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Meine Wut rettet mich

Meine Wut rettet mich

Titel: Meine Wut rettet mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlis Prinzing
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zeigen und sich abwenden. Das wird verstärkt durch überkommene Formen der Liturgie oder durch die Zusammenlegung der Pfarreien.
    Inwiefern spielt die Not eine Rolle? Denn sobald Unbegreifliches passiert, wie z.B. ein Amoklauf, drängen die Menschen in die Kirche.
    Wohlstand und das Gefühl, man brauche den lieben Gott nicht, solange es einem gut geht, veranlassen viele, sich zumindest vorübergehend abzuwenden. Diese Haltung finde ich nicht gut. Unsere Gesellschaft wird immer oberflächlicher, die Fernsehprogramme sind hierfür ein Spiegel. Vor Kurzem traf ich einen Mann mit einem sehr großen Kummer. Seine Frau war gestorben, er war schwer krank. Obwohl er vorher schon hin und wieder in den Gottesdienst gekommen war, haderte er nun mit sich: Jetzt bete er sehr oft, aber weshalb bete man denn eigentlich erst, wenn man in Not sei? Das ist bei vielen so. Man arbeitet viel, will den Sonntag für sich.
    „ Ganz wichtig ist: die Kirche im Dorf lassen. ”
    Wo müsste man ansetzen?
    Ganz wichtig ist: die Kirche im Dorf lassen. Kirche bedeutet auch Heimat. Zur Kirche gehören nicht nur die Gottesdienste, sondern auch die Treffen danach und die Gemeinschaft. Dieses Zugehörigkeitsgefühl kann man nicht einfach an einen anderen Ort verlegen, wo einen eigentlich keiner kennt. Für die älteren Leute, die nicht mehr so beweglich sind, ist es noch schwieriger. Man sieht das hier in der Pfarrei in Hirzenach: Die Leute aus dem Dorf haben die Kirche sogar selbst renoviert und angestrichen, weil sie finden, das gehe sie alle an, und weil sie das Gefühl haben, dies sei »ihre eigene Kirche«. Dieses »Im-Ort-Bleiben« ist sehr wichtig.
    Als Begründung für die Zusammenlegung von Pfarreien hört man oft, das liege am Priestermangel.
    Das müsste nicht sein. Es gibt genügend Laien, die sich gerne engagieren würden und die man einfach so fortbilden müsste, dass sie eine Gemeinde leiten und einen Gottesdienst gestalten könnten. Der Priester bräuchte dann nur ab und an in der Gemeinde vorbeizukommen. Seit dem Zweiten Vatikanum ist dies möglich, in Afrika und in Lateinamerika wird das auch umgesetzt. Hier nicht. Das wurde versäumt und wohl auch nicht gewollt. Es ist ohnehin überfällig, Frauen endlich auch zu Diakonen zu weihen. Oder zu Priestern. Hierzulande nimmt die Kirche aber lieber Austritte in Kauf und Priester, die die Sprache der Leute nicht sprechen und nur gezwungenermaßen in die Gemeinden kommen.
    Warum?
    Ich verstehe das nicht. In Deutschland redet man sich immer gerne auf den Papst raus und wartet einfach ab. Wir müssten uns eben auch in Deutschland überlegen: Was ist das Katholische, das uns weltweit verbindet? Und was ist jetzt nötig? Wir müssen doch nicht auf eine Initiative des Papstes warten oder darauf, dass er für alle Länder der Welt eine Regel aufstellt, bevor wir handeln können, obwohl dringend nötig wäre, etwas zu tun.
    Was ist das Hauptproblem?
    Unsere Kirche ist viel zu dogmatisch ausgerichtet und zu wenig pastoral. Eine Kirche ist für die Menschen da, sie muss Menschen nahebringen, wie sie ihr Leben auf der Grundlage des Evangeliums führen können. Die vielen Dogmen, die heute etlichen Menschen zu schaffen machen, sollten nicht so im Vordergrund stehen.
    Die katholische Kirche hat 245 Dogmen – festgestellte christliche Wahrheiten und Lehrmeinungen, die aber, da von Menschen gemacht, relativ bleiben. Warum legen viele Kirchenleute so viel Gewicht auf diese Dogmen?
    ( sie lacht) Reiner Machterhalt. Und das werfe ich der Kirche vor. Es ist eine klerikale Kirche und man will sie klerikal erhalten. Als ob Gott nur dort wirken würde und wollte, wo ein Kleriker sitzt. Das Zweite Vatikanum strebte viel stärker das Pastorale an.
    Was nutzt den Klerikern eine Kirche der Kleriker, der die Gemeinden fehlen? Wie lange kann das weitergehen?
    Das ist mir auch nicht klar. Schauen Sie mal die Situation heute an: Wir prägen das kulturelle Leben nur noch am Rande; das müsste viel stärker sein. Doch das wird nicht gehen, solange immer der Kleriker das Sagen hat, egal wie borniert er ist, und solange all die engagierten Christen in der Kirche nicht viel zählen.
    Es gibt Bewegung. Es gibt berühmte Fürsprecher für ein Basiskirchenkonzept: Theologen wie Hans Küng und Johann B. Metz empfehlen seit Langem, weg von der papst- und autoritätsfixierten Betreuungskirche zu kommen, hin zu einer mündigen Basiskirche. Und zwar nicht verstanden als neue Kirche, sondern als eine Art Volkskirche. Es gibt

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