Meine Schwiegermutter ist cooler als deine
Karte.
Ich habe Italiener gesehen, die Pizza Würstel bestellen, also dürfen Sie und ich das auch. Wenn Ihnen das peinlich ist, machen
Sie es wie ich: Zucken Sie bei der Bestellung die Achseln, verdrehen die Augen und tun so, als sei sie für eines Ihrer Kinder.
Wenn Sie nicht gerade in einer Pizzeria oder einer simplen Trattoria essen, bestellen Sie eine Flasche Wein, nicht den Liter
Hauswein.
|63| Spaghetti aglio e olio – also Nudeln mit Knoblauch und Olivenöl und eventuell etwas Peperoncino – werden gern von deutschen
Gästen bestellt. Dennoch sollten Sie wissen: Das ist so, als würde man in einem deutschen Restaurant Kartoffeln mit Butter
bestellen. Wenn Sie noch irgendwas dazunehmen (etwa eine Vorspeise vorweg oder irgendetwas Profundes hinterher), dann ist
das okay. Wenn Sie das nicht tun, wird der Wirt etwas säuerlich sein.
Dagegen ist es überhaupt nicht unhöflich, den Grappa oder Limoncello aufs Haus abzulehnen. Wenn Sie nicht wollen, müssen Sie
nicht. Kein Kellner, kein Wirt wird deswegen beleidigt sein.
Auch wenn Sie mit Bekannten essen: Fragen Sie um Gottes willen nicht nach getrennten Rechnungen, sondern zahlen Sie gemeinsam
und teilen es hinterher Pi mal Daumen auf. Das nennt sich »pagare alla romana«, auf römische Art bezahlen. Ist doch besser
als auf die umständliche und etwas kleinliche deutsche Art.
Je weiter Sie sich vom Meer entfernen, desto besser werden die Fleischgerichte. Ausnahme: die
fegato alla Veneziana
, die Leber auf venezianische Art, die auch dann schmeckt, wenn das Restaurant Meerblick hat. Das sagten mir jedenfalls berufene
Gourmets. Ich rühre Leber nicht an.
Besser als Trinkgeld: Loben Sie das Essen, bis es Ihnen selbst peinlich ist (sofern es Ihnen geschmeckt hat). |64| Selbst in einer Pizzeria können Sie den
pizzaiolo
(Pizzabäcker) ausdauernd loben. Und dann lassen Sie fünf Prozent
mancia
(Trinkgeld).
Beim Abschied sagen Sie »complimenti«. Complimenti ist eines dieser magischen Wörter, die noch lange für Nachhall sorgen.
Probieren Sie’s aus!
|65| Bauernmatt
Das ist ja das Erstaunliche an Kindern: Sie bringen einen dazu, Dinge zu tun, die man selbst spätestens als Jugendlicher verachtet
hat und zu denen einen nichts und niemand mehr zwingen könnte. Außer natürlich die eigene Brut. Nun war also Karneval in Grado,
und wie ich lernte, herrscht hier eine große Verkleidungstradition. In jedem Jahr kostümieren sich Schulklassen und Vereine
jeweils als Kollektiv dem gewählten Thema entsprechend, ziehen durch die Gassen der Altstadt und versammeln sich anschließend
auf dem Rathausplatz, wo eine Jury, die offenbar ausschließlich aus der Bürgermeisterin und dem Pfarrer Don Armando besteht,
riesige Pokale an die dritt-, zweit- und erstplatzierten Gruppen verteilt. Und ganz offenbar sind alle auf diese Pokale scharf.
Was die Kindergartenkinder (also meine beiden Töchter) angeht, so sind die Eltern explizit aufgefordert, an dem Umzug teilzunehmen.
Verkleidet, versteht sich.
Klar, dass man zuerst allerlei Strategien entwirft, sich vor dem Ganzen zu drücken, vom Vortäuschen beruflicher Verpflichtungen
bis hin zu einer leicht verstopften Nase, die man mit versagender Stimme zu einer lebensbedrohlichen Grippe aufbauscht. Aber
am Ende nützt es nichts.
|66| Die Elternabende, auf denen leidenschaftlich das Motto des Karnevals diskutiert wird, beginnen bereits im Dezember und ziehen
sich über den gesamten Januar, bis schließlich per Mehrheitsbeschluss feststeht: In dieser Saison sollen es also die Jahreszeiten
sein. Mehrere Tage lang haben die Eltern daraufhin im Kindergarten anzutanzen, wo mit unglaublichem Aufwand Kostüme geschneidert
werden. Wäre es nicht für dieses unbehagliche Endziel, hätten diese Basteltage direkt was, denn natürlich bringt jeder selbst
gebackene Kuchen mit, und in irgendeiner Ecke schenkt auch jemand Weißwein aus.
Also: Wir wurden der Sektion Sommer und Herbst zugeordnet. Und ich, der ich mich seit der 4. Klasse (damals war ich Captain Kirk) nicht mehr verkleidet hatte, fand mich plötzlich als Bauer wieder, einen Kirschbaum an
der Hand (Lilli) und einen Apfel im Arm (Beatrice), durch die Straßen Grados ziehend. Ich trug Gummistiefel, eine Latzhose,
ein grobkariertes Hemd und Gartenhandschuhe. Außerdem hatte ich (mehr gab die Requisitenkammer vulgo Garage nicht her) einen
Besen geschultert.
Der konkurrierende Kindergarten hatte das Thema »Das Haus« gewählt. Es liefen
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