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Meine Suche nach der besten Pasta der Welt

Meine Suche nach der besten Pasta der Welt

Titel: Meine Suche nach der besten Pasta der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maiwald Stefan
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Kräutersoße
    D ie Achtzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts waren eine harte Zeit. Wir mussten den Kalten Krieg, Aids und Elton John erdulden – sowie den vermeintlichen Niedergang der italienischen Küche. Denn aus Frankreich trat die Nouvelle Cuisine ihren Siegeszug um die Welt an und machte Schluss mit Schlemmerei und Üppigkeit. Das tat besonders den Italienern weh. Spaghetti galten plötzlich als so uncool wie Toast Hawaii. Hinzu kam, dass die Rimini-Generation abdankte. Die Eltern reisten vielleicht noch an die Adria oder in die Toskana, aber wer jung und hip sein wollte, trampte durch Indien oder entdeckte die Karibik. Immer mehr Urlaubsziele gruben Italien und dem italienischen Lebensstil das Wasser ab. Das Dolce Vita war irgendwann noch so aktuell wie ein Cary-Grant-Film. »Toskana-Fraktion« wurde gar zum Schimpfwort für linke Lebenskünstler.
    Doch irgendwann kehrten die Weltreisenden zurück.
Sie hatten ihre Erfahrungen gemacht und sich ihre Lebensmittelvergiftungen geholt. Und gemerkt: Die italienische Küche mag nah und allzu vertraut sein, aber sie ist immer noch von einer Reichhaltigkeit, einer Liebe zum Ausgangsprodukt, einer Unverfälschtheit, die weltweit ihresgleichen sucht. Mag es auch die Mafia geben und Korruption und Schlendrian: Einen Dioxin-Skandal wie 2011 in Deutschland wird es in Italien in diesem Ausmaß nicht geben, da halte ich jede Wette. Essen ist dem Italiener heilig.
    Ich bin, wie gesagt, eher der geerdete Typ und kein Weltreisender, aber ich möchte hier drei Freunde als Kronzeugen anfügen. Alle drei arbeiten als Autoren im Reisebereich, sind zwischen 40 und 54 Jahre alt, sind ihre sechs Monate durch Indien gereist, haben alle Kontinente gesehen, alle Spezialitäten probiert. Einer von ihnen hat bereits 142 von 190 Ländern dieser Erde gesehen. Und alle drei sagen: »Einmal im Jahr muss Italien sein.« Und sei es nur ein schnelles Wochenende. Kürzer kann man es nicht zusammenfassen.
    Noch etwas half den Italienern bei der Wiederauferstehung: der schleichende Niedergang der Cuisine française . Die französische Küche ist inzwischen erstarrt. Die Franzosen sind zu stolz, um zuzugeben, dass auch andere Nationen kochen können. Sie pflegen ihre überkommenen Rituale und Gerichte, schotten sich gegen jegliche Einflüsse ab. Sie tun so, als hätten wir alle noch nie japanisch, mexikanisch oder vietnamesisch gegessen. Frankreich hat küchentechnisch gewaltig an Bedeutung verloren. Dass eine Autorität wie der Guide Michelin , weil
aus Frankreich kommend, das anders sieht, überrascht wohl nicht.
    Einst galt der schöne Spruch »Italien hat die beste Gebrauchsküche der Welt, Frankreich die beste gehobene Küche der Welt.« Damit war Folgendes gemeint: Wer in Italien, um mal ein Beispiel zu nennen, aufs Geratewohl von der Autobahn abfährt und im erstbesten Ort die erstbeste Trattoria aufsucht, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit gut essen, weil das Niveau der Küche überall insgesamt recht hoch ist – allerdings ohne die Spitzen nach oben wie in Frankreich. Dass Frankreich allerdings immer noch die beste gehobene Küche der Welt hat, muss immer mehr bezweifelt werden. Dass London mehr Sterne als Paris hat, wird oft zitiert, kann aber vielleicht noch mit der schieren Größe und Millionärsdichte in London erklärt werden; auch in Dubai gibt es ja verteufelt viele Michelin-Sterne. Doch unter den besten Köchen der Welt finden sich immer weniger Franzosen, dafür Spanier, Italiener, Amerikaner, Japaner und, jawohl, Deutsche. Spätberufene Gourmetnationen wie Deutschland und die USA, aber auch Spanien, haben einen Vorteil: Sie können sich nicht hinter Traditionen verstecken. Sie sind mit internationalen Spezialitäten aufgewachsen, vom Sushi über TexMex bis zum Döner, und wurden nicht von Kindesbeinen an auf die »wahre« Küche gedrillt. In Frankreich will man nicht akzeptieren, dass man auch in anderen Ländern kochen kann, so wie man auch nicht akzeptieren will, dass Englisch und nicht Französisch zur Weltsprache aufgestiegen ist.
    In französischen Spitzenrestaurants sind die formalen Abläufe Karikaturen ihrer selbst geworden. Der Sommelier, der nur für den Wein auftaucht; der Maître, der sich weigert, auch nur einen einzigen Teller zu berühren; die schweren Tischdecken, die bis zum Boden reichen, dieses ganze lächerlich weihevolle Zeremoniell, untermalt von Brahms’ Ungarischen Tänzen – das hat heute einfach keine Zukunft mehr.
    Ja, wir sind hier allgemein und

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