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Meine Suche nach der besten Pasta der Welt

Meine Suche nach der besten Pasta der Welt

Titel: Meine Suche nach der besten Pasta der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maiwald Stefan
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Wieder ging ich im Hotelzimmer auf und ab. Ich hatte Hunger wie noch selten in meinem Leben. Das kommt davon, wenn man den ganzen Tag über Essen liest und schreibt
und darüber vergisst, auch nur einen Happen zu sich zu nehmen. Als ich erste Bissspuren im Türrahmen entdeckte, die ich zweifelsfrei mir zuordnen konnte, war es genug: Ich setzte mich ins Auto und fuhr los. Mein Ziel war die »Cambusa«, ein simples Fischrestaurant direkt an der apulischen Adriaküste zwischen Savelletri und Torre Canne in der Provinz Brindisi. Als ich um zwanzig vor acht ankam, war das Restaurant, das nur aus einem großen bestuhlten Saal bestand (die Küche war mit Vorhängen vom Restaurant getrennt), hell erleuchtet. Na bitte. Da störte es mich nicht, das einzige Auto auf dem Parkplatz abzustellen. Als ich die Tür aufmachte, wunderte ich mich über meinen Atem, der vor mir zu Nebel wurde, obwohl ich schon mitten im Raum stand. Das Restaurant war beleuchtet, aber nicht beheizt. Ein Mann in Kochschürze und -mütze kam übellaunig hinter dem Vorhang hervor. Der Besitzer? Dann wurde mir klar: Ich war viel zu früh dran. Der Koch war der Einzige, der schon da war, um sein mise en place zu machen. Sehr peinlich, aber ich wollte auch nicht wieder raus in die Kälte. Obwohl es genau betrachtet im Inneren nicht wärmer war. Es war, wie bereits erwähnt, Anfang Februar, und es war draußen 4 Grad kalt, hier drinnen hatte es immerhin fünfeinhalb Grad. Ich riss also meine üblichen Witzchen (»Ja, ja, wir Deutschen, wir essen halt come le galline « – so früh wie die Hühner), aber dem Koch war nicht nach Lachen zumute. Mit dem Kinn wies er mir einen kleinen Tisch zu, dann schob er ein Heißluftgebläse an meinen Tisch, das mich schnell wärmte. Eine nette Geste. Ich bestellte in dem Fischrestaurant sofort
einen Negroamaro. Ich weiß, dass Rotwein und Fisch nicht so gut zusammenpassen, aber kühler Weißwein will eben auch nicht schmecken, wenn man noch mit den Zähnen klappert.
    Ich bestellte als Antipasto Carpaccio von Schwert- und Tunfisch und als Hauptgericht Linguine mit Scampi, die hier im weiten Umkreis die besten sein sollen. Das Antipasto war fein, aber zu meinem mit Rotwein bereits gut ausgepolsterten Mund- und Rachenraum ging es natürlich gar nicht. Dafür können die Linguine mit Scampi durchaus die Konkurrenz zu etwas Schwerem, Roten, Flüssigen vertragen. (Tipp für Weinsnobs: Schalentiere sind das Einzige aus dem Meer, zu denen ein dunkler Wein passt. Alles Fischige verträgt allenfalls noch einen Pinot Noir.)
    Zuerst war ich etwas enttäuscht, denn die Linguine schwammen in einer Tomatensoße, wie man es oft in deutschen Schnellrestaurants beobachtet. Aber das war nur eine optische Täuschung: In Wirklichkeit trieben die Linguine auf einer dickflüssigen, hausgemachten Tomatenpaste, was natürlich viel, viel besser und intensiver im Geschmack war. Also machte ich mich auf in die Schlacht mit den biestigen Schalentieren, die auch noch von Tomatensugo trieften. Eine herrliche Schweinerei. Und was ich von meinem Schwiegervater gelernt habe: Mit dem Schwanzstück ist es nicht getan, nein, der Kenner saugt auch noch an der Bruchstelle den Kopf aus. Vor allem dann, wenn der Koch einen beobachtet. (Tun Sie wenigstens so, als ob.) Ja, das war eine Pasta, die wärmte. Den Magen und das Herz. Klasse.

    Inzwischen war auch der Besitzer Piero gekommen, der seinen Anorak mit Pelzkragen (typisches italienisches Winteroutfit) auch im Inneren nicht ablegte, ein paar Stühle zurechtrückte und Kniebeugen machte, um sich aufzuwärmen, und immer wieder in die Küche hineinrief, ob denn frische Austern und frische Seeigel gekommen seien, was ich als gutes Zeichen wertete.
    Als ich gegen 22 Uhr ging, kamen die ersten Gäste. Weitere Heißluftgebläse wurden durch den Raum geschoben. Auf dem Parkplatz ließ ich mir noch mal die kalte Meerluft um die Nase wehen, aber ich war ja jetzt innen gut ausgepolstert. Ja, ein sehr, sehr guter Laden. Im Sommer wird das Restaurant sogar noch zu einem Beachclub mit direktem Meerzugang. Was braucht der Mensch mehr?
    Ich sollte während meiner Apulien-Zeit noch ein paar Abende an diesen Ort zurückkommen und gewöhnte mir sogar beinahe die landesüblichen Essenszeiten an. Ich war zwar immer noch der Erste, aber immerhin war das Lokal nun schon fast warm. Tipp fernab der Pasta: Ich ernährte mich von einem köstlichen Insalata di mare mit Gamberi, Tintenfischen, Käse, Karotten und Essig. Die ganze Pracht

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