Meines Bruders Moerderin
Es wurde schwierig, sich zu unterhalten. Bonet hielt fragend die leere Flasche hoch. Janet nickte. Sie gingen hinein, durch das Atelier in die Küche. Bonet holte eine neue Flasche aus dem privaten Kühlschrank der Martíns und machte sich daran, sie zu öffnen. »Meinen Sie, wir könnten uns auch mal an einem Ort treffen, an dem man wenigstens sein eigenes Wort versteht?« Noch bevor Janet antworten konnte, begann ein Handy zu fiepen. Oh, when the saints ..., ganz sicher nicht ihrs. Bonet. »Si?« Sein Gesicht verhärtete sich. »Pia!« Er drehte sich von Janet weg und sprach leise. »Wo? Barceloneta? Am Park? Bin schon unterwegs.« Er wandte sich zum Ausgang und winkte Janet nur kurz über die Schultern zu. »Wir sehen uns.«
»Hey, was ist los? Ein Mord? Warte, ich komme mit!«
» Lo siento , das ist nichts für die Presse. Adiós .«
Janet zögerte nicht lange. Sie stellte ihr Glas ab, lief zur Tür und hastete die Treppen hinunter, ohne sich von Kemíl oder Elena zu verabschieden. Sie war ohne Auto gekommen. Sie brauchte ihren Führerschein, und heute gab es überall verschärfte Kontrollen. Sie rannte durch die dunklen Hinterhöfe zum Passeig Calwell, der Straße über dem Strandpark.
Weit und breit keine Spur von Bonet. Vielleicht hatte ihn ein Dienstwagen abgeholt. Oder er hatte sein Auto durch alle Sperren mit hergebracht. Als Oberpolizist. Barceloneta. Sie wohnte dort, das war ihr barrio . Mord. Logisch, sonst hätte man kaum Bonet gerufen. Janet stellte sich an den Straßenrand und schaute nach einem Taxi aus.
Es war ruhig hier, keine Menschen, kaum Autos. Janet war nervös. Es war etwas passiert, und sie kam hier nicht weg. Sie versuchte, mit dem Handy ein Taxi zu rufen. Sinnlos in so einer Nacht. Sie nahm die kleine Kamera aus der Tasche, noch dreißig Aufnahmen, ein Ersatzfilm. Sie kontrollierte den Batteriestand ihres winzigen Kassettenrekorders. Alles okay. Ihr Handwerkszeug hatte sie immer dabei.
Endlich ein grüner Punkt am Ende der Straße. Janet sprang nach vorn und winkte.
Das Taxi hielt.
9
Der vierte Streifenwagen der Urbana bog mit heulender Sirene in den Hof ein. Polizisten in blauer Uniform sprangen heraus, wichen aber vor der Glutwand zurück. Neben der Einfahrt standen die grünen Jeeps der Guardia Civil. Die Kompetenzen waren noch nicht geklärt. Zwei Feuerwehrwagen waren schon im Einsatz, ein dritter kam gerade dazu. Die Männer pumpten unendliche Wassermengen in die knatternden Flammen, die Hitze war zu groß, sie kamen nicht nah genug heran. Pascual Carrera, der Chef der bomberos, traf eine Entscheidung. Er brüllte neue Befehle in das infernalische Krachen, unterstützte sie durch Handzeichen. Die Wasserfontänen änderten die Richtung. Sie mussten versuchen, wenigstens die angrenzenden Häuser zu schützen.
Der neutral graue Seat wäre fast auf einen vor der Mauer geparkten Streifenwagen geprallt. Toni fuhr grottenschlecht, er sah das anders und schnauzte erst mal die Streifenbeamten an, weil sie so blöd geparkt hatten.
Gleich dahinter standen zwei Ü-Wagen mit Kamerateams, Scheinwerfer wurden aufgebaut, eine Moderatorin, die Pia vom Bildschirm her kannte, interviewte die Schaulustigen. Sie wirkte seltsam kühl, elegant und frisch frisiert in all dem Chaos. Sie hatte sie entdeckt, kam her. Toni lächelte charmant.
Pia ließ die beiden stehen und rannte nach vorn, zum Feuer. An der Absperrung zeigte sie ihre Marke vor, aber viel weiter kam sie nicht. Die Hitze war wie ein undurchdringliches Schild. Sie kniff die Augen zusammen, erkannte Carrera an seiner Größe und an dem Bauch, der fast die Uniform sprengte. Er stand von ihr aus gesehen fast in den Flammen und dirigierte die Wasserschläuche. Als er sie bemerkte, packte er sie und drängte sie zurück. Sein Gesicht unter dem Helm war schwarz. Sie konnten nicht reden, es war zu laut.
Dann endlich sank das Feuer langsam in sich zusammen. Nur die Trümmer der Garage glühten noch unvermindert nach. Immerhin hielt diese Höllenhitze den Kordon aus Neugier und Sensationslust etwas auf Abstand.
Pia sah sich um. Die steinernen Reste eines alten Fabrikgebäudes, stark verrußt, aber im Prinzip noch intakt und ein Anbau, von dem nur noch ein paar verbogene Eisenstangen die ursprünglichen Konturen anzeigten. Darunter standen die Gerippe verschiedener Autos. Pia hatte gar nicht gewusst, dass es hier noch so ein altes Gebäude gab. Sie hatte die hohe Mauer wohl oft gesehen, aber nicht wirklich wahrgenommen.
Pia wollte unbedingt
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