Meine Suche nach der besten Pasta der Welt
toskanischen Küche. Sorry, Toskana. Du wirst es verschmerzen. Vielleicht wird es bei einem anderen Buch was mit uns.
Emilia-Romagna II
Salami und Blumengebinde
N och einmal zurück ins Reich der Mitte, die Emilia-Romagna: Nach Ferrara begleitete mich nicht Paolo, sondern meine Frau Laura, die zuallererst unbedingt eine alte Freundin treffen musste. Diese Freundin heißt Letizia, und sie arbeitet in Ferrara als Hochzeitsplanerin, ein Beruf, von dem man sich wegen Hollywood ganz falsche Vorstellungen macht. Sie läuft nicht den ganzen Tag in Stöckelschuhen durch dekorierte Palazzi und richtet im Vorbeigehen ein Blumengebinde, sondern verbringt 90 Prozent ihrer Arbeitszeit damit, Bonbonieren zu schnüren. Sie sieht ein bisschen selbst aus wie eine, mit wunderschön gepflegten Händen, bewehrt mit langen bunten Fingernägeln, und knallfarbenem
Lipgloss und wie eine Märchenprinzessin stets in Seide gehüllt, auch wenn sie nur den Müll vor die Tür bringt, und mit allerlei Schleifen versehen, und es gibt nicht wenige Männer, die ihr gern einmal die eine oder andere Schleife öffnen würden. Ich darf das schreiben, weil Letizia, Spitzname Titi, sehr blond ist und nur ein bisschen dabei nachgeholfen hat, und ich bin ja mehr auf den mediterranen Typ fixiert.
Die Burg mitten im Stadtzentrum von Ferrara ist eine Burg wie aus einem Kinderbuch, mit riesigen Türmen und einem echten, tiefen und mit Wasser gefüllten Wassergraben drumherum. Ja, seufzt man unwillkürlich: So muss eine Burg aussehen. Vor einem der Tore grüßt der Prediger Savonarola, der aus Ferrara stammte und das große Pech hatte, seine Überzeugungen zur Aufrichtigkeit der katholischen Kirchenfürsten im falschen Jahrhundert vorzutragen und sich daher im Jahr 1498 am oberen Ende eines Stapels brennender Holzscheite wiederfand.
Ferrara nennt sich selbst »città delle biciclette«, »Stadt der Fahrräder«, sozusagen das Amsterdam des Südens, eine begrüßenswerte Idee, und tatsächlich sind sehr viele Ferrareser auf Rädern unterwegs, aber die Kombination von italienischem Vorwärtsdrang und unübersichtlichen, handtuchschmalen mittelalterlichen Gassen sorgt dann doch für die eine oder andere brisante Begegnung. Man hätte die Innenstadt vorher planieren müssen, aber davor schreckte die Stadtverwaltung dann doch zurück. Dabei hat die Stadtverwaltung ja auch sonst allerlei schräge Ideen: Wir kamen an einem Donnerstagnachmittag in
Ferrara an und standen vor verschlossenen Läden. Dauert aber ganz schöne lange hier, die Mittagspause, sagte ich zu Laura, denn wir waren ja noch in Norditalien, außerdem herrschte leichter Schneefall; kein Grund also, die Läden bis 17 Uhr geschlossen zu halten. Titi klärte uns auf. Aus irgendeinem Grund hatte man in Ferrara beschlossen, den freien halben Wochentag, der in fast ganz Italien an einem sinnvollen Montagvormittag zelebriert wird, um das Wochenende zu verlängern, quasi in die Wochenmitte zu legen. Donnerstagnachmittag ist in Ferrara tatsächlich tote Hose. (Einige andere Städte in der Emilia-Romagna haben inzwischen nachgezogen.)
Immerhin hatte die »Hosteria Savonarola« geöffnet, ein neues und sehr gutes Restaurant ganz in der Nähe des Hauptplatzes. Dort aßen wir Cappellacci unter von der Decke baumelnden Salamiwürsten. Laura und Titi tauschten allerlei aus, was in den letzten sechs Monaten passiert war, und da gab es viel zu erzählen. Ich hingegen dachte wieder an die Stadtverwaltung, die neben den Fahrrädern und dem Donnerstagnachmittag noch eine schräge Idee gehabt hatte, ihren Einwohnern das Bewohnen der Stadt zu vergällen. Jeden Sommer findet in Ferrara das größte Kleinkunstfestival der Welt statt. Das muss man sich mal vorstellen: Tausende Clowns, Stelzengeher, Einradfahrer, Jongleure und Feuerschlucker über eine Woche an einem Fleck versammelt, durch die Gassen marodierend und Kinder zu Tode erschreckend – mir lief bei dieser Vorstellung tatsächlich ein Schauer über den Rücken. Clowns waren meine Sache noch nie, da half es auch nicht, dass einer von Lauras besten Freunden
Zirkusdirektor ist, dessen Zirkus wir, das bin ich meinen Töchtern schuldig, immer dann besuchen, wenn er in der Nähe gastiert. Giorgio führt uns dann hinter die Kulissen, wir essen in seinem Luxuswohnwagen mit den ukrainischen Messerwerfen und der 16-jährigen Rumänin zu Abend, die sich ein paar Stunden später nur mit einem roten Schal gesichert von der Zirkuskuppel herabstürzt. Die Clowns aber, die sind
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