Meine Tochter Amy (German Edition)
dir was aussuchen, wo du hinwillst, auf der ganzen Welt.“
„Papa, warte eine Minute“, sagte sie. „Ich steige nicht in ein Flugzeug oder Schiff … Hm, vielleicht gehe ich nach Osea.“
Ich brüllte vor Lachen, bis sie sagte: „Ich will die Entgiftung und den Entzug hier machen.“
Ich war verblüfft. „Hier? Bist du wahnsinnig? In der Wohnung?“
Das würde nichts als Probleme geben, aber es war ihre Entscheidung. Am 31. März fanden sich Dr. Ettlinger, seine Praxispartnerin Dr. Christina Romete, Dr. Kelleher, Raye, Amy und ich bei ihr ein, um die Entgiftung zu planen. Es würde nicht leicht werden, aber Amy war zuversichtlich.
Der Entzug sollte am 2. April 2008 losgehen. Zwei Krankenschwestern, Sandra und Brenda, würden ihr schichtweise die Medikamente verabreichen. Die Behandlung begann denkbar schlecht: Brenda rief an, sie könne Amy keine Medikamente geben, weil sie was anderes genommen habe; wenn sie Heroin nehme, könne sie am folgenden Tag nicht substituiert werden. Tags darauf dasselbe: Wieder hatte Amy am Abend zuvor Heroin geraucht.
Amy sagte, sie sei mit Sandra unzufrieden, wahrscheinlich weil Sandra ihren Job gut machte und streng zu ihr war. Raye und ich suchten eine neue Pflegerin. Bevor das Programm anfangen konnte, musste Amy zwölf Stunden lang drogenfrei sein – das hieß noch einen Tag warten. Der große Genesungsprozess schien zu Ende, ehe er begonnen hatte.
Zusätzlich verkompliziert wurde Amys Therapie dadurch, dass sie mit Mark Ronson an der neuen Bond-Titelmelodie arbeiten sollte. Es war ihr erster Studiotermin seit Dezember 2006. Mark sollte die Musik für den Titelsong zu Ein Quantum Trost schreiben, Amy den Text. Als die Arbeit in der zweiten Aprilwoche allerdings losgehen sollte, war sie nicht dazu in der Lage. Sie verpasste die Studiotermine mit Mark, und er sagte, er wolle nichts mehr mit ihr machen, solange sie auf Drogen sei. Es müsse was unternommen werden.
Das Studio für den Bond-Song in Henley, Oxfordshire, gehörte Barrie Barlow, der in den Siebzigern bei der Progressive-Rock-Band Jethro Tull Schlagzeug gespielt hatte, und stand neben seinem Wohnhaus. Es war in sich abgeschlossen, mit zwei Schlafzimmern, Küche und Bad im oberen Stockwerk – eine perfekte Umgebung für Amy und Mark. Aber wir schafften es nicht, Amy dorthin zu bekommen.
Mark wartete vier Tage lang im Studio auf Amy, dann kündigte er an, in die USA zurückzukehren, was für Amy das Ende des Bond-Films bedeutet hätte. Er zeigte Verständnis, wollte aber nicht endlos untätig herumhängen – wieso auch?
Amy schien unfähig, aus dem Haus zu gehen. Sie hatte immer eine Ausrede parat, wieso sie nicht ins Studio konnte. Die Drogen zehrten sie völlig auf. Wenn sie nicht gerade high war, erwachte ihre Leidenschaft für die Musik. Aber diese Momente wurden immer seltener.
Am Dienstag, den 8. April schaffte es Amy endlich nach Henley. Raye, der bei ihr war, sagte mir, sie und Mark hätten mit der Arbeit begonnen. Amy habe keine Drogen genommen, und eine Krankenschwester sei unterwegs, um sie zu substituieren. Sie mag drogenfrei gewesen sein, aber innerhalb weniger Stunden wurde sie unruhig von den Entzugserscheinungen und konnte nicht mehr arbeiten. Die Krankenschwester und ein Arzt waren bei ihr; er gab ihr Diazepam, damit sie schlafen konnte, und änderte die Substitution: Ab dem folgenden Morgen sollte sie statt Methadon Subutex bekommen.
Das schien zu helfen. Tags darauf traf Amy eine der Produzentinnen des Bond-Films, Barbara Broccoli. Ich war nicht dabei, aber laut Raye verstanden sie sich prächtig, und Amy „haute sie vom Hocker mit ihrem Charme“.
Am Freitag fuhr ich nach Henley ins Studio und traf David Arnold, der für die Filmmusik verantwortlich war. Er meinte, alle Beteiligten, auch Barbara Broccoli, seien begeistert, dass Amy den Song mache, und er freue sich auf die Zusammenarbeit mit ihr. Ich hatte Amy ihre jüdischen Leibspeisen mitgebracht: Räucherlachs, Fischbällchen, Bagels, gehackte Leber, Eier und Zwiebeln. Als ich ankam, schlief sie, und wenn sie aufwache, sagte man mir, rauche sie als Erstes Crack. Wie war das möglich?
Jemand erklärte es mir: „Sie ist raffiniert, Mitch. Wir wussten nicht mal, dass sie was dabeihat.“
Ich ging nach oben und versuchte sie zur Vernunft zu bringen, aber es war zwecklos. Wenn sie high war, faselte sie wirres Zeug. Es war eine Qual, das mitanzusehen und vor allem zu hören. Irgendwann meinte sie plötzlich, ich solle den geplanten
Weitere Kostenlose Bücher