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Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe

Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe

Titel: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe - Frascella, C: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Frascella
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ein Blankoscheck.
    Vincenzo überprüfte seine Stückzahlen, ich sah ihn lächeln, als wäre das unglaublich lustig. Gerne wäre ich zu ihm gegangen und hätte ihm ein paar Tritte verpasst.
    Hinter ihm stand der anonyme Blonde an der dritten Maschine, dahinter der an der Auffangstelle. Nichts Neues also, die üblichen, erschöpften Metallarbeiter im Blaukittel an einem Sommermorgen.
    »Bewegung!«, rief George und rüttelte mich wach. »Die nächste Stunde hat schon angefangen, die nächste Produktion auch!«
    Kurz darauf erschien Giulio, stellte sich dreißig Sekunden lang hin, um mich beim Pressen zu beobachten, und fragte dann George: »Wie macht sich der Junge?«
    »Der ist zu jung für diesen Platz!«
    »Beruhig dich. Das ist einer, der schnell lernt.«
    »Er ist unfähig, eben hat er nur zweihundertzwanzig Stück gemacht!«
    Das nahm Giulio übel auf, ging unser Papier kontrollieren, und ich fing an zu schwitzen wie noch nie in meinem Leben.
    »Kamerad!«, brüllte er mich an, als er zurückkam. »Was für einen Scheiß baust du mir hier?«
    Ich antwortete nicht, versuchte nur, den Rhythmus zu steigern, allerdings mit miserablen Ergebnissen. »Mach dir keine Sorgen, Giulio, ich schaff das schon.«
    »Von wegen!«, rief er. »Du bist weit unter dem Produktionssoll!«
    Fahrt doch alle zur Hölle, du, der Afrikaner und die Produktion! »Ich muss nur noch den Rhythmus rauskriegen …«
    »Und wie lange soll das noch dauern?«
    Ich überlegte, was wohl passiert wäre, wenn ich ihn gebeten hätte, mir zu zeigen, wie man das macht. Unfähig, wie er meiner Meinung nach war, würde er wahrscheinlich keine Zeit damit verlieren, mir irgendwas zu zeigen, sondern mich nur auf der Stelle entlassen. Und ich konnte all meine Träume von Unabhängigkeit, Weibern und Ruhm vergessen.
    »Gib mir noch drei oder vier Stunden, Giulio!«
    »Zwei gebe ich dir, und sieh zu, dass sie genügen!« Dann entfernte er sich mit seinem Watschelgang.
    Zwei Stunden noch, und ich würde endlich erfahren, welches Schicksal mir in diesem Scheißloch beschieden war. Nein, ich durfte nicht ausgerechnet kurz vor der Ziellinie zusammenbrechen!
    »Siehst du?«, sagte George hämisch.
    Ich schob ihn mit dem Arm beiseite. »Weg hier, jetzt zeig ich’s euch!«
    Er konnte in seinem holprigen Italienisch keinen halben Satz mehr rausbringen.
    Ich lud die Maschine, als wäre es eine Pistole. Dann feuerte ich ein-zwei-dreimal hintereinander, ohne einen einzigen Schuss zu verfehlen.
    In der zweiten Stunde schaffte ich dreihundertneunzig Stück. Und vierhundertachtzig in der dritten. Ohne an etwas anderes zu denken als das Reinschieben. Ich musste lachen, als ich die Gesichter von George und Vincenzo sah.
    Irgendwann kam der Blonde, um sich zu beschweren. »Unsere Bänder sind alle voll!«, kreischte er mit einer schrillen, weibischen Stimme.
    Ohne innezuhalten, entgegnete ich: »Dann seht zu, dass ihr sie leerkriegt und arbeitet!«
    »Du bist ja verrückt! Für wen hältst du dich eigentlich?«
    »Es gibt einen neuen Sheriff in der Stadt, falls ihr das noch nicht gemerkt haben solltet!« Ich schrie, berauscht vom Wettkampf, her mit dem Stück, weg damit, her mit dem nächsten, während der Schweiß mir von der Stirn auf das Blech tropfte.
    »Scheiße, was ist denn hier …«, stotterte der Blonde.
    Aber George unterbrach ihn. »Geh an deinen Platz, er tut nur seine Pflicht. Tu du das auch!«
    Ich wunderte mich über das, was der Schwarze sagte, aber vielleicht waren ihm ja seine glorreichen Zeiten an der Tiefziehpresse wieder eingefallen, als die Arbeit noch Arbeit war und es keine Gewerkschaftsausweise gab, die ihm verwehrten, seine wahre Natur als Herrscher über alle Bleche auszuleben.
    »Geh zurück an deinen Platz, Blondchen«, sagte ich, »hier stehen Leute, die sich ihre Brötchen verdienen wollen!«
    Giulio kam. Er beobachtete meine Bewegungen, und sie schienen mit dem Bild übereinzustimmen, das er sich von meiner Wenigkeit gemacht hatte. Aus dem Augenwinkel sah ich ihn die Produktionsblätter überprüfen.
    George sagte zu ihm: »Er wird besser«, als wäre ich eine Speise, die beim ersten Probiergang als ungenießbar eingestuft worden war und beim zweiten Gnade fand.
    Mit einer Grimasse, die ein Lächeln sein sollte, drehte der Bergamaske sich zu mir um.
    »Großartig, Kamerad!«
    Ich grinste zufrieden. Unterdessen presste ich und hielt den Rhythmus. Es machte mich glücklich, hier zu sein, stark zu sein und das allen beweisen zu können.
    »Komm auf

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