Meine Schwiegermutter trinkt - Roman
ist!‹ (›il manifesto‹).
Selbst einige renommierte Leitartikler spenden mir warmes Lob: ›Endlich ist der Griff zu Superlativen auch einmal angemessen: Malinconico ist der größte Anwalt, den wir derzeit haben, und vielleicht weiß er es nicht einmal‹ (Antonio D’Orrico, ›Sette‹); ›Ich finde seine linkische Art geradezu sexy; wie er in unwahrscheinliche dialektische Quergänge einsteigt, aber immer wieder aus ihnen herausfindet und dabei auch noch für sich punkten kann‹ (Mariarosa Mancuso, ›Il Foglio‹); ›Gleichzeitig den Ankläger und den Angeklagten zu verteidigen – wie hat er das nur geschafft?‹ (Massimo Gramellini, ›La Stampa‹); ›Der versuchte Selbstmord dieses Vaters ist nichts anderes als der grauenhaft TV -kompatible symbolische Mord an einer unnütz gewordenen Justiz. Dem kleinen Anwalt Malinconico gilt unsere ganze Sympathie: Er hat sich zum Verteidiger einer Sache gemacht, die er gar nicht gewinnen konnte ‹ (Goffredo Fofi, ›Il Mattino‹); ›Er hatte die falsche Krawatte an, aber wen kümmert’s: Malinconico ist der Mann, von dem sich manche Frau gern zum Abendessen einladen ließe‹ (Maria Laura Rodotà, ›Corriere della Sera‹).
Denkwürdig außerdem Michele Serras Kolumne L’amaca (›La Repubblica‹) über den Prozess, die ich hier zur Gänze wiedergebe:
Hätten die Politiker (ratet, welche), die uns (auch heute wieder) unser tägliches Mantra des ›Schluss mit den aus Steuermitteln finanzierten TV -Prozessen‹ verkünden (als wären nicht auch ihre Gehälter und die unzähligen Privilegien, in deren Genuss diese Glücklichen kommen, aus Steuermitteln finanziert), nur ein klein wenig Sinn fürs richtige Maß, dann müssten sie anerkennen, dass die Talkshows, gegen die sie mit ihren vorfabrizierten Bannflüchen zu Felde ziehen, lediglich ein Äquivalent zu den Teletubbies sind.
Bestürzt und voller Anteilnahme hingegen wurden wir gestern an unseren heimischen Bildschirmen zu Zeugen eines ebenso grotesken wie erschütternden Prozess-Experiments: Was wir da gestern mitansehen mussten, war ein schlagender Beweis dafür, wie sehr der Gerichtsprozess im Fernsehen (der echte – wie wir sehen konnten –, ist faktisch eine verhinderte Tragödie, keine Farce) ein Ergebnis des ungehört verhallten Rufs nach Gerechtigkeit ist.
Die Politik täte also gut daran, der Justiz eine ganz andere Wertschätzung entgegenzubringen, anstatt sie immer nur mit den üblichen parteiischen Schmähungen zu überziehen.
So gesehen, hat das improvisierte Plädoyer des nach vielen Seiten offenen Anwalts Malinconico seinem melancholisch klingenden Nachnamen (um den ich ihn, wie ich zugebe, beneide) alle Ehre gemacht, denn es war wahrlich ein Blues auf die dem Bürger verweigerte Gerechtigkeit, an deren Stelle sich zu setzen aber niemand, nicht einmal ein verzweifelter Vater (also auch kein Politiker oder Minister), das Recht hat.
Die Justiz, meine Damen und Herren, ist über Parteien und Interessen erhaben, ob Ihnen das nun gefällt oder nicht. Weil sie dazu dient, Menschen eine Antwort zu geben, denen Leid und (jawohl!) Unrecht widerfahren ist.
Das ist die Moral, die uns diese außergewöhnliche Reality-Show, entsetzlich und wunderbar zugleich, mitgegeben hat.
Wie nicht anders zu erwarten, hat das eine oder andere Arsch natürlich auch den Vorwurf von Geltungssucht für mich parat (bin ich voreingenommen? Ganz bestimmt!). Das liest sich dann so: ›Vor laufender Fernsehkamera wird einem selbst Zivilcourage verdächtig‹ (selbstredend mache ich für diesen Schmierfink und sein Mistblatt hier keine Werbung, indem ich seinen Namen und Arbeitgeber nenne), aber mir ist bewusst, dass die üble Nachrede in solchen Fällen im Preis des Ruhms inbegriffen ist.
Überflüssig auch zu erwähnen, wie erbärmlich ich mir vorkomme, weil ich mir vom Blättern in dem ganzen Wust bedruckten Papiers schwarze Fingerkuppen hole und beim Überfliegen der Artikel aussschließlich nach meinem Namen Ausschau halte, während ich alle anderen Nachrichten links liegen lasse. (Als ob es aus der Welt nichts sonst zu berichten gäbe, was meine Aufmerksamkeit verdient hätte – aber ich mache das so, weil ich in diesem Augenblick lieber eine Imitation meiner selbst bin als das Original.)
Bei mir ist das nämlich so: wenn mir das Leben aus dem Ruder läuft (vielleicht seht ihr das ja anders, aber das Leben macht grundsätzlich seinen eigenen Stiefel – genau wie bestimmte Teile unseres Körpers sich gerne
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