Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe
Plastiksektor gearbeitet, lese ich hier. Erklären Sie mir das genauer.«
»Hm«, machte ich. »Es war ein kleiner Betrieb, da wurde von allem ein bisschen gepresst …«
»Und zwar im Besonderen?«
Was für eine Arbeit hatte ich da gemacht, verflucht? »Alles, Doktor Collura. Von Füllfederhaltern bis zu Ladenschildern.« Das stimmte nicht. Sie produzierten nur diese Plastikbehälter, mit denen man Lebensmittel im Kühlschrank oder im Gefrierschrank aufbewahrte.
»Interessant. Und dann mussten sie schließen, heißt es hier.«
»Tja«, sagte ich traurig. »Die Deutschen sind mit indischen Arbeitskräften angekommen, um uns die Arbeit wegzunehmen.«
Er nickte, als hätte er alle Fragen des Lebens und Sterbens begriffen. Und vielleicht war es auch so. »Das sind die Regeln des Business: ›Gib mir das, was ich haben will, und mach’s mir billiger‹.«
Diesmal nickte ich. »Wohl wahr, Dottore. So ist es.«
»Die Welt basiert auf dem Konkurrenzprinzip«, fügte er mit ausgebreiteten Armen hinzu. Und zwischen seinen Armen stellte ich mir die Welt vor. »Würden Sie sich als einen kompetitiven jungen Mann bezeichnen?«
»Machen Sie Witze?«, rief ich begeistert aus. »Ich bin buchstäblich mit Konkurrenzgeist getränkt! Den habe ich im Blut.«
Seine Miene wechselte von amüsiert zu skeptisch. Hatte ich schon wieder Mist geredet? »Also sind sie kein besonderer Freund von Gruppenarbeit? Ein Einzelgänger?«
»Sehen Sie, Dottore«, ich räusperte mich, »ich würde mich eher als einen Freistilfechter bezeichnen.«
»Und das bedeutet?«
Mein Hintern schwitzte trotz der Eiseskälte in diesem Raum. »Das bedeutet«, präzisierte ich, ohne zu wissen, worauf ich hinauswollte, »dass ich ein ausgezeichneter Mannschaftsspieler bin, der jedoch in gewissen Fällen Eigenverantwortung zu übernehmen weiß und … auch allein weitermachen kann …«
»Hm.« Es klang wenig überzeugt.
»Ich meine, Doktor Collura, dass … also, wenn es Schwierigkeiten gibt, löse ich die sowohl in der Gruppe als auch allein.«
»Hm.« Sehr wenig überzeugt.
»Ist Ihnen Franco Baresi ein Begriff, Dottore?«
Er belebte sich wieder. »Klar. Ich bin Milan-Fan.«
»Ich auch, Dottore!«, rief ich mit einer Begeisterung aus, mit deren Verlogenheit es nur noch meine Frechheit aufnehmen konnte. »Franco Baresi ist ein großartiger Offensivverteidiger, der wie kaum ein anderer dribbelnd aus dem Strafraum rauskommt, falls nötig. Ich bin wie er!«
»Ich habe verstanden, junger Mann!« Uff, das war knapp. Den Job in letzter Sekunde zurückgewonnen. »Und das Beispiel scheint mir ziemlich treffend.«
»Das freut mich.« Mann, was für ein Idiot!
»Ich selbst hätte es wirklich nicht besser erklären können. Bravo.«
»Danke!« Würden wir noch lange so weitermachen? Denn dergleichen hirnrissigen Scheiß hätte ich noch bis übermorgen absondern können, wenn der Fettsack mich bloß am Ende eingestellt hätte.
»Kommen wir zur Sache«, beschloss er, als hätte er meine Gedanken gelesen. »Was wissen Sie über uns?«
»Sie stellen haufenweise Zeug aus Metall her.«
Er glättete seinen Schnurrbart. »Mehr oder weniger.« Dann legte er eine Broschüre mit Fotos vor mich hin. Ich begriff gar nichts. »Wir hier bei der Trak produzieren Blechprofile für Autos. Für Autos aller Marken.«
»Blechprofile?«
Er tippte mit seinem dicken Finger auf die Broschüre. Auf dem Bild sah man ein mehr oder weniger quadratisches Blech, das in eine Presse gezogen wurde. Danach durchlief das Blech einen Bearbeitungsprozess. »Tiefziehen«, sagte er, während er auf verschiedene Fotos tippte. »Zuschnitt. Weiterer Zuschnitt. Biegen und Richten. Bearbeitung eines Details. Detail fertig bearbeitet.« Er drehte die Broschüre um. Aus dem Blech war eine Autotür im Rohzustand geworden.
»Wow!«, rief ich.
»Aus diesem Werk kommen Seitentüren, Heckklappen und Kofferraumhauben, aber auch kleine Teile für das Wageninnere, die wir dann den jeweiligen Autoherstellern schicken, wo alles lackiert, verstärkt, montiert, geprüft und abgenommen wird.«
»Wow!«, wiederholte ich. »Sie machen also Autoteile?«
»Es heißt: ›Stahlblecheinzelteile für Autos‹.«
»Ich verstehe.«
» Qualität statt Quantität, junger Mann. Es ist die Qualität, die immer neue Kunden bringt.«
Und Schmiergelder, dachte ich, aber das behielt ich für mich und machte weiterhin das Gesicht des Deppen ma non troppo, das er von mir erwartete.
Collura legte die Broschüre weg. Dann
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