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Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Titel: Meine Schwiegermutter trinkt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diego de Silva
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Frau, die alles im Griff hat? Dass ich nicht lache!«
    Einen Moment dachte sie darüber nach.
    »Soll ich etwa für die Chemo jungfräulich bleiben?«
    Da mir darauf nichts einfiel, starrte ich sie einfach nur an.
    Dann, aber wirklich mit Spätzünder, begann ich zu lachen.
    Und sie auch.
    Nachdem wir uns die Lachtränen abgewischt hatten, war es mir absolut wichtig, Assunta nochmal klarzumachen, dass ich mir zu der Sache mit dem sogenannten Sexualleben reiflich Gedanken gemacht hatte und als Autodidakt zu dem Schluss gelangt war, dass es sich dabei wirklich um zwei Paar Schuhe handelte, die sich nicht gerade sportlich miteinander vertrugen.
    Ass sagte mir, das sei großartig, schon seit Jahren hätte ihr das Problem schlaflose Nächte bereitet und sie hätte sich dringend gewünscht, dass ihr das nochmal jemand erklärt, bevor sie sterben muss.

Die Banalität des Hundes
    In einem gewissen Sinn (den ich euch gleich erklären werde), gefällt mir Mary Stracqualurso. Wer einmal auf ihre unverwechselbare Prosa gestoßen ist, kann mich vermutlich verstehen.
    Wenn sie mir beim Zappen durch die lokalen Fernsehsender als Gast in einer Nachrichtensendung unterkommt oder wenn ich ihr dabei zusehe, wie sie einem Jüngelchen im Praktikum eine Weisheitspille verabreicht, weil der ihr im Glauben, aus dem Erfahrungsschatz einer alten Größe des Journalismus zu schöpfen, das Mikro hinhält, dann gibt es kein Entrinnen mehr für mich – ich muss sie mir bis zum Ende anhören.
    Ich ergötze mich an ihrer zickigen Ignoranz, an ihrer chronischen Uninformiertheit (und zwar auf jedem Gebiet), an der für sie charakteristischen ungeschliffenen Sprechweise, an der Unbekümmertheit, mit der sie d durch t, g durch k, w durch f, f durch pf, b durch p und s durch z ersetzt.
    Die entwaffnende Absehbarkeit ihrer Ansichten, ihr lauer Moralismus, die haltlose Anmaßung, mit der sie bei jedem Thema, bei dem sie sich nicht auskennt, ihren Senf dazugibt, ihre bei bilabialen Verschlusslauten feuchte Aussprache, die den Gesprächspartner oftmals zu Ausweichmanövern durch unvermittelte, lächerliche Zuckungen des Kopfes zwingt (mit ihrem Gebiss scheint es noch ungelöste Haftungsprobleme zu geben), ihr Gefühl, unglaublich geistreich und witzig zu sein (eine Überzeugung, die sie im Wesentlichen daraus ableitet, dass sie über jeden ihrer Witze, oft sogar bereits im Voraus, selber lacht), die ihr angeborene Feigheit, dass sie nie den Namen eines Mächtigen nennt, es sei denn, es geht darum, einen später eventuell nochmal nützlichen Arsch zu lecken – all das macht mich (auf nicht einmal unangenehme Art) immer ganz benommen.
    Und nach Mary Stracqualursos großem Auftritt weine ich noch geschlagene fünf Minuten vor dem Bildschirm Krokodilstränen über meine unglaubliche Blödheit, mir solchen Hirnmist anzutun (ein bisschen wie die Diabetiker, die sich heimlich mit Nutella vollstopfen).
    Das Ärgernis an der Wurzel meiner Perversion ist, dass ich mir ein solches Phänomen einfach nicht erklären kann: Ich sehe mir Mary Stracqualurso an, um zu begreifen, ob sie wirklich existiert und wie sie das anstellt.
    Aber jenseits der metaphysischen Fragen (und noch davor) löst die Gute in mir (in uns allen – wir sind viele –, die dem dreisten Zauber der Analphabetin nicht widerstehen können) einen ganz banalen Schlüsselreiz aus: Mir reicht schon ein ›Alzo‹, ein ›Epen‹, ein ›Tarum‹, und ich bleibe am Bildschirm kleben, stelle den Ton lauter und lasse alles andere stehen und liegen.
    Stoppstoppstopp, ich weiß, was ihr jetzt denkt. Und ich sage euch: Dem ist nicht so! Glaubt jetzt bloß nicht, dass ich grundsätzlich auf Trash abfahre. Ganz im Gegenteil, Leute: Ich verabscheue ihn sogar, den Trash. Ich finde keinen Geschmack am schlechten Geschmack. Okay, ich bin ehrlich genug, um mir – und euch – einzugestehen, dass mir Mary Stracqualurso wohl wirklich gefällt, wenn ich jedes andere Programm unterbreche, um sie mir anzusehen. (Im Übrigen mögen ihn selbst diejenigen unter euch, die über den Trash die Nase rümpfen, es aber um keinen Preis zugeben würden. Und damit verhaltet ihr euch genauso heuchlerisch wie die Undercover-Schwulen, die so tun, als guckten sie Heteropornos, sich dabei aber ausschließlich auf die Schwängel konzentrieren.)
    Wenn mir was nicht gefällt, gebe ich mich eben nicht damit ab und basta. Aber die über den Trash Erhabenen, die an den Konkurrenten im Big Brother- Container kein gutes Haar lassen, die hab ich

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