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Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Meine Schwiegermutter trinkt - Roman

Titel: Meine Schwiegermutter trinkt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diego de Silva
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jetzt losbrüllen würde: ›Adrianaaa!!‹, immer wieder, vielleicht würden die Schakale dann ja zum Rückzug blasen; und a propos: Ich hab doch auch eine Adriana. Beziehungsweise müsste eine haben. Aber warum ist sie dann nicht da? Warum sehe ich sie nirgends?
    Zum Glück habe ich keine Zeit, mich in diese heikle Frage zu vertiefen, weil Diabolik mich wegzieht und ich mich wenig später in einem Krankenwagen bei einem jungen Arzt wiederfinde, der ebenfalls sehr freundlich ist (wenn du immer wieder Freundlichkeit erntest, ist das Schöne, dass du den Eindruck hast, du kassierst sie mit Zinsen).
    Seine Bitte, dass ich mich ausziehe.
    Meine Antwort: das sei nicht nötig, ich sei nicht verletzt, nur mein Jackett sei ein bisschen vom Blut des Ingenieurs Romolo Sesti Orfeo bespritzt, ich sei aber völlig in Ordnung, wirklich.
    Höre, wie er sagt: »Bitte, Herr Anwalt, das ist Vorschrift, erlauben Sie doch bitte, dass ich Sie untersuche, ich brauche auch nur eine Minute.«
    ›Herr Anwalt, na bitte‹, denke ich mir, und schon ziehe ich das Jackett aus.
    Der junge Arzt horcht mich ab.
    Dann kommen plötzlich Alagia und Alfredo angetrabt, eskortiert von Scully und Diabolik. Beide außer Atem und zugleich erleichtert.
    Gott, wie klein sie mir vorkommen.
    Zusammen stürzen sie sich auf mich und reißen dabei fast den Doktor um, der aber nichts sagt, sondern zufrieden einen Schritt zurücktritt. Sehen wir nicht schön aus? Die perfekte glückliche Barilla-Familie.
    Es gibt Augenblicke, wo du dankbar bist, Kinder zu haben: das hier ist so einer.
    »Du kannst dir ja gar nicht vorstellen, was wir in den letzten Stunden mitgemacht haben«, sagt Alagia mit einer vor Rührung kratzigen Stimme, und sie drückt mich so fest, dass ich ihr einen leichten Schlag auf den Rücken verpassen muss, damit sie ein wenig locker lässt.
    »Papa, du lässt aber auch wirklich gar nichts aus, oder?«, schließt Alf sich an.
    Ich schaue ihn bloß an und fahre die Augendeckel ein wenig runter. Er versucht natürlich, seinen Arsch zu retten.
    »Dir hat’s gefallen, hm?«
    Damit ihr euch ein Bild machen könnt, wozu der Junge im Stande ist, erzähle ich euch, was Alf neulich gebracht hat: Da wollte er für irgendeinen Blog ein Interview mit den Rechtsextremen von der Casa Pound führen und hat die mit seinen Anfragen dermaßen genervt, dass sie ihn zuletzt vor lauter Erschöpfung vorgelassen haben.
    Und was macht der Idiot?
    Kaum saß er bei denen, in der Höhle des Löwen, verkündete er als Erstes, er sei Kommunist.
    Die haben sich natürlich umgeguckt, als wären sie bei Verstehen Sie Spaß , und dann haben sie ihn rausgeworfen, sogar ohne ihn zu vermöbeln.
    Deshalb also.
    Alagia, die sich nach der ersten Wiedersehensrührung wieder gefangen hat, gibt mich aus der Umklammerung frei und nimmt Anlauf zu einer ihrer Schimpftiraden.
    ›Na, dann wollen wir mal hören, was sie jetzt wieder für ein Haar in der Suppe gefunden hat‹, denke ich.
    »Kannst du dir eigentlich vorstellen«, setzt sie an, und schon ist sie auf Touren, »kannst du dir vorstellen, dass die uns nicht durchlassen wollten, diese Knalltüten? Wir mussten unsere Ausweise vorzeigen! Na, wie findest du das?«
    Ich schaue väterlich zerknirscht zu Scully hinüber.
    Die zuckt mit den Schultern.
    »Aber damit noch nicht genug«, ereifert sich meine Tochter weiter, »als die nämlich meinen Ausweis sehen, gucken die mich auch noch komisch an. Alfredo musste ihnen erklären, dass er mein Bruder ist, verstehst du? So gedemütigt hat man mich in meinem ganzen Leben noch nicht.«
    Sieht irgendwie ganz danach aus, als würde sie mir das zum Vorwurf machen. Als ob es meine Schuld wäre, dass sie die Tochter eines Ex von meiner Ex-Frau ist und deshalb nicht meinen Nachnamen hat. Es tut mir richtig weh, sie so gekränkt zu sehen.
    »Jetzt komm schon, lass gut sein«, sage ich zu ihr. »Komm her.«
    »Kinder«, mischt sich der Doktor ein, »ich verstehe, wie sehr ihr euch um euren Vater gesorgt habt, aber jetzt solltet ihr ihn besser in Ruhe lassen …«
    Er kann aber nicht ausreden, prompt fährt ihm Alagia nämlich, wie ich vorausgesehen hatte, über den Mund:
    »Was verstehen Sie denn schon? Nichts, na also. Dann halten Sie sich gefälligst raus!«
    Der Ärmste klammert sich mit beiden Händen an seinem Stethoskop fest und legt mental den Rückwärtsgang ein, verblüfft, dass aus einer so wohlerzogenen jungen Frau eine dermaßen ungerechtfertigte Wut hervorbrechen kann (und dass sie diese

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