Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe
– das war klar – über »die Techniker für die Regulierung der Raumtemperatur, die noch immer nicht gekommen sind«. Die Hysterikerin trug dem verehrten Dottore mit verzweifeltem Stammeln ihre Beschwerden vor.
»Menschen die unter unzumutbaren Bedingungen arbeiten müssen werden einfach nicht respektiert verstehen Sie?« Grimmig nickend, hörte Collura ihr zu.
Mit einem dröhnenden »Guten Tag!« platzte ich herein.
Bei meinem Anblick richteten sich beide mit einem Ruck kerzengerade auf, als müssten sie sich gegen eine unmittelbar drohende Gefahr verteidigen.
Mit sorgfältiger Betonung sagte ich meinen Namen und zeigte ihnen meine leeren Hände, denn das Maschinengewehr hatte ich zu Hause gelassen.
»Um Himmels willen das ist ja furchtbar was ist denn mit Ihnen passiert?«, rief die Sekretärin. Collura fragte ungefähr das Gleiche, aber mit Satzzeichen.
»Bloß ein kleines Fußballmatch gestern Abend«, erklärte ich. »Das übliche blöde Foul eines Verteidigers, den mein Talent frustriert hat.« Ich lächelte.
»Oh Gott«, jammerte die Verrückte.
Ich streckte Collura die Hand entgegen. »Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht, Dottore.«
»Das wünsche ich Ihnen von Herzen«, erwiderte er und schüttelte sie. »Sie werden mir doch bei der Arbeit nicht schlappmachen?«
»Das ist nicht meine Art«, sagte ich. »Außerdem bin ich noch heil und ganz, oder nicht?« Bevor ich aus dem Haus ging, hatte ich mich mit Schmerzmitteln vollgepumpt. Und die Robbe hatte mir angewidert geholfen, die Stopfen zu wechseln. Was wollten sie mehr, verdammte Scheiße?
Ich lächelte die Sekretärin an.
»Oh Gott!«
Nichts zu machen. Bei der zog mein Charme nicht.
Collura war noch unschlüssig.
Ich machte es kurz: »Kein Bruch. In drei Tagen wird der Verband abgenommen. Dann bin ich wieder gesund wie ein Fisch im Wasser, Dottore.«
Er musterte meine übrigen Körperteile. »Von heute an lautet die Devise: weniger Fußball und mehr Arbeit, verstanden?«
»Sehr guter Satz. Den mache ich zu meinem Motto.«
Er nickte zufrieden. »Kommen Sie mit«, befahl er.
Ich heftete mich an seinen Chefsesselhintern, er stiefelte mir voran in sein Büro. Wir setzten uns, er reichte mir mehrere Papiere und erklärte, dass sie mich mit einem Ausbildungsvertrag anstellen würden, acht Stunden am Tag, eine halbe Stunde bezahlte Mittagspause. Mir war alles recht, ich hatte es eilig, meine Nase fing wieder an zu pulsieren, die Schmerztabletten taugten einen Dreck, jawohl Dottore, alles bestens, ich würde ihm auch die Zeitung am Telefon vorlesen, während ich die Blechpresse bediente, wenn er mich nur sofort nach Hause gehen ließ.
Ich unterschrieb alles, was er mir vorlegte, immer mit der Angst, meine Nase würde so stark anschwellen, dass die Verbände rissen und Ströme von Blut sich über den schönen Schreibtisch dieses überbezahlten Sesselfurzers ergossen. Er belehrte mich über meine Rechte – dafür brauchte er etwa zehn Sekunden – und meine Pflichten, was eine gute halbe Stunde Redezeit bedeutete. Ich nickte und unterschrieb, nickte und unterschrieb.
»Okay, Dottore«, sagte ich und reichte ihm den Füllfederhalter. »Jetzt sollte ich …«
»Als Letztes«, unterbrach er mich, »muss ich Sie durch das Werk führen, damit Sie sich eine genauere Vorstellung von dem machen können, was Sie erwartet.«
»Aber könnte man nicht …«
»Also«, sagte er, die Papiere zusammenraffend, die er in einen Ordner steckte, »kommen Sie mit, ich werde Ihnen zeigen, wie bei der Trak gearbeitet wird.«
Ich folgte ihm durch eine Reihe von Fluren und Türen. Je mehr Türen wir öffneten, desto bedrohlicher näherte sich der Maschinenlärm. Als wir vor der letzten Tür standen, war der Krach unerträglich.
»Da sind wir!«, schrie Collura.
»Wunderbar!«, schrie ich.
Beim Betreten der Halle begriff ich augenblicklich, dass man hier entweder sofort lernte, was man zu tun hatte, oder komplett verloren war. Arbeiter in blauen Overalls liefen von einer Maschine zur anderen und schrien sich Sätze zu, die ich nicht verstand, legten Schalthebel um, worauf die Pressen sich kreischend senkten, dann schrien sie sich wieder gegenseitig an, und ich fürchtete schon, ein effeminierter Blondschopf würde einem völlig kahlen Mittsechziger im nächsten Moment den Schädel einschlagen.
Ich beobachtete, wie etwas, das anfangs ein ziemlich großes Blech war, sich unter den Händen eines Arbeiters mit langen schwarzen Haaren allmählich in ein immer
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