Meines Bruders Moerderin
fast akzentfrei. Pia nickte ihr zu. »Ich habe einige Ihrer Kolumnen gelesen. Hat mir gefallen, dass Sie auch nach den Hintergründen suchen. Das ist selten genug. Ich bin Pia Cortes.«
Janet lächelte zurück. »Danke. Janet Howard. Leiten Sie die Ermittlungen? Was ist hier passiert?«
»Brandstiftung und Mord«, Toni schob sich vor, er sah aus, als hätte er sich eben noch mal gekämmt.
»Ah ja? Und woher haben Sie diese Weisheit?« Carrera stank nach Rauch, Ruß und Asche. Pia sah ihr eigenes Spiegelbild in seinem Helm. Schwarz und zerzaust.
Toni lächelte glatt, sauber und selbstzufrieden. »Brandstiftung und Doppelmord. Correcto ?
Carrera ging nicht darauf ein, wandte sich direkt an Bonet. »Diese Garage war wie eine Bombe. Die meisten der Autos vermutlich fahrbereit, also Benzin im Tank. Aber vor allem haben wir im Vorraum jede Menge Brandbeschleuniger gefunden. Sprich, jemand hat da kanisterweise Benzin rumgeschüttet.«
Bonet hob eine Augenbraue und ging mit Carrera zurück in die Garage. Toni wollte ihnen schon folgen, da kam einer der Polizisten rufend vom Haus herüber. Er trug einen angekohlten Karton unter dem Arm.
»Wir kennen den Namen«, meldete er aufgeregt, »Robert Reimann. Und er hatte Besuch. Wir haben eine Champagnerflasche und zwei Gläser sichergestellt. Im Haus hat das Feuer nicht so gewütet. Massive Steinmauern, wenig Holz. Sicher gibt es noch jede Menge Fingerabdrücke.«
Toni dachte nicht daran, sich mit Pia abzusprechen. Er drückte Janet eine Visitenkarte in die Hand, »Sie können mich jederzeit anrufen.« Dann winkte er den beiden Streifenbeamten, die er vorhin angeschnauzt hatte, und sie folgten ihm überaus eifrig. Pia sah förmlich, wie die drei auf möglichen Spuren herumtrampelten, aber es gab keinen Weg, Toni zurückzuhalten. Sie wandte sich an den Polizisten. » Hola , ich bin Pia Cortes. Und wie heißt du?« Sie nahm ihm den Karton ab. Er war voller Papiere und Ordner.
»Gustavo«, der Mann grinste verlegen unter seinem Mützenschirm hervor, »Gustavo Herrero«.
»Du kommst aus Málaga?« Das war geraten, aber er sprach Gustavo ohne s aus, Gutavo. Also war er jedenfalls Andalusier. Sein Strahlen verriet ihr, dass Málaga stimmte. »Erzähl mir, was dir im Haus aufgefallen ist, Gustavo.«
»Der Mann war sehr reich. Das kann man immer noch sehen. Viel Platz, teure Möbel. Bilder, echtes Silber.«
»Und er hatte Besuch?«
»Champagner, Tapas, auf einem Glas noch Spuren von Lippenstift. Hinter einem der Bilder ist ein Safe. Den konnten wir nicht öffnen, aber wir haben diesen Karton da gefunden, Papiere, Verträge und auch Bankauszüge. Da geht es um Millionen! Dollar!«
»Sehr gut beobachtet, Gustavo.« Pia wollte noch etwas fragen, wurde aber durch die Ankunft der Spurensicherung mit dem Fotografen unterbrochen.
Gleich nach dem Kombi kam der Krankenwagen mit Luis Llobet, dem Polizeiarzt. Auch ihn hatte man offensichtlich direkt von einer San-Juan-Feier geholt. Als er Pia sah, kam er strahlend zu ihr herüber. Nicht sehr groß, rundlich, schütter blondes Haar und wie immer eine schlecht sitzende Kombination aus Polyester in nicht zusammenpassenden Braun- und Beigetönen. Heute hatte er sich sogar eine Krawatte um den Hals gewürgt. Schweißtropfen liefen ihm von den Schläfen über die Ohren. Seine randlose Brille war leicht beschlagen. Er atmete heftig. Luis war nicht verheiratet. Er war Stammkunde in einem der ältesten Häuser des barrio chino , heute Raval. Es sollte auch abgerissen werden, und Luis hatte eine Bürgerinitiative ins Leben gerufen, um das zu verhindern. Er lebte ganz allein in einer riesigen Altbauwohnung am Carrer del Carme, die noch genauso aussah, wie seine Eltern sie vor dreiundvierzig Jahren bei ihrer Hochzeit eingerichtet hatten.
Luis war vielleicht ein Sonderling, aber er war ein brillanter Wissenschaftler. Neben seinem Job als Polizeiarzt und Pathologe am gerichtsmedizinischen Institut im Justizpalast unterrichtete er an der Uni und hielt Vorträge in der ganzen Welt. Die Kollegen nannten ihn respektvoll Quincy. Pia liebte ihn. Und das beruhte auf Gegenseitigkeit. » Guapísima , meine Schönste«, er umarmte sie. Bonet kam aus der Garage und holte erst mal tief Luft.
»Kommt hier rüber!« Luis und der Fotograf nahmen ihre Taschen und Geräte und gingen zu ihm.
Die Männer von der Spurensicherung sahen in ihren weißen Plastikanzügen aus wie Raumfahrer. Sie hatten ihre Ausrüstung ausgeladen und wollten Bonet schon folgen. Pia
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