht zum Irrenarzt.«
    »Also, ein Paartherapeut könnte in Ihrer Situation …«
    »Kein Irrenarzt.«
    Okay, wir bewegten uns im Kreis. »Herr Nazukin, ad hoc fällt mir keine Lösung ein. Ich möchte gern in Ruhe darüber nachdenken.«
    »Wie lange?«
    Ich fand, dass er ein bisschen drohend klang. »Sagen wir, bis übermorgen? Und Sie beide versuchen, sich bis dahin nicht die Köpfe einzuschlagen?«
    »Abgemacht. Danke, Frau Matthes.« Das Duo infernale erhob sich und – ich hatte es kommen sehen – riss mich zum Abschied in seine Arme. Sie trollten sich, und ich spürte eine tiefe Erschöpfung.
    Als ich die Kanzlei abschloss, fand ich vor der Tür einen überdimensionierten Strauß roter Rosen. Dieses Mal schmiss ich ihn nicht weg, sondern stellte ihn auf den Schreibtisch. Dabei redete ich mir ein, dass es wirklich schade wäre um die schönen Blumen.
    Zu Hause erwarteten mich auf der Fußmatte eine Schachtel Konfekt und abermals Rosen. Hartnäckig ist er, dachte ich, aber das nützt ihm nichts.
    Ich stieg in die heiße Wanne, schloss die Augen und dachte über die Nazukins nach. Am besten wäre es, wenn der gute Mischa seinen Job wechselte. Autohändler. Juwelier. Kioskbesitzer. Aber auch da hätte er weibliche Kunden. Holzfäller in Kanada. Die Chance, in den unendlichen Wäldern auf Blondinen zu treffen, schätzte ich gering ein. Trotzdem verwarf ich den Gedanken.
    Anderntags rief ich ihn an. Ich brauchte mehr Informationen.
    »Herr Nazukin, ich habe da noch ein paar Fragen.«
    »Ja?«
    »Wie oft sind Sie denn in Ihren Clubs?«
    »Fast jeden Tag. Wir haben nur montags geschlossen.«
    »Sie sind also sechs Nächte in der Woche nicht zu Hause?«
    »Ja …«
    »Herr Nazukin, sind Sie Ihrer Frau treu?«
    Schweigen. Unwilliges Schnaufen.
    »Herr Nazukin, wenn ich Ihnen helfen soll, dann hilft Ihnen jetzt nur Ehrlichkeit.«
    »Frau Matthes, ich bin ein Mann. Ein russischer Mann.«
    Das kam mir bekannt vor. »Ein Mann hat eben seine Bedürfnisse? Wollen Sie mir das damit sagen?«
    »Nein, Frau Matthes, so ist es nicht. Aber in meiner Branche muss ich ein gewisses Image pflegen. Das gehört dazu.«
    »Und zu der Imagepflege gehört auch, dass Sie Ihre Frau betrügen?«
    »Nein, um Himmels willen, es ist eher so, dass ich nach außen ein bestimmtes Bild von mir vermittle, das nicht unbedingt der Realität entspricht.«
    Langsam glaubte ich zu verstehen, worauf er hinauswollte. »Also, Sie mimen den harten Kerl und Schwerenöter, weil man Sie sonst nicht ernst nimmt? Sie tun nur so, als wären Sie ein ganz Wilder?« Unwillkürlich musste ich lachen.
    »Nun, Frau Matthes, wenn Sie es so direkt ausdrücken wollen …« Herr Nazukin klang pikiert.
    Ich unterdrückte die Gluckser, die an meinem Zwerchfell zerrten. »Okay, von mir erfährt’s keiner. Arbeitet Ihre

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