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Meineid

Meineid

Titel: Meineid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Wasserrauschen, als sie in Tess’ Küche das Messer abwusch. Und als sie mit dem Tuch in der Hand das Glas von der Abtropffläche nahm, um es ebenfalls in den Geschirrspüler zu stellen, rutschte es ihr aus der Hand und zersprang auf den Bodenfliesen. Das Klirren war leise, aber so real, dass sie sich aufrichtete. Sie hatte nicht geträumt, hatte es wirklich gehört. Es war aus der Küche gekommen. Jan, dachte sie, viel weiter dachte sie nicht. Nur an einen starken Kaffee und die nächsten Schritte, die sie unternehmen musste. Mit der alten Frau Sander sprechen, unbedingt, so schnell wie möglich. Ihr einreden, dass sie einen dunkelblauen Mercedes gesehen hatte, am besten bei der Abfahrt, kurz nach vier. Greta am Steuer, Jan neben ihr. Danach konnte ich sagen und tun, was ich wollte. Sie setzte die Kontaktlinsen ein. Ihr war ein wenig schwindlig, als sie in die Küche ging. Die Zeitschaltuhr am Herd zeigte zehn Minuten nach neun. An einem der Hängeschränke war die Tür offen. Im Schrank bewahrte sie ein Set einfacher Trinkgläser auf. Jan stand vor der Spüle, nur mit einem Slip bekleidet, Scherben verteilten sich um seine nackten Füße. Er hielt ein Glas unter den Wasserhahn. Im ersten Augenblick konnte sie nur auf seine Beine starren. Sie sahen aus, als hätte jemand die Haut in Streifen geschnitten und mit groben Stichen wieder zusammengenäht. Eine Narbe neben der anderen. Es dauerte eine Ewigkeit, ehe es ihr gelang, den Blick zu heben und andere Dinge zu registrieren. Vor Jan auf der Abtropffläche lagen etliche lose Medikamentenstreifen, ein leeres Schraubglas und eine kleine Flasche mit Hustentropfen. Ihre Hausapotheke! Jan hatte gesehen, wo sie die beiden Valium hergenommen hatte. Aus dem oberen Schubfach der Kommode in ihrem Schlafzimmer. Er hatte alles ausgeräumt, was darin gewesen war. Das meiste war harmlos. Nur konnte er das nicht wissen. In seinem Haus gab es wahrscheinlich nicht einmal Aspirin, höchstens Wundpflaster für Mandys Knie und die Packung mit den Antibabypillen. Und Greta hatte die Angewohnheit, alles aus der Verpackung zu nehmen, was sie regelmäßig schluckte. Die Streifen hatten lose im Schubfach gelegen. Vitamin-E-Kapseln fürs Gehirn, Carotin für die Augen, Magnesium für Muskeln und Herz, Kieselerde-Calzium für Haut, Haar und Fingernägel. Wie viel er davon bereits eingenommen hatte, als ihm das erste Glas aus der Hand fiel, war nicht zu erkennen. Aber großen Schaden konnte er damit nicht anrichten. Bei den Grippetabletten und den Hustentropfen hätte die Sache anders aussehen können. Nur war davon nicht mehr viel übrig gewesen. Auch die restlichen fünf Valium konnten ihm nicht wirklich gefährlich werden. Das konnten nur der Alustreifen mit ihren Migränezäpfchen, den er noch in der Hand hielt, und ihre Styptobiontabletten. Styptobion hatte Greta vor Jahren zum ersten Mal verschrieben bekommen, als sie ihre Zähne richten ließ, weil sie infolge einer Gerinnungsstörung zu starken Blutungen neigte. Seitdem nahm sie das Medikament auch bei anderen kleinen Verletzungen, immer in der empfohlenen Dosis. Sie wusste nicht, was passierte, wenn man die zwanzig- oder dreißigfache Menge schluckte. Und so viel musste Jan eingenommen haben. Er grinste sie an. Es war nicht mehr das typische verlegene Grinsen, das sie so gut kannte. Es war böse, gleichgültig und gemein.
    «Was du alles in dich hineinstopfst, ist schon beachtenswert. Ich habe das Gefühl, mein Hals ist zu von dem Zeug. Eine Rasierklinge wäre mir lieber gewesen, aber so was gibt’s in deinem Haushalt leider nicht. Na, was soll’s, es wird reichen. Jetzt zeig mir, dass du wirklich mein Freund bist, Greta. Leg dich wieder auf die Couch und schlaf noch eine Runde. Ich verzieh mich mal lieber ins Bad hiermit.»
    Er wedelte mit den Zäpfchen.
    «Gib sie her!»
    Er schüttelte bedächtig den Kopf. Greta stampfte mit dem Fuß auf.
    «Du sollst sie hergeben!»

    «Wer sagt das?»

    «Ich!», sagte sie. Sein Grinsen wurde um eine Spur breiter.
    «Du hast für heute schon genug gesagt, Greta. Ich hab nicht geschlafen. Ich hab zwar auch nicht alles verstanden, aber was ich gehört hab, reicht mir. Du solltest auf Niklas hören, wirklich, das solltest du. Fahr zur Polizei, widerruf deine Aussage. Um mich brauchst du dir keine Sorgen zu machen, Greta. Kein Gefängnis. Keine stinkigen Kerle, die alle eine Frau wollen und sich an einem Neuen vergreifen. Und jetzt geh von der Tür weg. Ich muss ins Bad.»
    Er stieß einen

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