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Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe

Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe

Titel: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Frascella
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lehnte er sich in seinem Sessel zurück und musterte mich nachdenklich, während er sich den Schnurrbart glattstrich.
    »Welcher Arbeit gehen Ihre Eltern nach?«, fragte er nach einer ewig langen Minute.
    »Mein Vater arbeitet schon sein ganzes Leben in einem großen Kaufhaus.«
    »Und die Mama?«
    Ich ließ mir einen feuchten Schimmer in die Augen steigen und stellte den Stimmregler auf heiser. »Meine Mutter ist nicht mehr.« Was ja in gewisser Weise der Wahrheit entsprach.
    Der ehrwürdige Doktor Collura ging in die Falle, wie Robert Shaw im Maul des Weißen Hais verschwand.
    »Das tut mir leid, junger Mann.«
    Ich schniefte vernehmlich.
    Er fügte hinzu, dass das Leben uns manchmal mit scheinbar unerträglichen Situationen konfrontiere.
    Ich nickte, in Gedanken bei dem Tankwart.
    Dann stützte er sich mit dem Ellenbogen auf der Schreibtischplatte ab. »Manchmal aber«, sagte er in gebieterischem Ton, als wollte er mich aufrütteln – und tatsächlich richtete ich mich im Sessel auf – »manchmal bietet es uns aber auch unerwartete Chancen, um uns aus dem Unglück zu befreien. Chancen wie diese, junger Mann! WIE DIE TRAK!«
    Wir blickten einander fest in die Augen, er stolz und ich hoffnungsvoll. Noch eine Minute länger und ich hätte losgeprustet und Doktor Collura ausgelacht, doch da sagte er: »Ich habe bereits andere Bewerber geprüft und werde weitere prüfen. Aber so wie die Sache jetzt aussieht, würde ich sagen, dass Sie sich bereits zu neunundneunzig Prozent als einen Mitarbeiter der Trak betrachten dürfen, junger Mann!«
    Er erhob sich.
    Ich erhob mich.
    Er gab mir feierlich die Hand.
    Ich schüttelte sie feierlich.
    »Willkommen in unserem Betrieb«, sagte er.
    »Das ist phantastisch, Dottore!«
    »Ich bitte Sie nur um einen Gefallen.«
    »Gern!«
    »Sagen Sie der Fairness halber noch niemandem etwas, bis ich Sie wegen der Unterschrift unter den Anstellungsvertrag rufen lasse.«
    »Einverstanden, Dottore, Sie haben mein Wort! Darf ich jetzt gehen?«
    »Gehen Sie, junger Mann!«
    »Auf Wiedersehen!«
    »Auf Wiedersehen!«
    Ich ging zur Tür. Die Hand schon auf der Klinke, drehte ich mich noch einmal um und sagte: »Vorwärts Milan, Dottore!«
    »Vorwärts, Milan!«
    Ich ging hinaus. Mit militärischem Gruß verabschiedete ich mich von der hypernervösen Sekretärin. Sie lächelte. Zeigte auf die Pflanzen. »Haben Sie gehört, ob er wegen der Klimaanlage telefoniert hat?«
    »Man ist bereits zu dritt unterwegs, um das Problem für Sie zu lösen, Signora.«
    »Oh wie gut dem Himmel sei Dank!«, rief sie.
    Arbeiter bei der Trak! Vom Hof aus betrachtete ich einen Moment lang das Werk, und mir schwoll die Brust vor Stolz.
    Wahnsinn! Ich hatte es geschafft!
    Ein Typ auf einem Gabelstapler, der von wer weiß woher gekommen war, überfuhr mich fast. »Mensch, guck doch, wo du entlangläufst, Dumpfbacke!«, schrie er mich an.
    Fick dich.
    In der Pförtnerloge gab mir der Bulle den Ausweis zurück und nahm das Schildchen BESUCHER wieder an sich.
    »Wie ist es gelaufen?«, fragte er, während er sich mit einem Papiertaschentuch den Schweiß abwischte.
    Ich murmelte lächelnd: »Kauf dir einen Ventilator, Arschgeige.«
    »Wie bitte?«
    »Ich sagte: Hoffen wir das Beste!«, brüllte ich.
    Er hob die Hand zum Gruß.
    Auf dem Nachhauseweg zu Fuß und per Bus stand ich unter Hochspannung. Ich sah mich schon als Mitglied der Arbeiterschaft und wegen meines aufopferungsvollen Wesens, meiner Seelenstärke, meiner Selbstlosigkeit und meines unbezwingbaren Mutes sogar von älteren Kollegen als klassenbewusster Werktätiger geschätzt und zum Vorbild genommen. Ich lächelte eine alte Frau an, die mich beobachtete. Irritiert von so viel verführerischem Charme richtete sie ihre Aufmerksamkeit sofort auf etwas anderes. Und das war nur eine Alte im Autobus, wie würde ich erst auf Frauengenerationen wirken, die mir näher waren!
    Mit großen Schritten lief ich fröhlich nach Hause und öffnete die Tür. Die Mönchsrobbe war da und in ihrer Gesellschaft ein tödlich verlegener Mauro. Sie wurde grün im Gesicht, Mauro knickten fast die Knie ein. Sie standen einander gegenüber, als wollten sie den Eindruck erwecken, sie unterhielten sich bloß.
    »Mauro«, sagte ich. »Was zum Henker hast du in meinem Haus zu suchen?«
    »Er ist gerade erst reingekommen«, beeilte sie sich zu erklären.
    » Wo ist er gerade erst reingekommen?«
    Die feine Ironie entging ihnen. Das Schicksal der Armen im Geiste.
    »Ich kam gerade vorbei«,

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